FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Fische am Marktstand

CC0 via Pixabay

Warum wir statt „fischen“ jetzt zumindest ins Büro wollen

Die große Mehrheit der Menschen wartet normalerweise darauf, dass es 17:00 wird, damit sie sich wie aus einem Katapult in den Feierabend schleudern können. Jetzt wollen auf einmal so viele zurück in die Arbeit, statt zu Hause zu hocken. Die Quarantäne hat uns zu Workaholics gemacht.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Es gibt nichts mehr, was man in der Wohnung erledigen kann. Die Schränke wurden gestrichen, die Tapeten im Kinderzimmer wurden ausgetauscht, der Fuß des Sessels, der seit Jahren kaputt war, wurde repariert, der Papagei hat einen neuen Käfig bekommen, der kaputte Draht der Türklingel wurde ausgetauscht, der Parkettboden wurde poliert, die Fenster gewaschen, die Blumen gegossen, gedüngt und noch mal gegossen, bis sie so groß wie im Dschungel geworden sind. Man sehnt sich nicht mehr nach den Tropen, weil man Zuhause einen Dschungel hat.

Logo Podcast Mit Akzent

Radio FM4

Mit Akzent: Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov. Alle Folgen der Kolumne gibt es hier als Podcast.

Die Wohnung war noch nie so sauber und so gemütlich. Trotzdem wollen alle raus und wieder ins Büro. Weg von der Gemütlichkeit, der Ruhe und dem Kindergelächter. Man ist seiner Familie so eng verbunden, dass einem sogar schwerfällt, sich mit einer Lüge aus der Familienidylle zu retten.

Ich habe ein paar Bekannte, die normalerweise jeden Samstag „fischen“ gehen. Ich kenne auch die Kneipe, wo sie sich treffen, und das Fischgeschäft, wo sie den Alibifisch kaufen. Einmal kaufte einer von ihnen versehentlich statt Forelle Wolfsbarsch. Er musste erklären, wie er geschafft hatte, einen Meeresfisch in einem Fluss zu fangen. Außerdem hatte der Fisch ein Pickerl mit der Aufschrift „hergestellt in Kroatien“ drauf. Daraufhin musste er erzählen, dass er in den neun Stunden, die er nicht daheim war, einen Charterflug nach Kroatien genommen, den Fisch gefangen hatte und er an der Grenze abgestempelt wurde. Eine Woche darauf kam seine Frau mit dem gleichen Wolfsbarsch nach Hause, mit dem gleichen Pickerl.

Jetzt kann er aber nicht einmal mehr „fischen“ gehen. Deshalb will er wenigstens ins Büro.

Aktuell: