FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Anstelle der Demonstration der Initiative für evidenzbasierte Corona-Informationen (ICI) fand am  24. April 2020 eine Presseerklärung statt

APA/ANGLIKA KREINER

So wird am 1. Mai demonstriert

Die SPÖ hat ihren Maiaufmarsch ins Internet verlegt, trotzdem wollen viele Organisationen am 1. Mai auf die Straße gehen.

Von Ali Cem Deniz

Zum ersten Mal überhaupt ist Vermummung bei den Demos zum 1. Mai ausdrücklich erwünscht. Alle, die zum Demonstrieren auf die Straße gehen, müssen einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Außerdem müssen sie den Mindestabstand von einem Meter einhalten. Dafür dürfen, anders als bei privaten Veranstaltungen, mehr als 10 Personen zusammenkommen und gemeinsam protestieren. Eine Beschränkung der Teilnehmer*innenzahl gibt es nicht.

Versammlungsrecht oder öffentliches Wohl?

In den letzten Wochen gab es kaum Demos. Wenn gerade keine Pandemie stattfindet, werden bei der Wiener Polizei rund 1.500 Demos pro Monat angemeldet. Seit der Coronakrise gab es zehn Demos, sagt die Wiener Polizei. Und eine davon war sehr turbulent.

Am 24. April haben sich rund 200 Personen vor der Albertina versammelt, um gegen die Coronavirus-Verordnungen zu protestieren. Die Veranstalter hatten ursprünglich eine Demo mit fünf Teilnehmer*innen angemeldet. Weil klar war, dass viel mehr erscheinen würden, hatte die Polizei die Demo kurzfristig untersagt. Bei der verbotenen Demo waren Polizist*innen anwesend, es kam zu Festnahmen, Menschen wurden auf dem Boden fixiert. Grundsätzlich muss für Versammlungen keine Erlaubnis eingeholt werden, doch die Polizei kann – auch kurzfristig – Versammlungen untersagen.

Demo der Initiative für evidenzbasierte Corona-Informationen (ICI): Kundgebungsteilnehmer am Albertinaplatz

APA/GEORG HOCHMUTH

Demo gegen die Coronavirus-Verordnungen am 24. April 2020: Kundgebungsteilnehmer*innen am Albertinaplatz

Der Dreh- und Angelpunkt für die wenigen Versammlungen während der Coronavirus-Krise war die Abwägung zwischen zwei einander widersprechenden Grundrechten, nämlich dem öffentlichem Wohl und der Versammlungsfreiheit. Da selbst die Europäische Menschenrechtskonvention Einschränkungen beim Versammlungsrecht vorsieht, wenn die öffentliche Gesundheit gefährdet ist, wurde dem öffentlichen Wohl der Vorzug geben.

In Wien sollen am 1. Mai, 15 Demos stattfinden. Absagen haben die Veranstalter*innen bisher nicht erhalten. Auch in Graz und in Innsbruck sind Versammlungen angekündigt.

Arbeitskampf und Versammlungsrecht

Auch ohne den großen SPÖ-Aufmarsch wollen am 1. Mai viele Leute auf die Straße. Einer von ihnen ist der Sänger León De Castillo von der Organisation „Kunst und Kultur von allen“. Er will auf die prekäre Situation der Kulturschaffenden aufmerksam machen. „Ich kenne einige Freunde, die gerade am Abgrund stehen, die sich jetzt am Monatsende weder ihr Essen noch ihre Miete leisten können.“ Ihn motiviert aber nicht nur der Arbeitskampf, auch das Versammlungsrecht will er verteidigen. „Ich glaube, es ist im Sinne aller, wenn wir aufschreien können, wenn wir anderer Meinung sind“, so León de Castillo, der auch die Zusammenarbeit mit der Polizei lobt, die teils trotz unklarer Verordnungen gut funktioniere.

Auch die Plattform Mayday, die mit dem Slogan „Solidarität statt neue Normalität“ demonstrieren will, berichtet von einer guten Kommunikation mit der Polizei. Man habe die Demo früh angemeldet. „Wir gehen davon aus, dass die Demonstration stattfinden kann“, so ein Sprecher* von Mayday. Die Polizei verlangt von Veranstalter*innen die Einhaltung von Hygienevorschriften. Mayday will Demonstrierenden Mund-Nasen-Schutz und Desinfektionsmittel anbieten. Transparente werden so gestaltet, dass sie den Mindestabstand zwischen den Protestteilnehmer*innen markieren. Das alles soll eine Auflösung der Demo durch die Polizei verhindern.

Gescheitertes Gesetz

Die Bundesregierung hatte kurzfristig versucht, eine Änderung des Epidemiegesetzes durchzubringen, das die Rechtslage von Versammlungen genauer geklärt hätte. Die FPÖ, aber auch die SPÖ blockierten das Vorhaben. Im Vorfeld hatte das Gesetz für viel Aufregung zwischen Regierung und Opposition gesorgt. Die Koalition hatte schließlich explizit betont, dass auch Risikogruppen an Demos teilnehmen dürfen und dass die Teilnahme nicht an die Coronavirus-App verknüpft wird. Trotzdem stimmte die Opposition dagegen. „Wir wollen Gesetze, die verfassungsgemäß sind, die rechtsstaatlich einwandfrei und die eindeutig in ihrer Wirkung sind“, sagte Jörg Leichtfried von der SPÖ im Ö1 Morgenjournal.

Der 1. Mai wird also ohne SPÖ stattfinden, aber auch ohne großen Zulauf werden die Demos dank Mindestabstand wohl viel Platz einnehmen.

mehr Politik:

Aktuell: