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The Shattering

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Psychothriller ganz in Weiß: Das Game „The Shattering“

Das First-Person-Abenteuer „The Shattering“ findet in der Psyche eines verwirrten Gedächtnislosen statt und erfreut durch Subtilität.

Von Rainer Sigl

Die Wände sind weiß in diesem Hotel, die Teppiche am Boden ebenso. Auch die Türen, Vorhänge, Beleuchtungskörper und Möbel sind von gespenstischer Farblosigkeit, als hätte jemand ein weißes Leichentuch über die ganze Welt gelegt. Es gibt endlose weiße Korridore, die sich auf gespenstische Art und Weise nie ganz durchschreiten lassen, Mauern zerbrechen lautlos in weißem Licht und wenn ich mich kurz wegdrehe, ändert sich schon einmal die ganze Szenerie.

Dass das Mystery-Videospiel „The Shattering“ nicht in der realen Welt spielt, ist schon von der ersten Sekunde an und auf den ersten Blick klar. In diesem First-Person-Abenteuer bewegen wir uns durch die Psyche der stummen Hauptfigur, die von einem Therapeuten in Hypnose versetzt wurde. John Evans heißt der Gedächtnislose, und dass er sich vor allem an das Schicksal einer gewissen Frau nicht erinnern kann, macht den Trip ins Unterbewusste notwendig.

Geheimnisse und Lügen

Die körperlose Stimme des Therapeuten ermuntert uns, dem dunklen Rätsel tief in unserem Unterbewusstsein auf die Spur zu kommen - und dort sieht es zwar auf den ersten Blick weiß und hell erleuchtet aus, doch die mysteriöse und zunehmend unheimliche leichentuchweiße Innenwelt ist kein friedlicher oder entspannender Ort - im Gegenteil.

Dass wir in einem Videospiel die Traumwelt oder Psyche einer Hauptfigur erforschen, ist schon fast ein wenig ein Klischee, das man in den letzten Jahren öfter in Videospielen gesehen hat. Von „Layers of Fear“ über „Korsakovia“ und „Among the Sleep“ oder „Superliminal“, „Observer“ bis hin zu „Nevermind“: Absurde, oft surreale Welten lassen sich in der Ich-Perspektive des First-Person-Genres eben besonders gut darstellen. Auch in „The Shattering“ ist die Darstellung dieser nicht den normalen Gesetzen der Realität folgenden Welt gut und vor allem mit viel Style gelungen.

The Shattering

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Psychothriller im Wortsinn

„The Shattering“ konzentriert sich im Unterschied zu den meisten seiner Genrekollegen allerdings weniger auf den Horror, sondern nimmt seinen Fokus auf Psychologie durchaus ernst. Wie wir uns hier in vier Episoden dem Trauma der Hauptfigur nähern, hat nichts mit Schockeffekten und den oft billigen Klischees von Wahnsinn und Verrücktsein in anderen Spielen zu tun - auch wenn das Spiel durchwegs immer wieder beklemmenden Grusel auslöst. So wie im Genre des erzählenden Walking-Simulators üblich, gibt es hier keine Gegner, sondern eher einfache Rätsel und dafür einen starken Fokus auf Story und Atmosphäre - und ein paar originelle Szenen, die man so tatsächlich noch nicht in Videospielen gesehen hat.

„The Shattering“ ist für Windows, Mac und Linux erschienen.

„The Shattering“ ist das Erstlingswerk eines polnischen Indiestudios, und es stellt sich durchaus selbstbewusst neben andere First-Person-Thriller der letzten Jahre. Knapp vier Stunden lang wird man von diesem psychologischen Mystery-Abenteuer sehr clever unterhalten; und stylisch aussehen tut dieser Albtraum in Weiß sowieso.

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