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Perfekte Mini-Serie: „The gay and wondrous life of Caleb Gallo“

Eine Handvoll Freund*innen erlebt in kürzester Zeit die Komplexität menschlicher Beziehungen abseits von vorhersehbaren Mustern. Uneingeschränkte Empfehlung.

von Christian Pausch

Es ist schwer sie zu finden: Die unproblematischen queeren und diversen Charaktere in den Sitcoms dieser Welt. Doch die kurze Mini-Serie „The gay and wondrous life of Caleb Gallo“ aus dem Jahr 2016 stellt sich dem entgegen und schafft mit unglaublicher Leichtigkeit das, woran viele scheitern, nämlich eine perfekte, sympathische Story abseits der Heteronormativität.

Protagonist Caleb Gallo - gespielt von Regisseur und Serien-Erfinder Brian Jordan Alvarez - ist Ende zwanzig und gerade am Meditieren am Strand, da trudeln Anrufe seiner Freund*innen ein. Karen will, dass er ihr hilft einen One-Night-Stand loszuwerden, Lenjamin ist seit heute bi und will von Caleb verkuppelt werden, Freckle möchte auch irgendwas von ihm, nur damit sie ein Publikum für ihre nächste Performance hat. Und schon sind wir mitten drin im wahrlich gay-en und wondrous Leben des Caleb Gallo.

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So geht alles los: mit einem Anruf am Strand.

„Will & Grace“ auf Speed

So hat die Website IndieWire die Serie betitelt, aber mit der 90er-Jahre Gay-Sitcom „Will & Grace“ hat „The gay and wondrous life of Caleb Gallo“ tatsächlich kaum noch etwas gemein, denn die Charaktere hier sind aufgeklärte Menschen des 21. Jahrhunderts. Es gibt nicht mehr nur schwul und hetero, unsere Sprache für das Spektrum von Sexualitäten und Gender-Identitäten hat sich weiterentwickelt und es macht Spaß dabei zuzusehen, wie selbstverständlich die Protagonist*innen diese Vielfalt leben.

Die erste Folge endet mit einer Shirtless-Dance-Party bei der alle zu „Loco in Acapulco“ von The Four Tops tanzen und mehr braucht es für diesen Haufen liebenswerter Menschen auch nicht, um sich wohl zu fühlen. Alle können bedingungslos mitmachen, denn hier wird Bodypositivity gelebt, ja der Freedom Of Expression ist das lebensbejahende Mantra dieser Gang. „I feel like this is going to be a really great show“, sagt Karen kurz vor Ende dieser Folge und reißt damit auch noch mir nichts, dir nichts die vierte Wand nieder. „What show?“, antworten die anderen.

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Tränen gelacht: Fast jeder einzelne Satz in der Serie ist ein guter One-liner.

Wie grandios diese super knappe Serie durchdacht ist, zeigen einmal mehr die ausgereiften Nebencharaktere. Egal, wie kurz der Auftritt einer Person ist, man spürt sofort, dass hier eine Menge Arbeit in Charakter-Development eingeflossen sein muss.

Was einem die Serie auch vor Augen führt ist, wie schön es war, damals, als man noch uneingeschränkt Freund*innen zuhause besuchen konnte. Tatsächlich passiert das in der Serie unzählige Male, Caleb besucht Karen, zusammen besuchen sie Billy, zu dritt besuchen sie Calebs Advisors, und so weiter und so fort. Ein Manifest für menschliche Interaktion und gegen das ewige Texten und Chatten. Obwohl: Telefoniert wird mehr als genug. Lässt uns fast nostalgisch werden.

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Liebling der Fans: Freckle, die non-binary Diva.

Dass sich in dem Geflecht der Offenheiten und Freundschaften natürlich auch Spannungen und Schwierigkeiten ergeben, ist klar. „The gay and wondrous life...“ schaut da aber nicht weg, sondern zeigt, wie schön es sein kann sich zu streiten, sich zu versöhnen, oder einfach einen Umstand neu zu bewerten.

All das klingt hochtrabend philosophisch, die Serie ist aber vor allem extrem witzig. Selten habe ich bei einer Serie so oft laut auflachen müssen. Dass man sich währenddessen fast unbemerkt in alle Charaktere verliebt, macht die Serie tatsächlich zu einem wundervollen Erlebnis. Wie gut, dass es die ganze Show gratis auf Youtube zu sehen gibt, die erste Folge gibt es sogar gleich hier:

Mini ganz groß

Das „Mini“ in Mini-Serie wird bei „The gay and wondrous life of Caleb Gallo“ groß geschrieben, denn die fünf Folgen der Serie dauern tatsächlich insgesamt nur 1,5 Stunden. Das ist gut, denn man will und wird die Serie nicht nur einmal schauen.

Ich für meinen Teil bin mittlerweile schon ganz und gar im Universum des Serien-Erfinders und Hauptdarstellers Brian Jordan Alvarez abgetaucht und empfehle allen, denen „The gay and wondrous life...“ gefallen hat, gleich den großartigen Film „Grandmother’s Gold“ nachzuschieben, der ebenfalls in ganzer Länge auf Youtube zu finden ist: Enjoy!

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