Die weltweit größte künstliche Flusswelle öffnet im Salzkammergut
Von Simon Welebil
„Es ist ziemlich geil auf der eigenen Welle zu surfen, vor allem weil ich es immer machen kann, wann ich will. Ich brauche nicht warten, bis irgendwas aufsperrt oder irgendwer da ist, sondern kann einfach loslegen.“ Der 26-jährige Max Neuböck hat sich in Ebensee einen Traum erfüllt, und ist zum ersten Besitzer einer künstlichen Flusswelle in Österreich geworden.

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Max Neuböck auf seiner eigenen Welle
Viereinhalb Jahre hat es gedauert, bis das Projekt von der Idee in die Realität umgesetzt worden ist. Das mag lange erscheinen, wenn man in Perioden von Surftrips denkt, ist aber rasch, wenn man die Größenordnung für das Projekt berücksichtigt, für das es bisher noch keine Erfahrungswerte gegeben hat. Anfangs haben die Behörden nicht einmal genau gewusst, welche Genehmigungen für eine künstliche Flusswelle überhaupt nötig sein würden.

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Die ewige Welle
Jetzt führt ein 120 Meter langer und zehn Meter breiter Ausleitungskanal aus Beton Wasser aus der Traun. In dem Kanal befinden sich zwei Stahlklappen. Die erste steuert, wie viel Wasser in den Kanal kommt, mit der zweiten wird die Welle produziert. Wenn das hereinströmende Wasser über diese zweite Klappe fließt, dann trifft es darunter auf ein Becken mit langsamen Wasser, wird davon reflektiert und bildet dann gewissermaßen eine Mulde, eine stehende Welle. Für Surfer*innen, die sich in diese Welle trauen, hebt die Schwerkraft darin die Strömung auf. „Rein theoretisch kann man ewig auf dieser Welle surfen, wenn einem die Oberschenkel nicht blau werden“, lacht Max.
Seit etwa einem Monat ist diese Welle im Testbetrieb, und Max ist begeistert, weil sie sich noch besser fährt, als bei der Planung angenommen und erhofft. „Die Welle hat richtig viel Druck, sie ist richtig steil, sie ist groß, sie ist aber gleichzeitig – wenn man carvt, wenn man surft – richtig sanft. Man hat einfach so viel Wasser unter sich, was man sonst fast auf keiner künstlichen Flusswelle hat.“
Vorbilder für die Ebenseer Welle
Max Neuböck: „Es gibt zwei konkrete Beispiele aus den USA. In Bois und in Bend gibt es Vorbilder für unsere Welle, die sind allerdings wesentlich kleiner. Wir sagen zwar immer, es ist die größte Welle in Europa, aber es ist eigentlich die größte Welle der Welt, in der Weise, wie wir sie gebaut haben.“
Max Neuböck hat viel Erfahrung auf Flusswellen. Auf 100-120 Surftage auf Flusswellen pro Jahr ist er bisher gekommen und kennt natürlich die Hotspots in der näheren Umgebung, den Münchner Eisbach, den Almkanal in Salzburg oder auch die Citywave bei der SCS in Vösendorf, die mit strombetriebenen Pumpen erzeugt wird. Mit Stolz erzählt er, dass seine Welle, die ohne Strom auskommt, mit zehn Metern breiter, höher und vor allem cleaner ist. Turbulenzen, die am Eisbach oder Almkanal natürlich vorkommen und bei der Citywave durch die Pumpen erzeugt würden, gäbe es hier praktisch nicht.
Die Höhe der Ebenseer Welle kann über die Klappen bestimmt und innerhalb von Sekunden geändert werden, von einem halben Meter bis zu eineinhalb Metern Höhe, womit sie eine große Bandbreite an Surfer*innen ansprechen soll. Die ersten Surfprofis, die in den letzten Wochen die Welle testen durften, waren jedenfalls sehr angetan.
„Die mit Abstand beste permanente Flusswelle, die ich bis jetzt gesurft bin!“ So Flori Kummer aka @jup02 über die neue @the.riverwave in Österreich 🙌 #riversurfing #best #awesome #austria #allaboutwater
Gepostet von Surfers Mag am Montag, 11. Mai 2020
Corona als Fluch oder gar als Segen?
Die Einschränkungen, ausgelöst durch das Coronavirus, treffen natürlich auch Max Neubauer. Ohne das Virus hätte der Bau schneller voranschreiten, die Welle früher und mit einer großen Feier eröffnet werden können. Jetzt wird am 15. Mai zumindest für Jahreskartenbesitzer*innen aufgesperrt, und wenn sich der Betrieb eingespielt hat, sollen zwei Wochen später auch Tageskarten ausgegeben werden. Surfkurse sollen dann ab Mitte Juni starten. Weitere Schritte sind von der rechtlichen Situation abhängig. Was Max im Moment noch sehr bedauert ist, dass sie noch keine Zuschauer*innen auf die Anlage lassen können, die außer der Welle noch über einen Gastronomiebereich mit Sitzstufen, eine über 2.000m² große Grünfläche mit Picknicktischen und Liegestühlen verfügt. Auch Nichtsurfer*innen sollen sich dort wohlfühlen und können im Auslaufbereich der Welle, einem ruhigen Pool, etwa baden gehen.

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Doch die Welle in Ebensee könnte auch von den Corona-Einschränkungen profitieren, konkret von den Grenzschließungen. „Wir sind der einzige Ort in Österreich, wo man einen Surfurlaub machen kann“, sagt Max und vermutet, dass sie jetzt sicherlich ein paar Surfer*innen anziehen werden, die im Sommer nicht nach Portugal, Frankreich, Spanien oder Übersee fahren können. „Profiteur ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber wir haben sicher Glück im Unglück.“
Die Anfragen zum Surfen auf der Flusswelle schießen seit den ersten Videos auf Social Media jedenfalls durch die Decke, was den Unternehmer Max Neuböck wohl ein bisschen ruhiger schlafen lässt. Mit dem Bau der Welle, der annähernd zwei Millionen Euro gekostet hat, ist der Mittzwanziger ein großes finanzielles Risiko eingegangen. Angst davor, sich damit übernommen zu haben, hätte er allerdings nie gehabt. Die Rückmeldungen aus der Community in den letzten Wochen und die Qualität der Welle hätten eher eine andere Angst ausgelöst: „Angst, dass wir’s nicht derarbeiten.“
Mit diesem Video wünschen wir euch ein schönes verlängertes Wochenende 😉 Das Tunen der Welle geht weiter - und sie wird immer besser 😉 Freut euch schon auf den 15. Mai 😉😍🏄♂️🏄♀️
Gepostet von The.Riverwave am Donnerstag, 30. April 2020
„Einfach kein Stress“
An die hundert Surfer*innen soll die Welle pro Tag mit zehn Stunden Betrieb bedienen können. Gesurft wird abwechselnd im „Radl“. Eine Person surft bis zum Umfallen und stellt sich danach hinten wieder an. Dabei gibt es keine engen Zeitslots, wie bei anderen kommerziellen Wellenprojekten, sondern nur Tages-, Wochenend-, Wochen- und Jahreskarten. „Für die Organisation wären Zeitslots unter Umständen besser, für die Gesamtstimmung ist das schlechter“, meint Max, weil die Surfer*innen dadurch sehr gestresst würden. In Ebensee setzt man auf Gemütlichkeit, auf ganze Surftage voller Pausen, die es ohnehin braucht, weil das Surfen körperlich sehr anspruchsvoll sei.
Sollte die Welle trotzdem überlaufen sein, plant Max einfach länger aufzusperren. Von 06:00 bis 22:00 wäre der Betrieb genehmigt, die Öffnungszeiten werden aber der Saison angepasst, sieben Tage in der Woche im Sommer, im Winter wohl nur vereinzelt und von der Witterung abhängig. Der Wasserstand der Traun sollte aber theoretisch 300 Surftage pro Jahr ermöglichen, und Max ist sich sicher: „Würde ich an 300 Tagen im Jahr aufsperren, würden auch an 300 Tagen Leute zum Surfen kommen.“
Riversurf-Saison 2020
The Riverwave in Ebensee startet am 15. Mai für alle Jahreskartenbesitzer*innen in die Saison, zwei Wochen später soll dann auch für Tagesgäste geöffnet werden. Die Almkanal-Welle in Salzburg sperrt ebenfalls am 15. Mai wieder und auf der City Wave bei der SCS kann ab 20. Mai gesurft werden.
Inspiration für andere Wellenprojekte
Ebensee ist nicht der einzige Ort in Österreich, an dem über künstliche Flusswellen nachgedacht wird. In Innsbruck hat man gerade erste, kleine Erfolge erzielt, in Graz hat die Politik mit dem Murumbau eine Welle versprochen. Für viele Wellenprojekte könnte Ebensee ein Vorbild sein. In den Grundzügen ist die Ebenseer Welle auch an anderen Orten umsetzbar, wobei sie natürlich an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden muss, so Max Neuböck, der schon einige Anfragen von anderen Wellenprojekten bekommen hat.

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„Wir werden sicher, sobald man wieder Veranstaltungen machen kann, eine Art Kongress bei uns machen, damit wir einen Teil von unserem Wissen an andere Projekte weitergeben,“ sagt er. Denn so viele Projekte mit Potential gibt’s nicht, und die sollen auch unterstützt werden, damit sie umgesetzt werden.
Bis dahin wird ihn seine eigene Welle aber noch eine Weile beschäftigen, denn deren Potential sei noch lange nicht ausgeschöpft. Und da sie den Kanal trockenlegen und verändern könnten, ist es für ihn auch ein großer Versuchskanal, der viel Experimentierfläche bezüglich Wellenqualität bietet. „Die Welle wird sich in den nächsten Monaten und Jahren definitiv weiterentwickeln.“
Publiziert am 14.05.2020