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„All Visible Objects“ ist eine Zeitreise mit aktuellem Bezug

Moby reist auf seinem 17. Album zurück in die 90er und bleibt thematisch aktuell: „All Visible Objects“ tanzt irgendwo inmitten von melancholischen Klaviermelodien, verschwommenem Ambient-Techno, Umweltschutz, Tierliebe und Menschenrechten.

von Alica Ouschan

cover all visible objects

Little Idiot / Mute Records

All Visible Objects ist am 15. Mai 2020 bei Little Idiot und Mute Records erschienen.

Mobys größte Erfolge liegen mittlerweile über zwanzig Jahre zurück. Der Musiker und Aktivist ist seit fast dreißig Jahren ein wichtiger Ankerpunkt in der elektronischen Musikszene. Er hat mit seinem Sound eine ganze Generation geprägt und liefert nach wie vor regelmäßig neues Material. Gestern ist sein 17. Studioalbum erschienen: Auf „All Visible Objects“ hat Moby versucht, das zu vertonen, was ihn damals inspiriert hat Musik zu machen.

Seit seinem erfolgreichsten Album „Play“ aus dem Jahr 1999 hatte Moby Schwierigkeiten, sich selbst zu übertreffen, große Hits wie „Porcelain“ oder „Why does my heart feel so bad?“ sind immer seltener geworden. Zwar gab es eine Reihe an durchaus soliden Alben, das Ausmaß an Innovation und Vision, die seiner Musik damals innewohnten, hat er aber nur sehr selten erreicht.

Back to the 90ies

Mit „All Visible Objects“ versucht Moby, an den Erfolg von damals anzuknüpfen - zumindest hört es sich so an. Die ersten Tracks klingen, als stammten sie aus Mobys Hoch-Zeiten und lassen die Erwartungen für das neue Album steigen. Der Titel des ersten Songs „Morningside“ bezieht sich auf den Ort, in dem er aufwuchs und vertont das Gefühl, als er das erste Mal durch die Straßen von New York zog auf der Suche nach dem Club, dessen Techno-Beats durch die verlassenen Straßen wummerten. Dieser Throwback-Vibe dominiert fast die ganze erste Hälfte des Albums.

Klare politische Statements

Für die Vocals hat sich Moby wie schon zuvor auch diesmal Unterstützung von außen geholt: Mindy Jones für „My Only Love“, Appollo Jane liefert den Gesangspart für gleich vier Songs. Dead-Kennedys-Drummer D. H. Peligro ist das Feature auf jenem Track des Albums, der sich am deutlichsten von den anderen abhebt und eine der besten Nummern der Platte ist.

Moby war zwar schon immer ein enorm politischer Künstler, allen voran durch seinen Aktivismus für Tierschutz, der auch durch seine riesigen Tattoos auf Armen und Hals zur Geltung kommt. Musikalisch waren seine Botschaften jedoch eher zurückhaltend. Laut eigener Aussage wollte er zwar immer schon politische Songs schreiben, hatte damit bisher aber immer Schwierigkeiten. Gemeinsam mit D.H Peligro erschafft er mit „Power is Taken“ ein gelungenes und klares politisches Statement - vor allem das eindrucksvolle Musikvideo verdeutlicht Mobys Positionierung für Menschenrechte und gegen US-Präsidenten Donald Trump. Der Song ist definitiv ein Highlight des Albums und ein kleiner, unerwarteter Meilenstein in Mobys Karriere.

Thematisch fokussiert sich das Album wenig überraschend auf Mobys Liebe zu Tieren und Umweltschutz. Bei Songs wie „One Last Time“ (übrigens der einzige der neuen Song, wo Moby selbst singt), kommt das jedoch eher sinnbildlich und subtil rüber.

„All Visible Objects“ ist kein Party Album

Wer nach der ersten Hälfte des Albums denkt, „All Visible Objects“ sei ein klassisches Ambient-Techno-Album, das bei der nächsten (kleinen) Hausparty für die richtige Stimmung sorgt, wird spätestens jetzt leider enttäuscht sein: Vier der insgesamt elf Nummern sind langsame, fast schon langatmige Piano-Nummern, die aus Mobys Klavierimprovisationen entstanden sind.

Moby will mit diesen Songs Gefühle auslösen, nachdenklich stimmen und Denkanstöße geben. Das kommt beim bloßen Hören allein aber nicht ganz rüber. Zum Glück hat Moby parallel zu seinem Album ein kleines Making Of zu „All Visible Objects“ auf seinem YouTube Kanal veröffentlicht, wo er die Bedeutung seiner Songs erklärt.

„Unfortunately relevant“

Moby hat sein Album zuhause aufgenommen, einen Großteil davon aber bereits lange vor dem Corona-Lockdown. Seine aktuelle Single „Too Much Change“ dreht sich nicht explizit um diese Zeit, obwohl er vielleicht so klingt, und enthält laut Moby die wichtigste Message seines Albums.

„I wish this song didn’t feel appropiate and relevant“, sagt Moby im Making Of Video. „I wish we lived in this time of joy and celebration, where everything was okay. Climate change had been ended, we weren’t using animals for food, all of our energy was sustainable and there were no global pandemic viruses killing people. But sadly that’s not the world we live in. And so sadly, this song seems to be unfortunately relevant.“

Obwohl der Throwback-90ies-Vibe in vielen Teilen des Albums dominiert und selbst die unscheinbaren Songs wichtige politische Botschaften enthalten, kann Moby sich selbst trotzdem wieder einmal nicht ganz das Wasser reichen.

„All Visible Objects“ ist definitv kein Party-Album - vielmehr muss man die Songs in Ruhe auf sich wirken lassen. So werden die Piano-lastigen Stücke, die beim ersten Hören langatmig und teilweise sogar fad klingen, von mal zu mal eindrucksvoller. Moby bleibt auch heute eine relevante Figur in der elektronischen Musikszene und darüber hinaus ein wichtiger Player im Kampf für Tier- und Umweltschutz sowie Menschenrechte: Seine Einnahmen werden weiterhin größtenteils an gemeinnützige Projekte und Hilfsorganisationen gespendet.

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