Was nach der Absage aus dem ImPulsTanz-Festival wird
Finanzielle Troubles, eine Klage der FPÖ: Herausforderungen hat das ImPulsTanz-Festival schon einige überstanden, doch heuer ist es soweit: Zum ersten Mal kann das Event diesen Sommer aufgrund der Corona-Bestimmungen nicht über die Bühne gehen.
Die Festivalabsage sei bitter, aber anhand der Auflagen unumgänglich gewesen, sagt Rio Rutzinger, einer der Kreativleiter*innen bei ImPulsTanz. Die Enttäuschung im Team und in der Szene sei groß. „Wir können nicht mit Maske tanzen“, ließen die Festivalverantwortlichen der Politik schon vor Wochen ausrichten.
„Können nicht mit Maske tanzen“
Vom 9.Juli bis 9. August hätte Europas größtes Tanzfestival ganz Wien wieder in eine quirlige, lebendige Tanz-Metropole verwandeln sollen. 50 Compagnien aus dem In- und Ausland hätten in den Theatern der Stadt ihre Performances gezeigt, mehr als 200 Workshops waren geplant, Tanzfans aus aller Welt hatten gebucht.
Das alles ist - trotz angekündigter Lockerungen im Kulturbereich - unmöglich durchführbar. Compagnien und Fans aus aller Welt können nicht einreisen, vorgeschriebene Sicherheitsabstände würden halbleere Spielstätten nach sich ziehen. Mit schwerwiegenden Folgen: „Ohne internationales Publikum ist es nicht nur inhaltlich weniger lustig. Wenn wir nicht wie im Vorjahr rund 1,7 Millionen Euro aus Ticketverkauf und Workshops einnehmen, droht der Konkurs,“ erklärt Rutzinger.

Chris Haring / Liquid Loft
Liquid Loft / Chris Haring (AT) - Candy’s Camouflage (Museum Version)
„Unsere Kunst ist eine Live-Kunst“
Gab es für die 37. Ausgabe des Festivals jemals die Überlegung, daraus ein Online-Festival zu machen, die Performances doch noch ins Netz zu verlagern? Rutzinger verneint: „Dieses Festival lebt vom Feiern des Moments. Tanzprofis sind in diesem Feld tätig, weil sie die Präsenz von Körpern wollen. Weil sie den direkten Kontakt mit dem Publikum aus der ganzen Welt brauchen. Den Drang, dass man jetzt wahnsinnig viel streamt und online haut, den sehen alle skeptisch.“

Mingu Jeong
Geumhyung Jeong (KR) - REHAB TRAINING
Dass das Impulstanz-Festival heuer nicht komplett ausfällt, dafür sollen einerseits Gratis-Tanzworkshops sorgen. Public Moves heißt die Workshop-Reihe, die diesen Sommer auf Wiesen und öffentliche Plätze in ganz Wien ausgeweitet werden soll. Für alle zugänglich, ohne Anmeldung. Über das Wann und Wo laufen derzeit die Verhandlungen mit der Stadt.
Und andererseits sollen sich doch noch einige Performances großer Compagnien in den Herbst verschieben lassen. Im Mumok, im Museum Moderner Kunst, wird etwa Liquid Loft, die renommierte österreichische Compagnie um Choreograf Chris Haring, in der geplanten großen Andy Warhol-Ausstellung tanzen. Und im Leopold Museum werden die zarten und beunruhigenden Installationen und Performances von Geumhyung Jeong gezeigt. Eine Werkschau dieser bildenden Künstlerin, Performerin und Tänzerin aus Südkorea ist dort für Oktober geplant.

Karolina Miernik / Impulstanz
Doch wie steht es um die Zukunft des ImPulsTanz? Zumindest bis nächstes Jahr ist die finanzielle Existenz gesichert, die Jahresförderung durch die Stadt Wien läuft noch bis 2021. Die Förderung durch den Bund stehe noch aus, so Rutzinger. Und ob die Saison nächstes Jahr wie gewohnt stattfinden könne, stehe ebenfalls noch in den Sternen. „Wir nehmen das ‚Non-Profit‘ in unserer Bezeichnung ‚Non-Profit-Organisation‘ ernst. Wir sind nicht mit Rücklagen gesegnet. Wir tanzen auf dünnem Eis.“
Wenn uns psychisch die Luft ausgeht
Dabei kann es gerade jetzt wichtig sein, sich mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen, meint Rio Rutzinger. „Die Choreografie und die Bewegung im Raum kann da viel geben. Vielen Menschen, die alleine leben, geht nach 8 Wochen ohne Berührung psychisch die Luft aus. Wie man mit dem Körper umgeht und ihm nahe bleibt, das können Tanzmenschen gut vermitteln.“
Publiziert am 17.05.2020