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Der Song zum Sonntag: Einstürzende Neubauten - „Alles in Allem“

„Alles in Allem“ heißt das neue Album der Einstürzenden Neubauten, „Alles in Allem“ heißt auch ein Lied darauf.

Von Christoph Sepin

Wenn man ein Wort immer weiter wiederholt, dann verliert das irgendwie an Bedeutung. Nicht so das allumfassende „Alles“, das Blixa Bargeld ins Mikrofon spricht, hier ist das Gewicht der Welt drauf, das ganze Universum und der ganze Rest und was man sich alles vorstellen kann. Die Ewigkeit und „alles“ eben. Angespannt ob der großen Thematik ist hier aber wenig, entspannt sind die Einstürzenden Neubauten im Jahr 2020.

Fast schon verspielt funkelt „Alles in Allem“ zu Beginn dahin, life is a cabaret in den ersten Takten dieses Lieds, mit roten Vorhängen und angemalten Augen, Streichern und Leierkasten. Auf Bühnen performt möchte man das sofort sehen und hören, in einem dunklen Saal mit knirschendem Holzboden und vielen Menschen. Geht halt alles grade nicht.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Ihr vierzigstes Jubiläum möchten die Einstürzenden Neubauten aus Berlin, die ihr erstes Konzert im April 1980 gespielt haben, heuer zelebrieren. Zuerst mal ohne Tour, die ist auf 2021 verschoben (am 15. Mai 2021 spielen die Neubauten in der Arena in Wien), ein Album gibt es aber trotzdem. „Alles in Allem“ lautet der große Name davon, „Alles in Allem“ auch der doch sehr einladende Titeltrack auf der Platte.

Blixa Bargeld präsentiert sich darin als der Charakter Blixa Bargeld, als sanfter, großer Rockstar in seiner ruhigen Phase der Nachdenklichkeit. Es geht um Dinge, die in Bewegung sind, und Dinge, die stillstehen, Metaphern und seltsame Welten: „Ein Fluss mit fünf, sechs Inseln“, lauten da die Zeilen. „Eine ist schon festgewachsen, sperrt ihren Rachen auf“.

Dann dürfen hier doch auch Menschen in der Erzählung auftauchen: Bargeld erzählt von einem Schwätzer, der versucht, durch Worte den Stillstand zu verändern, einem Felsen die Bewegung beizubringen. Dann plötzlich fliegt eine Wolke aus dem Boden: „Erdreste hängen ihr noch an“, so Bargeld.

Das möchte man sich alles wie ein Bild im Kopf vorstellen, eine Zeitlupenaufnahme einer bizarren Welt, die Bargeld trotzdem ganz präzise beschreiben kann. Nicht die Instrumente steuern das dann auf einen Höhepunkt, sondern die Lyrics, die sich immer mehr ins Wunderliche steigern: Da wird ein Krokodil besungen, dann eine Plasmazelle, bis Bargeld dann schließlich die Unendlichkeit erreicht: „In der Unendlichkeit bin ich auch, alles in allem, unendlich oft vorhanden“.

Wie Protagonisten ihrer eigenen Geschichte sind die Einstürzenden Neubauten in „Alles in Allem“, wie die besungenen trickreichen Schattenspieler, wie der Fluss, der langsam vor sich hinfließt und der Felsen, der da starr im Wasser liegt: Groß und grau und für immer da.

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