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Sondre Lerche: Das norwegische Wunderkind ist jetzt erwachsen

Der norwegische Songschreiber Sondre Lerche galt als Wunderkind. Nun ist er bei seinem bereits neunten Album angelangt: „Patience“. Seit Jahren lebt Sondre Lerche in den USA, erst in New York, dann in Los Angeles, den Bezug zur alten Heimat hat er aber nie verloren.

von Eva Umbauer

Sondre Lerche war gerade einmal dreizehn Jahre alt, als er zuhause in Bergen, Norwegen, ersmals im Tonstudio einer lokalen Musikgröße schnuppern durfte. H.P. Gundersen mochte den jungen Mann und seine Musikbegeisterung. Sondre Lerche schrieb damals auch bereits erste Songs. Nach ein paar Jahren ermunterte ihn sein Mentor, doch eine erste Platte aufzunehmen.

Es entstanden Mini-Alben und dann schließlich, als Sondre Lerche neunzehn Jahre alt war, das Debütalbum „Faces Down“, inspiriert vom großen englischen Folk-Songschreiber Nick Drake, den Britpop-Vätern The Kinks, Elvis Costello, oder auch Beck. Und Noise-Gitarren gab es auch zu hören auf „Faces Down“.

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Isabell N. Wedin

Großer Rummel

Dem großen Rummel, den es dann in Norwegen um Sondre Lerche gab, entfloh er bald nach New York. In den USA, wo das Debütalbum von Sondre Lerche ebenfalls veröffentlicht wurde, fand der Norweger eine neue Heimat. Er wurde als ein junger Brian Wilson gefeiert.

Statt des Vergleichs mit den Beach Beach mochte Sondre Lerche aber immer schon den mit Paddy Mc Aloon ein klein wenig lieber. Der Songschreiber Paddy Mc Aloon war mit seiner Band Prefab Sprout vor allem in den 80er und frühen 90er Jahren für seinen komplexen, aber eingängigen und verführerischen Pop bekannt. Sondre Lerche hatte ihn im Fernsehen entdeckt, als er zusammen mit seiner Schwester und Mutter in der Wohnung saß und etwa MTV schaute.

Flirrende Pop-Gitarren und dunkle Electronica-Sounds, Sondre Lerche schüttelt sie aus dem Ärmel. Mal sanfter Troubadour, dann wieder sinnlicher Night-Club-Crooner. Wie vielfältig seine Songschreiber-Musik ist, hat er auf bisher acht Alben gezeigt, nun erscheint sein bereits neuntes.

„Patience“ ist wieder zum Großteil in Norwegen entstanden, denn den Bezug zu jenem Land, in dem er geboren wurde und aufwuchs, hat Sondre Lerche nie verloren. Schon bei seinem letzten Album, „Pleasure“ vor drei Jahren mochte er genau die Songs am allerliebsten, die nicht in den USA, sondern in Norwegen entstanden waren, und so begab sich Sondre Lerche auch für „Patience“ zum Teil wieder dorthin.

Neue Songs wie „Why Would I Let You Down“ zeigen die große Tiefe von Sondre Lerche. Aber er kann auch dynamischder werden, mit einem Stück wie „You Are Not Who I Thought I Was“.

Roter Faden

Der gewisse rote Faden, der sich durch die neuen Songs von Sondre Lerche zieht, ist seine relativ neue Leidenschaft für das Laufen und Ambient Music. Ersteres entdeckte er nach seiner letzten großen Tour. Zweiteres kam dann ebenfalls hinzu.

„The inspiration behind the theme and feeling of the album comes from the sense of space and time I associate with ambient music and minimalism. Ever since ‚Pleasure‘ came out in 2017, I’ve been running a lot, and I listen to mainly abstract music that helps me lose sense of time and structure when I run, what I refer to as ‚patient‘ music.“

Sondre Lerche liebt verschiedene Musikstile und Genres, von 70er-Jahre-Folk über Powerpop bis zu Jazz und brasilianischem Bossa Nova. Seine Alben wie „The Duper Sessions“, „Phantom Bunch“, „Faces Down“, „Please“ oder „Pleasure“ zeugen davon.

„Performing the flamboyant and intense ‚Pleasure‘ show 140 times in one year got me into athleticism, and made me passionate about running. Before this, I never did anything remotely athletic in my life. After ‚Pleasure‘ I felt like slowing down everything in my life. I stopped touring for the first time since I was 18. I moved to L.A., and I just focused on writing. I needed to make soothing music.“

Van Dyke Parks

Nach über zehn Jahren in New York lebt Sondre Lerche heute also in Los Angeles. Dort ist auch der legendäre US-amerikanische Musiker Van Dyke Parks zuhause. Er machte sich ab den frühen 1960er Jahren vor allem als Komponist, Texter, Studiomusiker, Produzent und Arrangeuer von Songs einen Namen.

Er arbeitete mit den Beach Boys oder den Byrds, schuf aber auch komplette Alben unter seinem eigenen Namen. Der „Dandy der Gegenkultur“, wie Van Dyke Parks gerne bezeichnet wurde, ist Gast bei einem der neuen Songs von Sondre Lerche, nämlich „Put The Camera Down“.

Erwachsenes Wunderkind

„Patience“ versammelt elf Songs von Sondre Lerche, Titel wie „There Is No Certain Thing“ oder „Why Did I Write The Book Of Love“, die alle in den letzten sechs Jahren entstanden sind - und die schon einmal liebevoll ein wenig in Richtung seine beiden ersten Alben nicken, also „Faces Down“ und „Two Way Monologue“.

Insgesamt ist „Patience“ ein Album, das für alle gut passt - für die, die Sondre Lerches Musik von Beginn an kennen und lieben, die, die ihn vielleicht irgendwann aus den Augen und Ohren verloren haben, und auch für die, die überhaupt noch nie etwas von diesem norwegischen Ausnahmetalent gehört haben. Ein Wunderkind, das nun erwachsen ist, aber sich vieles von damals bewahrt hat und es nun mit seiner künstlerischen Reife veredelt.

„Patience“ von Sondre Lerche erscheint am 5.Juni 2020 bei seinem eigenen Plattenlabel PLZ.

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