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Hyperschallrakete

Northrop Grumman

erich moechel

Parallelaktion des Pentagon für Hyperschallantriebe

Um den Rückstand bei hyperschallschnellen Marschflugkörpern aufzuholen, werden zwei konkurrierende Projekte finanziert. Die Kosten von einer Milliarde Dollar sind in vielen Sub-Kontrakten versteckt.

Von Erich Moechel

Um den großen Rückstand auf Russland und China bei Marschflugkörpern mit Hyperschallantrieb aufzuholen, setzt das Pentagon auf eine Parallelaktion. Aktuell wurden zwei mehr oder weniger direkt konkurrierende Projekte der Rüstungsfirmen Raytheon bzw. Lockheed Martin gestartet. Beide zusammen sind mit etwa 900 Millionen Dollar dotiert, die aber als Einzelposten in mehreren Budgets versteckt sind. Mit Northrop Grumman ist auch der dritte große Raketenhersteller involviert.

Ende April wurde ein drittes Entwicklungsprojekt für Cruise Missiles ausgeschrieben, die mit fünffacher Schallgeschwindigkeit und mehr auf ihr Ziel zurasen. Gesucht werden nun Systemintegratoren, die diese Flugvehikel in die Waffensysteme von Bombern und Kriegsschiffen integrieren. Auch dazu gibt es nur die allernötigsten Informationen und die sind obendrein nach Kräften verklausuliert.

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Wie man hier sieht, wurde die Gesamtsumme für die beiden Konsortien in Hunderte Teilbeträge aufgespalten. Wie der Fachjournalist Steve Trimble schreibt, überschreiten die aufgelisteten Teilbeträge die angeführte Gesamtsumme um das Doppelte (siehe unten).

Im Pentagon wurde im April ein eigener „War Room“ nur für „super-duper“ Hyperschallwaffen eingerichtet, über die Präsident Trump regelmäßig schwadroniert.

Projektfinanzierung, gut versteckt

Die Grunddotierung beider Systeme ist in der Ausschreibungsdatenbank des US-Verteidigungsministeriums einfach durch eine Suche nach dem Namen des Programms auffindbar. Über das Akronym HAWC („Hypersonic Air-breathing Weapon Concept“) kommt man an eine lange Liste von Einzelposten, die Gesamtsumme für jedes der beiden Konsortien ist eine Suchebene tiefer in der Datenbank versteckt. Beide Projekte kommen da auf je 209 Millionen Dollar, viel zu wenig, um einen so komplexen neuen Waffentyp zu entwickeln.

266 weitere Millionen für das Raytheon-Konsortium sind nämlich in weiteren Verträgen an zwei Firmen versteckt, die ein weiterer Rüstungskonzern nacheinander übernommen hatte, nämlich Northrop Grumman. Der aber stattet das Raytheon-Konsortium exklusiv mit hyperschallschnellen Scramjet-Triebwerken aus. Herausgefunden hat dies Steve Trimble, der für das Magazin „Aviation Week“ über militärische Aviation, Raumfahrt und Raketentechnik schreibt und deshalb in den Datenbanken des Pentagon quasi zu Hause ist. Trimble geht davon aus, dass Lockheed Martin und Co eine vergleichbare Summe erhalten, ungeklärt ist allerdings, aus welchem Topf diese Gelder stammen, nämlich ob sie von der Air Force oder von der Forschungsagentur DARPA sind.

Raketenantriebsgrafik

Aerojet-Rocketdyne

Hier sieht man zwei Versionen des Konzepts von Aerojet Rocketdyne, dem Lieferanten von Hyperschallantrieben des Lockheed-Konsortiums.

Ramjet, Scramjet als Hybridantrieb

Im Hyperschallbereich zeigt sich für die US-Militärs nun dieselbe Problematik im Ingenieurswesen, die 2018 schon in der Elektronikfertigung konstatiert worden ist.

All diese Hyperschallprojekte sind zwar hochgeheim, doch irgendwie müssen sie ausgeschrieben werden. Daher sind alle Angaben und Anforderungen sehr allgemein gehalten, wie es auch über Tests keinerlei Details oder gar Zahlen gibt. Schon bloße Funktionsdiagramme wie jenes oben sind eine Seltenheit. Es stammt von Aerojet Rocketdyne, dem Unternehmen, das Lockheed Martin mit Antrieben versorgt. Wie der Grafik zu entnehmen ist, hat die Firma ein Hybridtriebwerk konstruiert. Die Turbine verfügt über zwei separate Einlässe für die zwei Antriebsarten, die als „Ramjet“ bzw. „Scramjet“ bezeichnet werden und die nach denselben Prinzipien funktionieren.

Anders als herkömmliche Jet-Turbinen haben beide keine beweglichen Teile, sie benötigen lediglich einen gewaltigen Luftstau vor dem Einlass, der den Sauerstoff in die Brennkammer presst. Dafür muss das etwa zehn Meter lange Vehikel durch eine Raketenstufe beschleunigt werden, denn das Ramjet-Triebwerk springt erst bei doppelter Schallgeschwindigkeit überhaupt an und beschleunigt dann bis Mach 5. Ab diesem Tempo zündet die noch weit schubstärkere Scramjet Engine und katapultiert das Geschoss bis ungefähr 8.000 km/h. Für dieses aberwitzige Tempo wird nur ein kleiner Wasserstofftank benötigt - der verdichtete Sauerstoff kommt ja aus der Luft - denn der Scramjet-Motor ist nur kurze Zeit vor dem Einschlag in Betrieb.

Raketen

Lockheed Martin

Das ist der von Lockheed Martin seit 2018 entwickelte Prototyp AGM-183A ARRW („Air-Launched Rapid Response Weapon“), eine Hyperschallrakete, die im Juni 2019 von einem hochfliegenden strategischen B-52-Bomber abgefeuert wurde. Die Cruise Missiles der Air Force sind beim Start dadurch schon etwa 800 km/h schnell und stürzen dann im freien Fall aus 20 Kilometer Höhe steil hinab, bis das Ramjet-Triebwerk anspringt.

Wie es weitergeht

Die in der neuen Ausschreibung des US-Verteidigungsministeriums seit Ende April gesuchten Systemintengratoren werden benötigt, um diese Flugkörper in bestehende Waffensysteme zu integrieren. Die Air Force benötigt dafür spezielle Aufhängungen für die Bomberflotte, die mit Hyperschall-Cruise Missiles ausgerüstet werden, zudem müssen sie in die Feuerleitsysteme der Bomber integriert werden.

Etwas komplexer stellt sich die Lage für die Army dar. Um die Vehikel vom Boden starten zu können, braucht es herkömmliche Feststoffraketen, die es an den Rand des Alls befördern, von wo es mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit erdwärts wiederkehrt.

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