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Das ewige Rap-Talent Def Ill will zugänglicher werden

Der Linzer Rapper und Produzent Def Ill hat sich für sein neues Album „Lobotomie“ selbst gefiltert. Wie der Titel schon andeutet ist darauf neben unterhaltsamen und eingängigen HipHop-Songs aber noch immer jede Menge Abgründiges zu hören.

Von Stefan „Trishes“ Trischler

Def Ill aus Linz ist wohl der besessenste HipHop-Musiker von Österreich. Seit er im Alter von 12 Jahren auf einem Texta-Song sein Debüt gab, veröffentlicht der Rapper und Produzent ständig Musik - mal im Linzer Slang, dann in jamaikanischem Patois oder einfach auf Englisch. Inhaltsstarke HipHop-Songs über wichtige politische Themen gibt es bei ihm ebenso zu hören wie wortsportliche Höchstleistungen: Def Ill ist regelmäßig in Online-Rankings der schnellsten Rapper der Welt zu finden. Auf der letztjährigen „Playtest“ EP experimentierte der Künstler, der auch seine Videos selbst schneidet, zudem mit interaktiver Erzählung - inspiriert von der wegweisenden Black Mirror Folge „Bandersnatch“.

Für das neue Album „Lobotomie“ hat sich Def Ill nach eigenen Angaben gefiltert, um für die Hörerinnen und Hörer zugänglicher zu werden. Aus ursprünglich fünfzig Songs hat er die zwanzig verdaulichsten ausgewählt und daraus ein Album mit rotem Faden zusammengestellt. Es wäre aber nicht Def Ill, wenn da nicht trotzdem ein paar Spielereien versteckt wären: Die Songs verbergen ein Rätsel, dessen Lösung zum Download einer von zwei Bonus-EPs führt. Andererseits ist die Platte so aufgebaut, dass das Ende wieder zum Anfang führt, sie also schlüssig in Schleife gehört werden kann. Deshalb heißt das erste Stück auch „Outro“.

Allem Filtern zum Trotz hat sich Def Ill auch auf diesem Album wieder ausführlich mit den dunklen Seiten der menschlichen Existenz auseinandergesetzt. Der Titel „Lobotomie“ bezieht sich auf einen barbarischen chirurgischen Eingriff, bei dem bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts psychisch kranken Patientinnen und Patienten Teile des Gehirnes abgetrennt wurden. Für die vermeintliche „Heilung“ verloren sie Persönlichkeit und Urteilsvermögen - und viele überlebten die Operation überhaupt nur als Pflegefälle. Für Def Ill ist der Umgang unserer Gesellschaft mit psychisch Kranken seitdem natürlich humaner geworden, letztlich werden diese aber heute eben mit Medikamenten ruhig gehalten.

Innerhalb des roten Fadens, in dem ein fiktiver Patient nach seiner Operation eine Kassette mit Aufnahmen von davor findet, gibt es auf „Lobotomie“ aber auch sehr gelungene Songs zu ganz anderen Themen: In „Fetisch“ seziert Def Ill gemeinsam mit Yolo Ferrari etwa Rollenbilder und Klischees in Punkto Sexualität, „Red Wedding Shit“ bringt allerlei Drachen- und Meuchel-Metaphern aus Westeros zusammen und „Olle Schuid“ mit dem Monobrother ist eine bitterböse Abrechnung mit der eigenen Rolle als Untergrundkünstler in Österreich. Sein Ausnahme-Talent hat Def Ill damit einmal mehr unter Beweis gestellt - man darf ihm wünschen, dass er auch möglichst viele Menschen damit erreicht.

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