FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Sofie Hagen

Matt Crockett

buch

Sofie Hagen sagt in „Happy Fat“ Dickenfeindlichkeit den Kampf an

Sofie Hagen ist eine dänische Komikerin und sie ist dick. In „Happy Fat“ erzählt sie, wie sie dickenfeindlichen Einflüssen den Kampf angesagt und Selbstakzeptanz gefunden hat - in einer Welt, in der die Diskriminierung von dicken Menschen allgegenwärtig ist.

Von Sophie Liebhart

„Hallo, ich bin dick. Ich bin auch dreißig, Dänin und Skorpion. Ich bin viele, viele Dinge außer meinem Gewicht. Du bestimmt auch. Ich will nicht durch mein Fett definiert werden, genauso wenig wie ich durch meine Schwäche für Westlife oder Hunde definiert werden will.“

Buchcover "Happy Fat"

Dumont

„Happy Fat“ ist im Dumont Verlag erschienen und wurde von Sophie Zeitz ins Deutsche übersetzt.

Es wird schon auf den ersten Seiten von „Happy Fat“ klar: Sofie Hagen nimmt sich selbst nicht ganz so ernst und vieles mit Humor. Und das, obwohl sie auch einige Gründe hätte, weniger positiv zu sein. Als Kind wurde sie gemobbt, ihre Mutter hat mit ihr gemeinsam einen Diät-Plan nach dem anderen erstellt. Die Folgen: Depressionen und eine Essstörung.

„I spent from the moment I learnt to walk until I was 21 years old hating my body intensly. And then, that changed“, erzählt Sofie Hagen bei einem Vortrag. In „Happy Fat“ nimmt sie ihre Leser*innen mit durch den Prozess dieser Veränderung auf dem Weg zur Selbstliebe.

Dick ist nicht gleich ungesund

Sich selbst lieben, so, wie man ist, und nicht so, wie man in der gesellschaftlichen Wahrnehmung vielleicht sein sollte, das ist eine Herausforderung für so ziemlich jede*n. Dicken Menschen werde jedoch zusätzlich oft das Gesundheitsargument vorgehalten, schreibt Sofie Hagen. Man müsse abnehmen, sonst sei das ja ungesund. Die Autorin stellt schon zu Beginn ihres Buches klar: Der Drang abzunehmen hat sie erst krank gemacht.

Sie plädiert für eine differenzierte Wahrnehmung von Gesundheit. Diese hänge nämlich nicht alleine vom Gewicht ab. „Es gibt dünne Menschen, die Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Krankheiten haben, und es gibt dicke Menschen, die gesund sind“, schreibt Sofie Hagen.

Dicksein alleine macht nicht ungesund.

Von dieser allgemeinen Wahrnehmung profitieren jedoch einige. Etwa die Diät-Industrie. Denn solange Menschen verzweifelt versuchen abzunehmen, um gesünder zu sein, Diätpillen schlucken und auf Wunderdrinks hoffen, würden sich diese auch verkaufen, kritisiert Hagen.

Mediale Repräsentation?

Verstärkt werde dieser Effekt durch die sogenannte symbolische Annihilierung. Weil dick zu sein in der Gesellschaft seit jeher negativ behaftet sei, fehlten dicke Menschen meistens in der medialen Repräsentation. „Wenn du in den Medien überhaupt nicht vorkommst, wird dir signalisiert, dass du keine Rolle spielst. Es ist eine Strategie, dafür zu sorgen, dass unterdrückte Gruppen unterdrückt bleiben“, heißt es in „Happy Fat“.

Sofie Hagen

Matt Crockett

Sofie Hagen empfiehlt daher eine radikale Veränderung des Medienkonsums. Sie rät, Social Media Accounts, die einem ein schlechtes Gefühl geben, nicht mehr zu folgen. „And then, that is my favourite part: Look at fat people“, sagt die Autorin. Sie fordert ihre Leser*innen dazu auf, Accounts zu folgen, die dicke Menschen authentisch und schön darstellen. Zu sehen, dass sie nicht alleine ist, sei für sie persönlich der erste essenzielle Schritt in Richtung Selbstakzeptanz und Selbstliebe gewesen, schreibt Sofie Hagen in „Happy Fat“.

Intersektionalität

Das Buch ist teils Autobiografie, teils Kommentar. Es ist tiefgründig, unsentimental, emotional, fundiert und lustig. Sofie Hagens Humor wird nicht nur einmal auch in den Fußnoten deutlich, in denen sie etwa kleine Anekdoten über den Schreibprozess - wie diese hier - versteckt: „Wenn du diesen Satz liest, habe ich den Streit mit meiner Lektorin gewonnen, ob er drinnenbleiben darf oder nicht. Aber es ist mein Buch. Komplimente bleiben.“

Sofie Hagen schreibt als weiße, dicke Frau für Menschen jeglicher Herkunft, unabhängig von Geschlecht oder Hautfarbe. Dass sie in „Happy Fat“ vieles aus ihrem persönlichen, teilweise sehr eingeschränkten Blickwinkel darstellt, ist ihr bewusst. Es gelingt ihr deshalb, mithilfe von Interviews mit anderen dicken Menschen anderen Geschlechts, anderer Hautfarbe oder anderer sexueller Orientierung, ihr Buch „intersektional“ zu gestalten, also laut ihrer eigenen Definition „ständig Gruppen mitzudenken, die auf andere Arten als wir marginalisiert sind“.

„Happy Fat“ inspiriert nicht nur wegen dieses offenen und reflektieren Zugangs dazu, dickenfeindlichen Einflüssen den Kampf anzusagen. Es zeigt, wie ermutigend und lebensverändernd es sein kann, in einer Kultur, die versucht, Menschen auf ihren Körper zu reduzieren, Raum zu beanspruchen.

I demand my right to take up space

Sophie Hagen hat sich das Wort „fett“ zu eigen gemacht, damit es nicht länger als Waffe gegen sie verwendet werden kann. Daher auch der Buchtitel „Happy Fat“. Sie fordert ihre Leser*innen jeder Herkunft, Größe und Form auf, dasselbe zu tun. Denn solange man stattdessen Wörter wie „kurvig“, „beleibt“ oder „füllig“ benütze, verstärke das nur Fettfeindlichkeit, die Sophie Hagen so kritisiert.

You are allowed to love your body. You can be fat and happy.

Statt sich klein machen zu lassen, plädiert Sophie Hagen für eine andere Strategie: „I refuse to be the object of their ridicule and their hatred, their culture. I demand my right to exist and to take up space. I don’t have to change, they do!“

mehr Buch:

Aktuell: