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Gesichtserkennung ist trotz IBMs Ausstieg stark auf dem Vormarsch

Die Datenschutz-Expertin Klaudia Zotzmann-Koch hält den Dialog zum Thema Gesichtserkennung für wichtig - und fordert ein Verbot ihrer Anwendung.

Von Christoph Weiss

IBM ist nicht nur einer der größten Technologie-Hersteller der Welt, sondern auch eine wichtige Forschungsinstitution. In vielen Bereichen, von der Nanotechnologie bis hin zu riesigen Supercomputern, hält der Konzern seit 27 Jahren den Rekord hinsichtlich der Zahl der jährlich erfolgreich angemeldeten Patente durch ein Unternehmen.

Wenn IBM also ankündigt, aus einem Forschungsgebiet wie der Gesichtserkennung auszusteigen, erregt das Aufsehen. Der Chef des Konzerns, Arvind Krishna, schreibt in seinem Statement zum Ausstieg: Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, einen “nationalen Dialog” anzustoßen, ob und wie Gesichtserkennung eingesetzt werden soll - und spricht dabei konkret das Fehlverhalten der Polizei in den USA an. IBM werde ab sofort keine Gesichtserkennungs-Software mehr anbieten, weil sie der Massenüberwachung und der Verletzung grundlegender Menschenrechte diene.

Klaudia Zotzmann-Koch

Klaudia Zotzmann-Koch

Klaudia Zotzmann-Koch

Die Autorin und Datenschutzaktivistin Klaudia Zotzmann-Koch (Privacy Week, C3W) hält den Rückzug IBMs für erfreulich: „Es ist schön zu sehen, dass sich jetzt zumindest einer der aktiven Player auf diesem Markt gegen diese Technologie ausspricht und einen Dialog auf politischer Ebene anregt.“

Ein Dialog, der laut Zotzmann-Koch auch die Frage des Racial Profiling durch Gesichtserkennungs-Algorithmen beinhalten müsse. „Jeder Algorithmus ist nur so gut wie seine Trainingsdaten. Was wir nämlich auch sehen - zum Beispiel beim Algorithmus des AMS - ist, dass bestehende Ungleichheiten durch die eingefütterten Trainingsdaten zementiert werden.“

Außerdem geschehe Racial Profiling nicht nur fehlerhaft, also aufgrund einseitig angelernter Algorithmen oder falscher Bilderkennung, sondern auch gezielt. „Zum Beispiel wird in China die Minderheit der Uiguren mittels Gesichtserkennung tatsächlich verfolgt.“

Der Ausstieg IBMs aus der Gesichtserkennung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass andere Konzerne in diesem Sektor weit aggressiver vorgehen. Zum Beispiel: Amazon. Der Konzern bietet automatische Gesichtserkennung sowohl Privatkunden als auch Behörden an - und verknüpft das dann auch, etwa bei der Kamera-Türklingel Amazon Ring. Die Strategie erfolge dabei nach einem bekannten Muster. Sie sei besonders dadurch gekennzeichnet, „dass man günstiger an diese Geräte kommt, dafür haben dann aber die Behörden jederzeit Zugriff auf die Bilder, die von ihren Kameras bei Amazon ankommen.“

Auch in Österreich sei automatische Gesichtserkennung schon weit verbreitet. Zum Beispiel erfasse die Messe Wien 750.000 Gesichter jährlich. Zotzmann-Koch wünscht sich, dass Regierungen die Technologie stark einschränken: „Die Stadt San Francisco hat Gesichtserkennung bereits verboten. Die EU denkt über ein Verbot nach. Ich würde mir das für die österreichische Regierung ebenfalls wünschen.“

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