Die NBA will in Disney World einziehen
Von Ali Cem Deniz
Bis zum 11. März konnte Donald Trump noch so tun, als wäre alles halb so schlimm. Doch dann passierte etwas, das bisher noch nie vorgekommen ist. Nachdem zwei Spieler der Utah Jazz positiv auf das Coronavirus getestet wurden, beschloss die NBA als erste US-amerikanische Profiliga, die Saison zu pausieren.
Das war ein Schockeffekt für die USA und löste eine Kettenreaktion aus. Bald wurden andere Ligen und Großveranstaltungen abgesagt und die ersten Staaten begannen mit Lockdowns. Obwohl die Infektions- und Todesfälle von Tag zu Tag mehr wurden, wollten aber viele nicht an den kompletten Abbruch der Saison denken. Allen voran, der wohl größte NBA-Star, LeBron James von den Los Angeles Lakers:
Saw some reports about execs and agents wanting to cancel season??? That’s absolutely not true. Nobody I know saying anything like that. As soon as it’s safe we would like to finish our season. I’m ready and our team is ready. Nobody should be canceling anything. 👑
— LeBron James (@KingJames) 30. April 2020
Während in Europa auf den Rasen die Fußbälle wieder rollen, sind Hallensportarten wie Basketball weiter tabu. Deswegen hat die NBA einen kreativen Plan entwickelt, der wie ein Drehbuch für Space Jam 2 klingt. Von Juni bis Oktober sollen 22 NBA Teams in Disney World in Orlando einziehen und dort unter strengen Auflagen, von der Außenwelt weitgehend abgeschottet, Basketball spielen.
Disney World soll sich so in eine Art olympisches Dorf verwandeln. Dort steht nicht nur das pompöse Schloss von Cinderella, sondern auch ein Sportkomplex des Sportsenders ESPN mit Basketballhallen und Trainingsanlagen. Außerdem hätten in den 18 Hotels alle Spieler und das Mannschaftspersonal genug Platz.
Der Plan ist also gar nicht so abwegig und kriegt auch von medizinischer Seite grünes Licht. Anthony Fauci, der Chef des National Institute for Allergies und Infectious Diseases, Mitglied des Pandemie-Expertenrats von Donald Trump, glaubt, dass es funktionieren könnte, wie er in einem Interview mit The Stadium erzählt.
Es geht um mehr
Teambesitzer und viele Fans warten schon ungeduldig auf einen Neustart der Saison. Auch LeBron James rührt seit Wochen die Werbetrommel für NBA in Disney World. Auf Instagram zeigt der 35-Jährige, wie er für die Fortsetzung trainiert. Seine Los Angeles Lakers galten vor dem Saison-Stopp als einer der Favoriten auf den Titel. Der erfahrene Spieler will vor dem Ende seiner Karriere möglichst viele Titel holen. Ein NBA-Restart wäre auch in Disney World ein Zeichen für Normalität, von der es in den USA zurzeit nicht viel gibt.
APA/AFP/GETTY IMAGES/Mike Stobe
Doch gerade deshalb äußern einige Spieler ihren Unmut über den Disney-Plan. Vor zwei Tagen lud Kyrie Irving, Starspieler der Brooklyn Nets, 80 NBA-Spieler zu einer Telefonkonferenz, um seine Bedenken zu besprechen. Irving will noch nicht auf das Feld zurück. Nicht wegen Corona, sondern weil er befürchtet, dass das NBA-Spektakel von den Black Lives Matter Protesten ablenken könnte. Andere namhafte Spieler sehen es ähnlich. Selbst Dwight Howard, ein Mannschaftskollege von LeBron James, denkt nichts ans Weiterspielen, wie er in einem Statement mitteilt: „No Basketball till we get things resolved."
Auch Ex-Spieler Stephen Jackson, ein Freund des getöteten George Floyd, der sich in den Protesten aktiv beteiligt, will keine Fortsetzung:
Stephen Jackson says now isn’t the time to be playing basketball
— NBA Central (@TheNBACentral) 14. Juni 2020
“None of these white owners have spoken up. None of them are taking a stand...Playing basketball ain’t gonna do nothing but make them money and take attention off what we fighting for.” pic.twitter.com/LZbKTLzDU2
Historische Saison
Andere Spieler kritisieren Irving. Austin Rivers von den Houston Rockets schreibt, dass nicht alle Spieler so gut verdienen wie Superstar Kyrie Irving. Das Aussetzen sei für manche Spieler zu kostspielig. Und mit diesen Geldern könnten Spieler Black Lives Matter unterstützen, so Austin Rivers auf Instagram. LeBron James, der selbst als prominenter Unterstützer von Black Lives Matters gilt, glaubt wiederum, dass die Spieler von der Öffentlichkeit, die sie bekommen, profitieren würden und ihre politischen Anliegen besser verbreiten können.
Nach dem Plan der NBA sollen die Trainings schon am 23. Juni in Disney World starten. Die Liga will es Spielern freistellen, ob sie mitmachen oder nicht. Noch ist unklar, wie sich entscheiden werden. Doch egal, ob die Saison in Disney World weitergeht, oder ob die Spieler in einem gemeinsamen Streik gehen, diese Saison schreibt in jedem Fall große Sportgeschichte.
Publiziert am 15.06.2020