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Octavia Spencer als True-Crime-Podcasterin in der Serie "Truth Be Told"

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„Truth Be Told“ versucht auf dem True-Crime-Hype zu schwimmen

Die Serie „Truth Be Told“ nimmt sich den Erfolgspodcast „Serial“ als Vorbild und erzählt die fiktive Geschichte einer True-Crime-Podcasterin. Leider steckt wenig True im Crime.

Von Philipp Emberger

Um die Wahrheit aufdecken zu können, werden in „Truth Be Told“ zunächst viele Lügen erzählt. Der Leidtragende dieser Lügen ist Warren Cave. Als 17-jähriges Bubi wurde er wegen Mordes an seinem Nachbarn, dem Universitätsprofessor und Familienvater Chuck Buhrman lebenslang ins Gefängnis gesperrt. Großen Anteil daran, dass der minderjährige Warren als Erwachsener bestraft wird, hat die Journalistin Poppy Parnell mit ihren vorverurteilenden Artikeln. Ihre Berichterstattung über den Mordfall brachte der Journalistin viel Anerkennung und Preise, darunter den wichtigen Pulitzerpreis.

Aaron Paul in der Serie "Truth Be Told"

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Aaron Paul als vielleicht zu Unrecht verurteilter Mörder Warren Cave

Zum Zeitpunkt als die Serie einsetzt, 19 Jahre nach Warrens Verurteilung, kommen Poppy Zweifel, ob Warren wirklich schuldig und der Mörder ist. Reichlich spät, denn mittlerweile ist er radikalisiert, hat sich einer neonazistischen Gefängnisgang angeschlossen und tätowierte Hakenkreuze protzen als Zeichen für die rassistische Ideologie auf seinen Unterarmen. Dass nun ausgerechnet die schwarze Journalistin Poppy dafür sorgen soll, seine Unschuld zu beweisen, scheint für Warren weniger ein Problem zu sein als für seine Gesinnungsbrüder.

Serienplakat "Truth Be Told"

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Die acht Folgen der ersten Staffel sind auf dem Streamingdienst AppleTV+ zu sehen. Eine zweite Staffel der Serie wurde mittlerweile bestätigt.

Hohe Erwartungen, tiefer Fall

„Truth Be Told“ hat die Erwartungen hochgesteckt: Mit Apple steht ein finanzkräftiger Auftraggeber dahinter und die Serie ist mit Oscar-Preisträgerin Octavia Spencer und „Breaking-Bad“-Liebling Aaron Paul prominent besetzt. Letzterer versucht endgültig die Rolle des drogendealenden Jesse Pinkman hinter sich zu lassen. Darüber hinaus sind auch noch Elizabeth Perkins („Weeds“) und Lizzy Caplan („Masters of Sex“) dabei.

„Truth be Told“ schafft es aber nicht, diese Bausteine zu einer guten und fesselnden Serie zusammenzusetzen. Das liegt auch an den beliebigen Charakteren. Denn um ihren Fehler wieder gut zu machen, muss Poppy viel Staub aufwirbeln und mit Neonazis kooperieren. Das gefällt ihrer Familie und der People of Colour-Community nicht. Aber selbst dieser brandaktuelle Konflikt kratzt nur an der Oberfläche und kommt nicht über ein paar Dialoge mit Worthülsen hinaus.

True-Crime für Alle

Das Buch „Are you Sleeping?“ von Kathleen Barber, auf dem die Serie basiert, hat mit dem Erfolgspodcast „Serial“ widerum ein reales Vorbild. In dem True-Crime-Podcast hat 2014 die Journalistin Sarah Koenig einen realen Mordfall rund um eine amerikanische Schülerin neu aufgerollt und das Urteil gegen einen Mitschüler in Frage gestellt. Der Podcast wurde weltweit unglaublich erfolgreich, weitere Staffeln folgten. „Serial“ gilt als einer der Ausgangspunkte für den bis heute andauernden popkulturellen True-Crime-Hype.

Die fiktive Geschichte in „Truth be Told“ kommt an das Vorbild aber nicht heran und so schafft es die Serie nicht, auf der True-Crime-Welle mitzuschwimmen. Zu linear wirkt die Handlung und zu viele Zufälle begleiten Poppys Recherchen, die Story wirkt an vielen Stellen am Reißbrett konstruiert. Oder anders gesagt: Welcher Mensch verwendet heute noch ein Smartphone, ohne dieses mit einem Code zu sperren? Welch verdammt glücklicher Zufall muss es sein, dass das codelose Smartphone ausgerechnet einer wichtigen Zeugin gehört und es in die Hände von Poppy fällt. Ein weiteres Beispiel für die herbeigeschriebenen glücklichen Fügungen: Poppy Parnell erfährt von einer Krebserkrankung einer Protagonistin. Just in dem Moment als Poppy auftaucht, fällt der Dame der Müll zu Boden und Poppy erkennt darin die Lebensmittel, die in einer Diät für Chemotherapie-Patient*innen empfohlen werden.

Mit diesen crinchy Szenen wird die spannende Prämisse der Serie zerstört: Wie viel Leid darf ich jemandem zufügen, um ein anderes Leid auszubügeln? „Truth Be Told“ schafft es leider nicht, dieser Frage in all ihren Facetten nachzugehen. Den Großteil der acht Folgen dümpelt die Handlung an der Oberfläche und spricht viele Themen an, aber keines so richtig. Die Suche nach der Wahrheit und somit über die Schuld oder Unschuld eines Menschen bleibt eine banale Nebensache. Damit bleibt von der Serie: Idee gut, Umsetzung mäh.

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