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Little Orpheus

The Chinese Room

Im Game „Little Orpheus“ geht’s zum Mittelpunkt der Erde

Das Mobile-Game „Little Orpheus“ verbindet eine großartige Lügengeschichte mit Humor und viel Style - ein leichtfüßiges Unikat der Macher von „Dear Esther“ und „Everybody’s Gone to the Rapture“.

Von Rainer Sigl

Es ist das Jahr 1962. Im Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion messen sich Amerikaner und Sowjets nicht nur im „Race to Space“, sondern auch in der Erforschung des Erdkerns. Mit einem riesigen Bohrgefährt haben die Russen die Reise zum Mittelpunkt der Erde versucht - zurückgekommen ist nur Ivan Ivanovich. Bohrer und die mitgebrachte Atombombe sind ihm leider verloren gegangen.

Das zurzeit exklusiv nur im Games-Abo Apple Arcade verfügbare iOS-Mobile-Game „Little Orpheus“ beginnt als Verhör, bei dem ein grimmiger General mit Stalin-Schnauzer dem schlitzohrigen Rückkehrer die Wahrheit entlocken will. Der allerdings erzählt eine Geschichte, die Baron Münchhausen die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte.

Die vergessene Welt

Während das Verhör seinen Lauf nimmt, steuere ich Ivan Ivanovich durch ebendieses haarsträubende Abenteuer, von dem er erzählt, und das auf recht simple Art und Weise: Aus der Seitenansicht geht’s nach rechts oder links, per Antippen kann ich hüpfen oder Schalter umlegen - ein bisschen erinnert das an den Klassiker „Another World“. Der Weg ist naturgemäß linear, hin und wieder warten simple Schleichpassagen, einfache Schalterrätsel und knifflige Verfolgungsjagden. Beim Bildschirmtod geht’s zurück an den letzten Speicherpunkt - was an manchen Stellen wegen eher unpräziser Steuerung für ein bisschen Groll sorgt.

Was „Little Orpheus“ trotz minimalistischem Gameplay abwechslungsreich macht, ist seine fantastisch-bizarre Spielwelt: Im Inneren der Erde warten ganz Pulp-klassisch Dschungel, Dinosaurier und eine untergegangene Zivilisation von Riesen und Robotern. Bei der Reise durch diese spektakuläre Welt jagt eine Bizarrität die nächste, etwa wenn ich dann auch noch von einem Megawalfisch geschluckt werde und in dessen Eingeweiden gegen Wurmparasiten vorgehen muss. Fad wird es hier nicht, auch weil das im Hintergrund weiterlaufende Verhör die Spielszenen immer wieder ironisch kommentiert.

Little Orpheus

The Chinese Room

Untypisches vom Paten des Walking Simulators

„Little Orpheus“ ist ein hinreißend gestaltetes Action-Adventure, das durch seine humorvolle, toll geschriebene Story und seine sympathische Präsentation samt großartigem Soundtrack überzeugen kann. Beides ist kein Wunder, wenn man seine Schöpfer ansieht: The Chinese Room, das britische Indiestudio von Dan Pinchbeck und Jessica Curry, hat mit „Dear Esther“ und „Everybody’s Gone to the Rapture“ die höchst erfolgreiche First-Person-Nische des „Walking Simulators“ quasi aus der Taufe gehoben.

„Little Orpheus“, entwickelt von The Chinese Room, ist aktuell ausschließlich im Rahmen des Mobile-Games-Abodiensts Apple Arcade erhältlich.

„Little Orpheus“ ist zwar spielerisch und im Tonfall von diesen eher ernsthaften, meditativen Erfahrungen meilenweit entfernt, doch die Story mit ihren großartig geschriebenen und vertonten Dialogen und vor allem der gewohnt spektakuläre orchestrale Soundtrack von Jessica Curry machen auch dieses kleine Spiel zu etwas ganz Besonderem.

Auch wenn spielerisch hier nur Altbekanntes geboten wird: Diese Reise zum Mittelpunkt der Erde ist absolut gelungen.

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