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CC0 von Martina Backes via Pixabay

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Ein starkes Romandebüt von Katie Hale: „Mein Name ist Monster“

Katie Hale wurde in England als junges Lyrik-Talent bekannt. Dann erschien ihr erster Roman, den es nun auch in deutscher Übersetzung gibt: „Mein Name ist Monster“ ist ein zärtliches wie verstörendes dystopisches Buch über das Leben nach der Apokalypse, erzählt von zwei jungen Frauen, die sich als letzte Überlebende in Großbritannien wähnen.

Von Eva Umbauer

Katie Hale bewarb sich vor drei Jahren beim renommierten Random House Penguin Verlag in England für ein Mentorenprogramm. Als sie genommen wurde, begann sie „My Name Is Monster“ zu schreiben. Der Roman erschien dann letztes Jahr in Großbritannien, also noch lange vor der gegenwärtigen Corona-Krise. Diese gibt der Erzählung zweier Frauen, die eine Art Krieg und eine Pandemie überleben, aber jetzt noch größere Intensität.

„Ich suche mit zusammengekniffenen Augen die Straße ab, aber Monster ist nicht da. Es wird dunkel. Ich bedecke die Glut mit Asche und gehe ins Bett. Stundenlang liege ich wach, lausche auf das leise Plätschern des Baches, das Rascheln und Rufen der Nachttiere.“

Katie Hale lebt am Land in Cumbria, einer Gegend in Nordwestengland, wo der Wind gerne pfeift und nachts das Käuzchen mit seinem Schrei urbanen Menschen schon einmal Angst einjagen kann. Katie macht in lokalen Schulen Workshops für kreatives Schreiben. Lyrik, Kurzgeschichten, Romane. Alle drei Stile finden sich dann auch in ihrem faszinierenden Debutroman „Mein Name ist Monster“ wieder.

„I’m originally a poet, so I approached writing fiction with poetry in mind, which perhaps explains the focus on language in the novel.“

Wer ist Monster?

Es gibt zwei Frauen namens Monster in diesem starken Romandebüt von Katie Hale. Zuerst eine Frau, Ende zwanzig, die von ihrem Vater liebevoll Monster genannt wurde. Sie fühlt sich immer schon isoliert und möchte auch alleine sein.

Buchcover von Katie Hales "Mein Name ist Monster"

S. Fischer Verlag

„Mein Name ist Monster“ von Katie Hale ist - übersetzt von Eva Kemper - im S.Fischer Verlag erschienen.

Auf Spitzbergen in der Arktis arbeitet Monster in einem Saatguttresor. Diesen gibt es tatsächlich. Monster überlebt dort die Apokalypse und kehrt schließlich in das menschenleere Großbritannien zurück, ihr kleines Boot wird in Schottland am Strand angespült und Monster macht sich auf Richtung Süden, um ihr Elternhaus zu suchen.

Die Eltern sind tot, das ist für Monster also kein Elternhaus mehr. Auf einer verlassenenen Farm lässt sie sich schließlich nieder. In der menschenleeren Stadt, wo sie hingeht, um Dinge zu finden, trifft sie auf ein Mädchen, ein verwahrlostes Kind. Monster nimmt es mit auf die Farm und übernimmt die Mutterrolle. Monster ist ab jetzt „Mother“ und nennt nun das Mädchen Monster.

„Ich habe beschlossen, sie Monster zu nennen. Sie soll eine Kämpferin werden, sie soll überleben, und so wird mein Name mit ihr überleben. (...) Ich werde ihre Mutter sein und sie mein Monster.“

Es passiert nicht viel auf der Farm. Die Natur, die Jahreszeiten, die Einsamkeit. Dennoch kommt man beim Lesen nicht mehr los aus der Welt der beiden Frauen und ihrem Überleben. „Mein Name ist Monster“ ist schließlich kein depressives Buch, sondern ein gewissermaßen hoffnungsvolles.

Nur Überleben, oder neu beginnen?

Im ersten Teil von „Mein Name ist Monster“ steht Monster, die zu „Mother“ wird, im Vordergrund, im zweiten Teil dann ihr praktisch adoptiertes Kind, das sie, wie gesagt, ebenfalls Monster nennt. Es geht nun bei Katie Hale um mehr als das Überleben.

„Sechs Tage lang spricht Mutter nicht mit mir und sieht mich nicht an. Ich zähle sie mit der Strichliste, mit der ich sonst die Zeit zwischen meinen Blutungen zähle. Die letzte ist einundsechzig Tage her.“

„Mein Name ist Monster“ erzählt auch von einer Mutter-Tochter-Beziehung. Und es geht um die Frage, wie können einzig zwei überlebende Frauen, die Menschheit weiter erhalten oder von neuem beginnen.

Schließlich finden sie eine noch funktionierende Klinik - für eine künstliche Befruchtung. Das mag alles nun ein wenig weit hergeholt sein, vom Ausgangspunkt des Romans gar zu weit entfernt, aber Katie Hale verharrt bei „Mein Name ist Monster“ eben nicht in der Apokalypse.

Parallelen zu anderen Romanen

Manchmal erinnert „Mein Name ist Monster“ an „The Road“ vom großen US-amerikanischen Schriftsteller Cormac McCarthy. Der Bezug zum Wort „Monster“ kommt vom großen Gothic-Novel „Frankenstein“ von der britischen Schriftstellerin Mary Shelley aus dem Jahr 1818.

Es gibt noch weitere Bezüge zu Romanklassikern, etwa „Herr der Fliegen“ von William Golding aus dem Jahr 1954 bis zu „Robinson Crusoe“ - mit dem Stranden auf einer unbewohnten Insel und der Beziehung zwischen zwei Menschen, die dort einander begegnen.

Feministischer Roman

„Mein Name ist Monster“ ist auch ein feministischer Roman. Er ist atmosphärisch, lebhaft, ergreifend, überwältigend, komplex, tough, sensibel, voller stiller Intensität, mit dunklen, ja, verstörenden Momenten, aber auch mit wunderschönen. Es handelt sich um eine Art modernes Märchen, aus einem Albtraum entsprungen - die Düsternis einer ruinierten Welt und ihre Folgen.

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