„Zombi Child“: Kolonialismus ist der reale Horror
Von Natalie Brunner
Der Film „Zombi Child“ pendelt zwischen dem Haiti der 1960er Jahre und einem französischen Elite-Mädcheninternat in der Gegenwart. Ritual und Rache im gesellschaftsprägenden haitianischen Voodoo und Rassen- und Klassenhierarchien im heutigen Frankreich, diese unterschiedlichen Machtsysteme werden in dem Film gegeneinandermontiert.
Clairvius Narcisse wurde 1962 in Haiti vergiftet, sprich, „zombisiert“. Der Fall wurde von dem Anthropologen Wade Davis dokumentiert und diente Wes Craven 1988 als Vorlage für seinen Horrorfilm „The Serpent and the Rainbow“. Die Geschichte, die „Zombi Child“-Regisseur Bertrand Bonello ausgehend vom Schicksal von Clairvius Narcisse mit seinem neuen Film erzählt, ist eine andere.

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Die Handlung beginnt 1962 in Haiti. In einem dunklen Raum zerstückelt ein Mann einen toten Kugelfisch. Er stellt daraus ein Pulver her, das er auf die Sohlen von ein Paar Schuhen streut. Diese Schuhe setzen Clairvius Narcisse außer Gefecht; er stirbt, vermeintlich, wird begraben und als versklavter Zombie wiederbelebt, um ihn auf einem Feld mit anderen Zombies Zuckerrohr schneiden zu lassen.
In der Gegenwart besucht seine fiktive Enkelin Mélissa, einzige Überlebende ihrer Familie nach dem Erdbeben von 2010, ein Internat, das für weibliche Sprösslinge von Träger*innen des Ordens der französischen Ehrenlegion vorbehalten ist. Als ihre Mitschülerinnen von Melissas Geschichte erfahren, setzten sie, unfähig ihr White privilege zu reflektieren, eine Katastrophe in Gang.

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„Zombi Child“ ist ein Film, der einen nicht wegen der Schockelemente, sondern wegen seiner Darstellung der historischen Grausamkeit der europäischen Kolonialgeschichte und der bis heute tödlichen Konsequenzen lange begleiten wird.
Publiziert am 01.07.2020