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Asylverfahren für queere Geflüchtete sollen besser werden

Ein Entschließungsantrag der Regierungskoalition soll die Situation von LGBTIQ-Asylsuchenden verbessern.

Von Ali Cem Deniz

Die Anzahl der Asylanträge sinkt derzeit stark. Geschlossene Grenzen und die Coronavirus-Pandemie machen es für viele Asylsuchende unmöglich, Österreich zu erreichen. Die Situation von queeren Geflüchteten, die bereits in Österreich angekommen sind, könnte jetzt etwas besser werden. Ein Entschließungsantrag der Regierungskoalition, der kommende Woche den Innenausschuss passieren soll, verspricht bessere Asylverfahren.

Schulungen und Trainings

Vor zwei Jahren wurde der Fall eines jungen Afghanen öffentlich, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, weil ein Referent des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl an seiner Homosexualität zweifelte. „Weder Ihr Gang, Ihr Gehabe oder Ihre Bekleidung haben auch nur annähernd darauf hingedeutet, dass Sie homosexuell sein könnten“, hieß es damals in der Begründung, die eine Debatte über Asylverfahren ausgelöst hatte.

„Es gibt keine einfache Checkliste“, sagt Marty Huber von Queer Base. Der Verein ist eine Anlaufstelle für LGBTIQ-Asylsuchende. Der Entschließungsantrag sieht regelmäßige und gezielte Schulungen für Mitarbeiter*innen im Asylwesen vor. So sollen Vorurteile und eindimensionale Bilder von Homo-, Bi, Trans- oder Intersexualität abgebaut werden. Referent*innen sollen in Interviews vulnerable Asylwerber*innen erkennen und eine sensible Sprache verwenden. Die sexuelle Orientierung oder Identität, die als Asylgrund gelten kann, soll nicht nach oberflächlichen Kriterien bewertet werden.

Sensible Sprache

Da Sprache eine zentrale Rolle im Asylverfahren spielt, haben Dolmetscher*innen eine besonders wichtige Funktion. Ihre Übersetzungen können entscheidend sein, aber viele queere Geflüchtete fürchten sich vor Dolmetscher*innen aus ihren Herkunftsländern, sagt Marty Huber, „weil im Bereich der Polizei da oft Sprachkundige eingesetzt wurden, die wenig oder kaum Ausbildung haben“. Es gehe dabei nicht nur um korrekte Übersetzungen, sondern auch um eine sensible Sprache. Wenn Dolmetscher*innen abwertende Begriffe verwenden, hätten Geflüchtete das Gefühl, dass ihre Geschichte geringgeschätzt wird. Deshalb sollen auch Dolmetscher*innen geschult werden.

Die Unterbringung

Der vielleicht wichtigste Punkt des Entschließungsantrags ist für Marty Huber die Berücksichtigung der Vulnerabilität bei der Unterbringung. In Unterkünften und Massenquartieren halten LGBTIQ-Geflüchtete ihre sexuelle Orientierung häufig geheim, aus Angst vor Übergriffen. Doch Asylverfahren sind lang, Geflüchtete müssen manchmal jahrelang in großen Unterkünften leben. Wenn sie ihre Sexualität nicht ausleben können, kann das beim Antrag auf Asyl hinderlich sein.

Wenn in ihrem Umfeld ihre Sexualität tabuisiert wird, sei es schwieriger darüber zu reden, meint Marty Huber. Deswegen sollten LGBTIQ-Asylsuchende in Unterkünften leben, wo sie Kontakt zur queeren Community haben.
Die Queer Base bietet in Zusammenarbeit mit der Diakonie seit 2016 Wohnplätze für queere Aslywerber*innen an. Etwa 50 schwule, lesbische und transsexuelle Geflüchtete leben in kleinen Wohngemeinschaften der Lares*Homebase. Doch derartige Unterbringungen werden immer schwieriger.

Schärfere Gesetze

Während der Entschließungsantrag spürbare Verbesserungen für LGBTIQ-Geflüchtete verspricht, werden die Asylgesetze seit Jahren verschärft. Geflüchtete haben kaum oder gar keinen Einfluss, wo sie bis zum Abschluss des Asylverfahrens leben können. So landen sie oft in Regionen und Einrichtungen, wo es keinen Zugang zur queeren Community gibt. Sie können sich nicht informieren und erhalten nicht ausreichend Unterstützung. In Asylschnellverfahren ist es für Geflüchtete schwieriger, ihre Geschichte zu erzählen.

Außerdem übernimmt ab dem kommenden Jahr die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen die Rechtsberatung von Asylwerber*innen. Die Regierung lässt Verträge mit NGOs wie Caritas oder Diakonie, die bisher Rechtsberatung angeboten haben, auslaufen.

Alle Verschärfungen treffen auch LGBITQ-Geflüchtete, deswegen sagt Marty Huber über den Entschließungsantrag: „Das ist eine massive Verbesserung, aber wenn es auf dem größeren Bildschirm nicht auch ein klares Bekenntnis zum Recht auf Asylantragsstellung gibt, dann ist natürlich alles irgendwie relativ.“

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