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Auf „Feel Feelings“ stellt sich Soko allen Emotionen

Für die Musik lebt die französische Künstlerin Soko eineinhalb Jahre ohne romantische Beziehungen und steckt ihre ganze Liebe in ein Album. Auf „Feel Feelings“ sind alle Gefühle willkommen, genauso wie Gay-Pride-Hymnen und wattige Laid-Back-Vibes.

von Michaela Pichler

Nach fünf Jahren Release-Pause ist die französische Künstlerin Stéphanie Sokolinski alias Soko mit neuer Musik zurück. Mittlerweile lebt die queere Schauspielerin und Musikerin schon lange in Los Angeles, wo auch ihr neues Album entstanden ist: „Feel Feelings“ heißt Sokos dritte Platte, die sich nach dem Albumdebüt „I thought I was an Alien“ (2012) und „My Dreams Dictate My Reality“ in die Soko-Diskografie einreiht.

Reise zu sich selbst

Bevor es aber an die Studioarbeiten geht, erlebt Soko eine einschneidende Katharsis. Die Künstlerin begibt sich in Los Angeles in ein Mental-Health-Retreat, um sich ihren Verhaltensmustern und aufgestauten Emotionen zu stellen. Keine Zigaretten, kein Alkohol, kein Sex und vor allem keine Beziehungen. Die Crash-Therapie bringt Soko zum Umdenken. Sie braucht keine Beziehungsdramen, sie kann Bestätigung und Wertschätzung auch in sich selbst finden oder noch viel besser, in ihrer Musik. Denn das sei ihr „wahrstes Ich“, wie sie im Interview erzählt:

„Ich habe damals begriffen: Ich brauche keine Beziehung, bis ich mit dieser Platte fertig bin. Denn das ist meine wahre Liebe!“

Soko

Soko / beats international

Das dritte Album von Soko „Feel Feelings“ ist am 10. Juli via Babycat Records erschienen.

Eineinhalb Jahre geht Soko keine romantischen Beziehungen mehr ein und steckt ihre ganze Liebe in die Musik. „Ich habe mich immer schon dafür interessiert, mein Ich besser kennenzulernen. Deshalb liebe ich Therapie und Meditation, alles, was mit introspektiver Arbeit zu tun hat.“ Selbsterkenntnis also. Liest man sich Sokos neue Texte durch, paart sich diese Akzeptanz auch mit einem wachsenden Selbstbewusstsein und einer Wertschätzung sich selbst gegenüber. „You don’t need to save me, baby / I can save myself myself“ heißt es daher in den Texten.

Die innere Ruhe macht sich auch im Sound bemerkbar: So entspannt hat Soko noch nie geklungen. Beispielhaft wirkt das auf der sich langsam aufbauenden Nummer „Time Waits For No One“: Die Gitarren verschwimmen in fast schon psychedelischen Teppichen, gewebt mit ganz viel Delay. Die Synthesizer glitzern zu Sokos persönlichen Songzeilen über Selbstakzeptanz und ungesunde Beziehungen. Klanglich bewegt sich Soko damit in Gefilde, die in Richtung smoothen Neo-Folk á la Devendra Banhart gehen. Kein aufgekratzter Post-Punk mehr, der sich auf den früheren Werken noch eingeschlichen hat.

Alle Gefühle sind immer willkommen

Für „Feel Feelings“ verbringt Soko viel Zeit im Studio in Los Angeles und New York mit Patrick Wimberly als Produzenten, der auch schon mit Beyonce, Solange, MGMT oder Blood Orange gearbeitet hat. Aber auch Freund*innen besuchen Soko beim Einspielen der Songs, mit MGMT-Mitglied James Richardson entsteht zum Beispiel der Titel „Let Me Adore You“ - der schwierigste Song im Albumprozess, wie Soko gesteht: „Lustigerweise war das der erste Song, den ich für das Album geschrieben habe. Mit ganz vielen Gitarren und Reverb, es hat geklungen, als wäre man unter Wasser. Aber es hat einfach nicht funktioniert.“

Soko streicht den Song wieder ganz von der Liste, bis James Richardson sie in letzter Minute noch einmal ermuntert, ihn neu aufzunehmen. Das nautische Gefühl ist geblieben, alles schwebt irgendwo in der Sound-Tiefsee.

Zwischen der verträumten Laid-Back-Atmosphäre des Sounds ist das Motto am Album für Soko aber glasklar. „Die Intention hinter dem Albumtitel war auf jeden Fall, mich selbst daran zu erinnern, dass alle Gefühle immer willkommen sind. Und auch gerade jetzt, wo ich Mutter geworden bin, betrifft das auch mein Kind. Es soll sich niemals für seine natürlichen Gefühle schämen oder schuldig fühlen.“ Genau deshalb verarbeitet Soko am Album auch vermeintlich „schlechte“ Gefühle wie Trauer oder Wut. Die Wahl-Kalifornierin kritisiert in ihren Songs dabei auch unsere zwangspositive Gesellschaft - wie bereits der Song-Titel „Being Sad is not a Crime“, impliziert.

„The gayest song I ever wrote“

Die Gefühlspalette auf „Feel Feelings“ ist bunt wie ein Regenbogen. Und darum geht es auch in Sokos queerer Pride-Hymne „Oh To Be a Rainbow!“. Die Songwriterin kündigt den Titel auf ihren Social-Media-Kanälen als „gayest song I ever wrote“ an.

Im Interview erzählt Soko von ihrem Zuhause in Los Angeles, das sie „Rainbow House“ nennt, genauso wie ihr W-LAN. Der Regenbogen spielt für Soko dabei nicht nur als LGBTQIA+- Symbol eine wichtige Rolle. Für sie verkörpert der Regenbogen die guten wie die schlechten Seiten des Lebens, die Magie, die Sonne und den Regen in seinem Leben Raum zu geben: „In unserer Gesellschaft sind wir so fokussiert darauf, immer zu lächeln, Filter rauf und Hauptsache gut aussehen. Aber ohne Regen und ohne negative Gefühle fehlt die Balance! Ohne die gibt es keine Magie und keinen Regenbogen.“

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