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Erich Moechel

Neue US-Sanktionen als schwerer Schlag gegen Huawei

Neue US-Exportkontrollen, die in diesen Wochen schlagend werden, schneiden Huawei de facto von den neuesten Entwicklungen im Halbleiterbereich ab. Übersetzt: Keine schnellen 5G-Chips mehr für Huawei.

Von Erich Moechel

Die Entscheidung Großbritanniens, Technik von Huawei aus den Mobilfunknetzen zu verbannen, hat nichts mit dem Spionageverdacht zu tun, den die USA über den chinesischen Konzern verbreiten. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet baut sich gerade ein Szenario auf, das an den Kalten Krieg erinnert. Die USA sind dabei, China durch Exportkontrollen von den neuesten Entwicklungen im Halbleiterbereich dauerhaft abzuschneiden.

In den nächsten Wochen tritt eine Verordnung des US-Handelsministeriums zu Exportkontrollen für Halbleiterprodukte in Kraft, die Huawei schwer treffen wird. Davon ist der Experte für die Halbleitersparte Jan-Peter Kleinhans überzeugt: „Die Zukunft Huaweis hängt nicht vom Vertrauen in die Sicherheit seiner Produkte ab, sondern ob Huawei in Zukunft überhaupt konkurrenzfähige Produkte hat.“ Die USA kontrollieren nämlich zwei Schlüsseltechnologien, ohne die Hochleistungschips nirgendwo produziert werden können.

Wafer

TSMC

Ein sogenannter Acht-Zoll Wafer, der Grundstoff aus Silizium in einer Fertigungsstätte der Taiwan Semiconductor Manufacturing Coporation.

Im August 2019 hatte das britische GCHQ noch vor einem Totalboykott von Huawei gewarnt. Wenn nur mehr zwei Zulieferer übrig seien, sei das ein deutlich höheres Sicherheitsrisiko als der Quellcode von Huawei.

Die neuen Exportkontrollen im Detail

Diese zweite Regulierung ergänzt die erste, die unter anderem dazu geführt hat, dass auf den neueren Smartphones von Huawei keine Services von Google und anderen US-Firmen mehr laufen dürfen. Auch die Verbindung zum App-Store von Google wurde gekappt, damit sind die Besitzer dieser Geräte auf den eher kümmerlich bestückten App-Store von Huawei angewiesen.

Am 14. Juli ist die Begutachtungsfrist für die geplanten Änderungen einer Verordnung abgelaufen, die aus dem „Export Control Reform Act“ (ECRA) von 2018 abgeleitet ist.

Sie dient dazu, „neue Exportkontrollen über im Ausland produzierte Güter zu verhängen, wenn bekannt ist, dass solche Güter für eine Entität bestimmt sind, die gelistet ist“, heißt es nun in der Neufassung. Im Anhang sind neben der Zentrale Huaweis auch fünf Dutzend Tochterfirmen des Konzerns aufgelistet. Die Verordnung wird schlagend, wenn in die Produktion bestimmter Güter auch Technologien oder Materialien aus den USA einfließen, heißt es im Text. Und das ist in der Halbleiterlieferkette bereits ganz zu Beginn der Fall.

Screenshot US-Handelsministerium

- public domain -

Ausschnitt aus der neuen Verordnung des US-Handelsministeriums mit dem einigermaßen undurchschaubaren Titel „Export Administration Regulations: Amendments to General Prohibition Three (Foreign-Produced Direct Product Rule) and the Entity List“. Im Text dieser Verordnung geht es ausschließlich um Huawei.

Im Juli 2019 ging eine drakonische „Lex Huawei“ durch den US-Senat und schufen damit die Basis für die neuesten Sanktionen.

Software für Chip-Design als Schlüssel

Die Schlüsseltechnologie dazu nennt sich Electronic Design Automation (EDA), das ist Software mit der die Schaltkreise für Chips entworfen werden. Der EDA-Markt ist derzeit etwa 10 Milliarden Dollar schwer, Tendenz stark wachsend . „Wer immer Hochleistungschips auf den Markt bringen will - und das sind alle Prozessoren für Mobilgeräte - kommt an den großen Drei der EDA-Branche nicht vorbei“, so Kleinhans weiter. Ohne die Software von Cadence Design Systems, Synopsis und Mentor Graphics - diese Firmennamen sind eher nur Insidern der Branche geläufig - geht beim Design anspruchsvoller Prozessoren also nichts.

Alle drei Firmen stammen aber aus den USA. Wenn also Huawei beim taiwanesischen Auftragsfertiger TSMC die Produktion eines Kontingents von neuen Prozessoren mit bestimmten Eigenschaften in Auftrag geben will, muss TSMC nach dem Inkrafttreten der neuen Exportkontrollen erst beim US-Handelsministerium um eine Genehmigung ersuchen. Für die Produktion braucht es natürlich ein Chip-Design und die Software kommt eben aus den USA.

Mikrochips Größenentwicklung

Wikichip

Diese Grafik von Wikichip zeigt die Dichte der Nodes (= Gates = Transistoren) in 7- bzw 10 Nanometertechnik. Gerechnet wird in Millionen Transistoren pro Quadratmilliter Silizium. Wie man sieht, heißen die Top Drei in der Oberliga der Chip-Fertiger Intel, TSMC und Samsung Semiconductors. Die von Anfang 2019 stammende Grafik ist bereits veraltetet.

Das Rennen um die Nanometer

Das Paradoxon dabei: Auch Ericsson und Nokia entwickeln ihre Cloud- und 5G-Technologien großteils in China. Mit Huawei sind das alle drei weltweit führenden Anbieter von 5G-Technologien.

TSMC führt mit 50 Prozent Anteil am Weltmarkt bei der Auftragsfertigung fortgeschrittener Prozessoren und fertigt Chips für Halbleiterfirmen, die selbst keine Produktionsstätten unterhalten, wie etwa Qualcomm, AMD, Nvidia, Broadcom oder wie eben Huawei, das bei den neuesten Chips auf TSMC angewiesen ist. TSMC ist die einzige „Foundry“ - so heißen die Produktionsstätten für Prozessoren - die bereits über ein ausgereiftes Verfahren zur Herstellung von Chips der 5-Nanometer-Klasse verfügen. Dadurch lassen sich stattliche 171 Millionen Transistoren auf jeden Quadratmillimeter Silizium packen. Samsung ist den Taiwanesen dabei dicht auf den Fersen.

Während TSMC im Bereich 5 Nanometer gerade von der sogenannten Risikoproduktion auf Massenproduktion übergangen ist, hat die fortgeschrittenste Foundry aus China SMIC erst 2019 den Sprung von 28 auf 14 Nanometer-Chips geschafft. Der aktuelle Industriestandard für Hochleistungschips im Mobilfunkbereich liegt zwischen 10 und 7 Nm. Bei diesem Abstand finden etwa 100 Millionen Transistoren auf einem Quadratmillimeter Silizium Platz. Da TSMC am Donnerstag erneut bekräftigt hat, bei Inkrafttreten der neuen US-Sanktionen die Lieferungen an Huawei einzustellen, steht Huawei als einziger der globalen vier Entwickler von 5G-Chips plötzlich ohne Fertigungsstätte da.

Keine neuen 5G-Chips für Huawei

Dazu komme ein weiterer Flaschenhals auf dem global verflochtenen Markt, der für Huawei zum Verhängnis werden könnte, so Kleinhans weiter. Den Markt für die speziellen, lasergestützten Lithographie-Maschinen, die das Chipdesign auf die Silizum-Wafers übertragen, dominieren Firmen aus den USA, Japan und Europa. Diese Maschinen stehen in allen Foundries dieser Welt, natürlich auch bei Samsung und TSMC, die derzeit die schnellsten Chips produzieren.

Jan-Peter Kleinhans

Stiftung Neue Verantwortung

Jan-Peter Kleinhans ist Projektleiter ‚Technologie & Geopolitik’bei der Stiftung Neue Verantwortung

Von den US-Firmen abgesehen hätten diese Hersteller dann die Wahl, entweder SMIC in China oder alle anderen Foundries dieser Welt zu beliefern, man könne sich also ausrechnen wie diese Sache ausgehen werde, sagt Kleinhans. Er sieht unter diesen Umständen kaum Möglichkeiten für Huawei, mittelfristig an Chips der neuesten Generation zu kommen, denn der Schlüssel zu diesen Technologien liege nun einmal in den USA: „Das wird sich auch nach Trump nicht ändern, denn das gehört zu den ganz wenigen Themen, bei denen sich Demokraten und Republikaner absolut einig sind.“

Ausblick

Und diese rare Einigkeit besteht darin, dass die Produktion fortgeschrittener Chips teilweise in die USA zurückgeholt wird, desselbe fordern seit Jahren auch die Militärs. Wie weit diese Entwicklung bereits fortgeschritten ist, wird im zweiten Teil dieser Serie beleuchtet.

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