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Der Song zum Sonntag: JARV IS... - „Children of the Echo“

Jarvis Cocker hat eine neue Band: „Beyond the Pale“ heißt das Debütalbum von JARV IS..., „Children of the Echo“ ist das sechseinhalbminütige Finale dazu.

Von Christoph Sepin

Man möchte meinen, Jarvis Cocker ist eine coole Socke. Ein Rockstar der Quintessenz, der stets wirkt als würde er „sein eigenes Ding“ machen und popkulturellen Stereotypen oder Held*innenverehrungen entweder ausweichen oder sich eher darüber lustig machen. Sehen kann man das zum Beispiel in Florian Habichts großartiger Dokumentation Pulp: A Film About Life, Death and Supermarkets, in der einerseits Cockers Karriere im Mittelpunkt steht, andererseits seine Heimatstadt Sheffield und deren Bewohner*innen. Im Jahr 2014 war der Pulp-Musiker dafür auch auf der Viennale in Wien zu Gast und präsentierte sich damals wie erwartet: Entspannt, eloquent und klug.

Wie auch auf dem Album seines neuen Projekts: JARV IS... starteten als Band auf einem Festival von Sigur Ros in Island, eine erste Veröffentlichung gab es bereits letztes Jahr und jetzt - nach mittlerweile nicht mehr überraschenden Verschiebungen - das Debüt namens „Beyond the Pale“.

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Dass das alles im Rahmen eines Festival entstanden ist, hört man auch: Menschen, die gerne Zeit auf ebensolchen guten und liebevoll kuratieren Zusammenkünften verbringen, werden sich erinnert fühlen: Wenn es eins, zwei, vielleicht drei Uhr in der Nacht ist und man mit tausenden anderen Leuten vor der mit bunten Lichtern erhellten Bühne steht. Der Boden ist nass vom Tau, die Augen auch - von der Müdigkeit zum Beispiel.

Und in der Distanz, da steht die Musikerin, der Musiker, die Performerin, der Performer und dreht sich im Kreis und singt Textzeilen in ein Mikrofon, die man kaum verstehen kann. Aus dieser Welt, diesem Snapshot einer heuer wohl kaum stattfindenen alternativen Realität, scheint „Children of the Echo“ zu kommen, das finale Lied am neuen Release von JARV IS...

Wie eine Jamsession, wie Improvisation, vielleicht auch einfach wie Stream of Consciousness-Schreiben wirkt „Children of the Echo“. Dann ist das aber doch alles zu clever und durchdacht, um aus Zufälligkeiten entstanden zu sein. „You say I don’t communicate, I’d say it’s more of a long delay. We are all children of the echo“.

Du sagst, ich kommuniziere nicht, beginnt Jarvis Cocker seine Geschichte, aber er braucht einfach nur länger, um zu antworten, den „long delay“. Wie das eben so ist, wenn man zu den „children of the echo“ gehört. Dann wechselt er auf Metaebene: „I was born in the middle of the second verse“ singt er, natürlich passend in der Mitte der zweiten Strophe und fährt mit typischem Understatement fort: „All of my life I’ve tried to sing along, I’m not quite sure of all the words“.

Wenn sich das alles am Ende in Widerhall auflöst, ist klar: Jarvis Cocker hat uns hier eine Art Holodeck gebastelt, einen Ort zu dem alle hinkönnen, wenn sie gerade wieder einmal diese langen, sommerlichen Festivalnächte vermissen - zumindest akustisch und für sechseinhalb Minuten. Dazwischen gibts Echo, Reverb und Delay, einen Jarvis Cocker, den man sich richtig vorstellen kann, wie er zum Klang seiner eigenen Stimme über die Bühne tänzelt und jede Menge wunderbare, große Zeilen: „And sooner or later everything will remind you of something else, so repeat after me“.

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