FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Screenshot aus dem Videospiel "Paper Mario: The Origami King"

Nintendo / Intelligent Systems

game

„Paper Mario: The Origami King“ ist ebenso charmant wie überladen

Circa alle fünf Jahre gibt es ein neues „Paper Mario“, wo sich der legendäre Videospiel-Installateur etwas anders spielt als in seinen bekannten Jump’n’Runs. „The Origami King“ bietet ein Füllhorn an bunten Welten und lustigen Dialogen, bleibt aber dennoch hinter den Erwartungen zurück.

Von Robert Glashüttner

Viele von euch werden dieses Gefühl kennen: Ihr freut euch auf ein neues Computerspiel, werft es an, und kommt dann drauf, dass hier einfach alles zu lange dauert. Das Tutorial zieht sich über zwei Stunden, man kämpft sich durch unzählige kleine Zwischensequenzen und Dialoge und muss unentwegt Menüs und Untermenüs auf- und zuklappen, um banale Tätigkeiten zu verrichten.

Je älter ich werde, desto mehr ärgern mich diese Spieldesignentscheidungen, bei denen sich die Frage stellt, ob sich die Entwickler- und Vertriebsfirmen dahinter auf eine seltsame Tradition älterer, ähnlicher Spiele berufen oder einfach die Spielzeit (für viele immer noch ein fragwürdiges Qualitätskriterium) künstlich in die Länge ziehen wollen.

Ein langes Abenteuer

Der aktuelle Nintendo-Blockbuster „Paper Mario: The Origami King“ ist, trotz fantastischer und amüsanter Präsentation, genau so ein langatmiges Spiel. Das ist umso ärgerlicher, weil das Game - anders als seine Vorgänger - weniger ein Rollen- bzw. Puzzlespiel, sondern mehr ein weitgehend linear ablaufendes Adventure ist, das man eigentlich bis zum Schluss sehen wollen würde - wofür man sich aber zumindest 30 Stunden Zeit freiräumen müsste. Das Herz von „Origami King“ sind die amüsanten Figuren - zweidimensional oder als Origami gefaltet - und ihre Dialoge, ebenso wie die bunten, entzückend aus „Papier“ gestalteten virtuellen Spielwelten.

Das vorliegende Grundproblem kann in den Worten Sammeltrieb und Wiederholung zusammengefasst werden. Alles in „Paper Mario: The Origami King“ soll von uns gesammelt und vervollständigt werden: Wir sollen alle schwarzen Löcher in der Welt mit Konfetti stopfen (bei den ersten zehn Malen lustig, dann langweilig), sollen alle zusammengeknüllten Toads (die gutmütigen Schwammerlwesen) befreien, sollen durchnummerierte Trophäen finden und natürlich ständig Münzen aufklauben. Das fühlt sich zwar grundsätzlich alles gut und sehr nett an, wird aber schnell zu einer lästigen Routinearbeit.

Screenshot aus dem Videospiel "Paper Mario: The Origami King"

Nintendo / Intelligent Systems

Kämpfe auf Kreisen

„Paper Mario“ ist eine Unterserie im Mario-Universum und zeichnet sich durch mehr Dialoge, Rollenspielelemente und rundenbasierte Kämpfe aus. Die Serie hat im Jahr 2000 debütiert, das verantwortliche japanische Entwicklerstudio dahinter ist die seit Jahrzehnten für Nintendo arbeitete Firma Intelligent Systems.

Die Wiederholungen äußern sich weniger in den Charakteren, Spielwelten und Dialogen (diese sind abwechslungsreich gestaltet, wie in einem Adventure eben), als mehr in den umständlich zu bedienenden, rundenbasierten Kämpfen, denen wir immer wieder ausgesetzt sind. Treffen wir auf ein uns feindlich gesinntes Wesen, wird in den Kampfmodus geschaltet, wo auf vier Kreisen und mehreren Feldern die Gegner so platziert werden müssen, damit sie Mario anschließend möglichst effektiv bekämpfen kann. Weil diese Arenen von schräg oben angezeigt werden und die Kamera in diesem Spiel generell nie bewegt werden kann, steuert sich dieser Spielmodus mitunter sperrig und unübersichtlich. Hinzu kommt ein ständig herunterlaufender Timer und ein schnell drohendes Game Over, wenn man in einem schwierigeren Kampf mal eine Runde verpasst oder versemmelt.

Vor und zurück

Ein bisschen abwechslungsreicher, auf Dauer aber ebenfalls nervig, gestaltet sich das viele Herumlaufen durch die unterschiedlichen Areale der Spielwelt. Weil „Paper Mario: The Origami King“ ein Hybrid aus Geschicklichkeit, Puzzle, Rollenspiel und Adventure ist, sind viele Rätselaufgaben so angelegt, dass wir bereits besuchte Ort später wieder aufsuchen müssen, oder von Punkt A nach Punkt B nach Punkt C reisen müssen, um bestimmte Missionen abschließen zu können. Das ist in vielen Games durchaus erprobte Praxis, in diesem Fall ist es hinsichtlich der ohnehin schon fortgeschrittenen Langatmigkeit des Spieles jedoch ein zusätzliches Ärgernis.

Perfekt als das erste große Game für Kinder

Obwohl das neue „Paper Mario“ definitiv kein Spiel ist, das speziell auf Kinder zugeschnitten ist (an diesen gehen etwa die meisten der vielen witzigen Sprachspielereien und Anspielungen verloren), gehöre ich als schon eine Weile Erwachsener wohl dennoch nicht der Hauptzielgruppe an. „The Origami King“ ist aller Wahrscheinlichkeit nach ideal für ein Kind ab circa sechs Jahre, das neugierig und aufgeregt in sein erstes, großes Computerspiel reinkippt, in dem es sehr viel zu entdecken gibt, das aber weder inhaltlich noch spielerisch überfordernd ist. Der Schwierigkeitsgrad ändert sich über den Lauf des Spieles hinweg kaum, dennoch gibt es - ganz nach bewährter Nintendo-Tradition - an jedem Ort in diesem Game viele kleine Nettigkeiten zu entdecken.

Screenshot aus dem Videospiel "Paper Mario: The Origami King"

Nintendo / Intelligent Systems

Würden die seltsamen Kämpfe in den Arenen in das ansonsten sehr entspannt zu spielende Game nicht auch Frust reinbringen, wäre es ebenso für Gelegenheitsspieler*innen jeden Alters empfehlenswert. Zwar technisch und künstlerisch perfekt in Szene gesetzt, ist „Paper Mario: The Origami King“ somit leider ein nur durchschnittlich guter Mischmasch geworden, der vieles sein wollte, aber nichts so richtig geworden ist. Das Ergebnis ist ein überladenes Spiel, das auch mit der besten Produktionsqualität und viel inhaltlichem Charme der aufkeimenden Langeweile nicht Einhalt gebieten kann.

mehr Game:

Aktuell: