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Ein Mädchen steht an einem Badeteich, Filmszene aus "Siebzehn"

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„Siebzehn“: Teenage Kicks in Lanzenkirchen

Monja Arts Spielfilmdebüt „Siebzehn“ von 2017 entzückt, weil es so unmittelbar von Sommertagen am Land erzählt, wie sie Tocotronic in „Drüben auf dem Hügel“ immer wieder in Erinnerung bringen.

Von Maria Motter

Nicht die Hollywood Hills, kein Roadtrip durch Kalifornen und auch nicht „The Beach“ in Thailand liegen vor Paula, sondern ein Schotterteich in Niederösterreich. Monja Arts mehrfach ausgezeichneter, erster Langspielfilm „Siebzehn“ ist eine Liebesgeschichte im Dorf und ein flirrender Sommer in Österreich, in dem sich alles darum dreht, wer sich im entscheidenden Moment traut und sich noch einmal nach einem umdreht. Am Gang im Internat, wenn einer aus Herzschmerz alle Tabletten auf einmal schluckt, und nach dem Französischwettbewerb in Wien. Wie die Dynamiken der Beziehungen hier ausgespielt werden, ist großes Kino.

FM4 Sun Screen, die schönsten Sommerfilme

Im Dreh- und Angelpunkt steht Paula, gespielt von der Grazerin Elisabeth Wabitsch, die hier in ihrer ersten Kinohauptrolle überzeugt. Während Coming-of-Age-Filme bevorzugt die Geschichte eines Coming-outs erzählen und die Tristesse des Aufwachsens in der Provinz mit Landschaftstotalen spiegeln, ist „Siebzehn“ von Anfang an weiter und im 21. Jahrhundert verankert, was die Frauencharaktere betrifft. Dass Paula lesbisch ist, wissen alle Mädchen in der Schule, nur zu allen Burschen ist das noch nicht durchgedrungen.

Elisabeth Wabitsch, Martina Poel und Christopher Schärf fahren in einem Auto durch Felder, eine Filmszene aus "Siebzehn".

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Noch ist Juli, noch sind alle da

„Siebzehn“ spielt kurz vor den letzten großen Ferien, nach denen alles anders sein wird - auch das ist den Teenager*innen klar. Aber noch ist Juli, noch sind alle da. Es gibt einen unsicheren Französischlehrer, Paulas egoistische Schwester und einen Vater, mit dem etwas ist. Die Abwesenheit der Mutter wird in einem Detail geklärt, bei der Eckbank in der Küche steht ein gerahmtes Porträt. Paula, eine beste Freundin und ein bester Freund sind ein Dreiergespann in der letzten Reihe des Schulbusses. Charlotte hingegen fährt mit ihrem festen Freund im Auto mit. In der Klasse schaut Charlotte fast immerzu zu Paula.

An der Bushaltestelle inmitten von der Sonne verbrannter Felder fasst sich einer ein Herz. Wer im September nach Wien ziehen wird, ist ein offenes Geheimnis. Grillen zirpen, Flip-Flop-Füße marschieren über staubige Feldwege. Schon in den ersten Minuten taucht Paula unter. Ein Köpfler für Klarheit.

Zwei junge Frauen tanzen, Filmszene aus "Siebzehn".

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„Sensibel und entschlossen inszeniert, erzählt dieser wunderbare Film von der ersten oder auch der zweiten Liebe, tiefen Sehnsüchten, der inneren Unsicherheit und der Suche nach der eigenen Identität“, schwärmte die Jury beim Festival Max-Ophüls-Preis 2017 und zeichnete „Siebzehn“ als besten Film aus. Dazu gab es beim Festival in Saarbrücken für Elisabeth Wabitsch den Preis als beste Nachwuchsdarstellerin. Und spiel’ mal eine derart glaubwürdig die Jahrgangs-Bitch wie Alexandra Schmidt. Mit ihr betritt die Unberechenbarkeit jeden Raum. Ein Fuß schlenkert kurz, als die Klassen-Bitch und Paula auf einem Internatsbett sitzen.

Monja Art hat 500 (!) Jugendliche für „Siebzehn“ gecastet und dafür eine der meist gelesenen Geschichten aller Zeiten von der New York Times verwendet: „To fall in love with anyone, do this“ basiert auf einem Experiment des Psychologen Arthur Aron und listet 36 Fragen auf, die einander noch Fremde stellen sollen, um sich zu verlieben. Zum Beispiel: Möchtest du berühmt werden? Und was ist deine schlimmste Erinnerung?

„Siebzehn“ erzählt vom Da-Sein in einem Sommermonat, mit Bilderbuch, Wanda und Clara Luzia im Soundtrack und mit Perspektiven für junge Frauen, mit Zuschreibungen von außen einfach Schluss zu machen.

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