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Valentin Ammon

Wird die deutsche Folk-Rock-Band Provinz das next big thing?

Sie haben als Straßenmusiker angefangen und machen seit 2018 professionell Musik. Ist das Debütalbum „Wir bauten uns Amerika“ der Band Provinz ihre Chance auf den großen Durchbruch?

Von Alica Ouschan

Provinz Band

Warner Music Germany

Wir bauten uns Amerika ist am 17. Juli bei Warner Music Germany erschienen.

Sie kommen nicht aus Köln oder Berlin wie die meisten erfolgreichen deutschen Bands, sondern aus einem kleinen Ort in der Nähe von Ravensburg - deshalb auch der Name Provinz. Seitdem sie sich entschlossen haben, einen professionellen Weg einzuschlagen, flogen ihnen die kleinen Erfolge zu wie kaum einer anderen Band: Festivals, Support-Gigs, eine EP und schließlich das Debütalbum - alles innerhalb von zwei Jahren.

„Wir bauten uns Amerika“ ist eine Platte voller Herzschmerz, Sehnsucht, Hoffnung und Depression. Die Themen, die einen ebenso beschäftigen, wenn man Anfang zwanzig ist und aus der Provinz kommt. Darauf gibt’s einige, bereits veröffentlichte Singles, gepaart mit neuen Songs. Die Musik von Provinz lässt sich am besten als ein abwechslungsreicher Mix aus tanzbaren Gitarren-Pop-Nummern, fetzigem Folk-Rock und typischen Indie-Sad-Songs beschreiben - ein bisschen so wie Mumford and Sons, die zu viel Rotwein trinken und ständig rauchen, auf Deutsch.

Durchtanzte Nächte und gejagte Träume

Die Mischung aus banalen und gleichzeitig bedeutungsschwangeren Texten voller Melancholie bringen das Gefühlschaos der Adoleszenz auf den Punkt und treffen genau den Nerv einer hoffnungsvollen und gleichzeitig kaputten Jugend. Nächte werden durchgetanzt und die ganz großen Träume gejagt, von ihrer Ausgangsposition aus wirkt die Band Provinz beinahe ein bisschen größenwahnsinnig, was man ihr aber angesichts ihrer jugendlichen Naivität durchaus zugestehen kann.

Ein wesentliches Puzzleteil im immer größer werdenden Hype um Provinz ist mit Sicherheit die außergewöhnliche Stimme von Sänger und Songschreiber Vincent. Der ist erst einundzwanzig und klingt jetzt schon so wie eine Mischung aus Henning May und Faber, nur etwas jünger und nicht ganz so verraucht und reibeisig. Seine Stimme spiegelt mit den gejaulten, sehnsuchtserfüllten Zeilen in Songs wie „Wenn die Party vorbei ist“ oder „Ich baute dir Amerika“ dafür so viel Schmerz und Tristesse wieder, dass es ihn bei manchen Passagen fast zu zerreißen scheint. Gleichzeitig kann Vincent genau so hoffnungsvoll und lebendig wie trostlos und verzweifelt klingen.

Provinz kann nämlich nicht nur traurige Songs, sondern auch happy Tanzmusik schreiben. Die beiden Singles „Diego Maradona“ und „Tanz für mich“ wurden beide jeweils an einem Nachmittag geschrieben und sind zweifellos die radiotauglichsten Songs der Platte. Hits auf Knopfdruck schreiben zu können und das Repertoire der sad songs um einige fetzige Live-Knaller zu erweitern, hat sich bereits bei anderen deutschen Gitarren-Pop-Größen während deren Anfängen als wichtiges Erfolgsrezept erwiesen.

Das Österreich-Konzert von Provinz wurde auf den 10. April 2021 verschoben und ins WUK hochverlegt. Alle bereits gekauften Tickets gelten auch für den neuen Termin und die neue Location.

Der Provinz entwachsen

Ach ja, apropos AnnenMayKantereit - dieser Vergleich ist, was die Musik, die Themen, die Stimme und das Hype-Potenzial angeht, sicher nicht weit hergeholt. Provinz war übrigens auch mit demselben Produzenten im Studio und Fans von AnnenMayKantereit oder Faber können mit Sicherheit auch der Band Provinz etwas abgewinnen.

Trotzdem ist ihr Debütalbum zweifellos eine klare Ansage an jegliche Vergleiche mit anderen deutschsprachigen Bands, denn Provinz haben schon jetzt einen eigenständigen Sound mit hohem Wiedererkennungswert, klingen jünger, vertrauter und nahbarer als ihre Vorgänger und sind auf dem besten Weg, ihnen auch erfolgstechnisch das Wasser zu reichen.

Der Albumtitel „Wir bauten uns Amerika“ ist schließlich ein Sinnbild dafür, dass die Jungs bereit sind, wirklich alles für ihren Traum zu geben. Ihr „American Dream“ war es immer schon, ihr eigenes Album rauszubringen. Mit „Wir bauten uns Amerika“ haben sie sich also - sprichwörtlich und tatsächlich - ihr eigenes kleines Amerika gebaut. Dieser höchstpoetische Vergleich ist gleichzeitig der größtmögliche Gegensatz zur Provinz, die sie lieben und aus der sie kommen, der sie jedoch langsam aber sicher entwachsen.

Auch wenn sie jetzt noch als absoluter Newcomer-Geheimtipp gilt, ist die Band Provinz auf dem besten Weg, das next big thing zu werden. Die vier Jungs bestechen mit ihrem jugendlichen Tatendrang und ihrem Talent. Provinz ist charmant und bodenständig - die Band steht aber auch gerade erst in den Startlöchern für ihren großen Höhenflug.

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