Neues von AZE, Oehl, salute, Lamila u.v.m.

Zu lüftende Geheimnisse, das große Protzen und ein Löwenzahn. Die österreichische Musikwoche im Überblick.

Von Lisa Schneider

Normalerweise denken Musiker*innen ein Coveralbum ihres eigenen Oeuvres erst dann an, wenn ihr Nachname Springsteen lautet. Die Band Oehl sieht das anders und dreht die Zeit nach vorn. Laut hinausgerufene Selbstüberschätzung gehört schon ein bisschen zum Schmäh der Band, und außerdem: Wer’s kann, darf’s gern probieren.

Oehl haben gute Menschen wie Mira Lu Kovacs, Culk, CHILDREN oder Lylit gebeten, einige ihrer Songs neu zu interpretieren - sie bekamen nur den Text zugeschickt und sollten je eine neue Version des Ursprungslieds entwerfen. Diese Stücke in all ihrer Diversität, von Popbanger zu reduzierter Ballade, kann man jetzt auf der neuen Oehl-EP „Im Spiegel“ hören.

Sie sind endlich wieder passiert, die FM4 Private Sessions, dieses Mal mit Voodoo Jürgens und seiner Ansa Panier. Unter den vielen Einsendungen wurden auch diesmal besonders schöne Spots für die Privatkonzerte ausgesucht. Unter anderem ging’s ins oberösterreichische Damreith, wo Andi und seine Freunde vor zehn Jahren einen Paddelverein gegründet haben. Was bleibt: glückliche Badegäste und Konzerthörer*innen, tolle Fotos für die Ewigkeit.

Apropos Paddeln, hier geht’s zu einem ganz anderen Badestrand: Rapper Tudas liefert uns - natürlich aus dem Hause Heiße Luft - einen kleinen Sommerhit.

Und hier sind noch mehr Musikvideos der vergangenen Woche:

AZE - „Common Ground (ft. Co Lee)“

AZE ist so eine Band, die schon lange auf meinem Zettel steht und über die lange nicht allzu viel herauszufinden war. Spannungssteigerung. Seit einem Jahr blitzen da elegant-verschmuste R’n’B-Songs durch gut bestückte Social-Media-Feeds von Menschen, die etwa auch Femme DMC oder Dacid Go8lin folgen. Letztere hat auch die erste AZE-Single, „Visions“, produziert.

Jetzt legt das Duo nach: „Common Ground (ft. Co Lee)“ heißt die neue Single, und sie ist wieder ein weiches, geheimnisvolles Puzzleteil in der souligen AZE-Historie geworden. Wer das Geheimnis mit mir lüften will: Am kommenden Donnerstag werden Ezgi und Beyza von AZE ab 19 Uhr zu Gast im FM4 Soundpark sein - und uns alles über sich verraten, was wir wissen müssen.

Lamila - „Dandelion Crown“

„I hear the drizzle of the rain / Like a memory it falls“ singen Simon and Garfunkel in ihrem „Kathy’s Song“, es sind die Tropfen, die alte Erinnerungen wieder hochkommen lassen. Lamila heißt die dreiköpfige Folkpopband, die gerade eben bei Seayou Records gezeichnet hat und die ihre Vergangenheit mit einer Blume zurück ins Gedächtnis holt: dem Löwenzahn.

Lamila sind Camilla Thurner, Alexander Hoffmann und Ines Fuchs, gemeinsam machen die drei seit 2019 Musik. Sanfter Doppelgesang, Background-Chöre und schwere Bogenstriche schwingen sich in der Debütsingle „Dandelion Crown“ hoch zu einem weichen Sommerboten. Zurück in die Wiese der Kindheit, wo noch alles unbeschwert und ganz unverklärt gut war.

Comfort Kiss - „Silence“

Die Quarantänezeit ist nicht die Zeit der Selbstoptimierung - diesen Satz würde Martin Wührer wohl so auch unterschreiben. Als Comfort Kiss hat der Like-Elephants-Gitarrist jetzt seine selbstbetitelte Debüt-EP veröffentlicht. Seine Selbstzweifel teilt er damit mit der Welt, und er macht das auf verträumte, nicht allzu verkopfte Weise. Bedroompop als Ausdruck des in sich gekehrten Songwritings erfüllt hier einmal mehr seine Aufgabe.

Und da spazieren wir durchs nächtliche Wien: Fürs Video zur Single „Silence“ ist Martin Wührer durch die vereinsamten Straßen gegangen. Eine traurige Schönheit begleitet ihn, ein heulender Streifenwagen, blinkende „Falafel“-Schilder und natürlich das obligatorische The-Smiths-T-Shirt.

JerMC & FoodForThought - „Die Süßesten“

Auf seiner Facebook-Seite bezeichnet sich Rapper JerMC selbst als „Motivationsredner“. Das muss natürlich auch für seine neue Single, „Die Süßesten“, die er gemeinsam mit Produzent FoodForThought herausgebracht hat, gelten.

Sonntagmorgenbeats und Selbstliebe, „wir sind nicht süß, wir sind die süßesten“ oder, auch gut, „so süß, dass es schon mystisch ist“. Das ist natürlich alles maßlos übertrieben, aber gleichzeitig schön zu hören und zu sehen: Da hat jemand seine fear of missing out überwunden. Wer das schafft, darf protzen.

Auch noch gut und gut zu wissen

• salute meldet sich mit seiner neuen EP „lyali“ zurück und hat uns alles darüber erzählt.

• „All I Want Is To Live My Life / All You All You Do Is Waste My Precious Time“ - die LoFi-Grunge-Band Musheen setzt uns mit „Oblivion“ erneut einen guten Riot-Song vor, der immer gegen alles, aber nie gegen das Gute ist. Beste Quietsch-Schreie inklusive.

• La Vers heißt ein neues Musikprojekt, bei dem sich einige Künstler*innen versammelt haben. In Kürze wird das erste gemeinsame Mixtape erscheinen, auf dem dann Acts wie SOHN, Man Of Isle oder Laura Baruch von Karmic vertreten sein werden. Den Anfang machen die Gitarrenträumer von Manic Youth mit ihrer Single „Drugs“.

• Wenn es Liebe ist, warum fühle ich nichts? Der Salzburger Cloudrapper Ybre hat ein trappiges Lied über die großen Fragen geschrieben, er nennt es natürlich „Herz“.

• Kayo hat gerade sein neues Album „Reunion“ veröffentlicht, darauf finden sich unter anderem Tracks wie „Du bist genug“. Ein Song (und Video!) über das ständige, zehrende Kräftemessen, das sich in Coronaviruszeiten natürlich nochmal um eins hochgeschaukelt hat. Wer macht mehr Yoga? Wer hat mehr Geld? „A wennst as ned wast, du bist genug.“ Wir wollen ihm glauben.

• „Mehrstimmige Chansons und Lieder mit Ukulele und Harfe“, liest man über das Trio SarahBernhardt, „für gemütliche Wohnzimmer und Orte, wo man sich überhaupt noch die Mühe macht, Tomaten zu werfen“, geht es sehr schön weiter im Text. „der unverblümte“ heißt das erste Singlevideo.

• Am deutschen Fernsehsender Pro7 wird es bald eine neue Musikshow geben - sie heißt „FameMaker“ und wird von niemand anderem als Tom Neuwirth moderiert.

• Testa hat mit „Prod. by (Vol. 1)“ seine erste Produzenten-EP veröffentlicht. Er hat sich dafür einige Gäste eingeladen, für den Song „In Echt“ etwa Jesse & SanTra.

Vergangenen Donnerstag im FM4 Soundpark habe ich euch neue Songs von Lamila, Johnny Batard oder Siamese Elephants vorgestellt. Im Interview mit Alex Augustin verrät Kuratorin Mira Lu Kovacs alles, was man über den Kultursommer in Wien wissen muss, und wir haben uns durch die brandneue EP von Oehl „Im Spiegel“ gehört.

In der sonntäglichen Soundparknacht mit Stefan Trischler war Produzent und Musiker Yajin zu Gast und hatte seine erste EP in voller Länge mit dabei. salute ebenso. Außerdem haben wir das Liveset von Voodoo Jürgens am Popfest 2020 in voller Länge gehört.