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Angel Olsen

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Der Song zum Sonntag: Angel Olsen - „Whole New Mess“

Angel Olsen schreibt ein Lied der Selbstreflexion und veröffentlicht Ende August mit „Whole New Mess“ ihr fünftes Album.

Von Christoph Sepin

„Sonntäglich“ fällt als Beschreibung zum neuen Lied von Angel Olsen irgendwie ein. Nicht aufgrund von irgendwelchen Wortspielereien („Mess“ und „Mass“), sondern wegen den ganzen Gefühlen, die hier gnadenlos vermittelt werden: „Whole New Mess“ ist fragil, melancholisch, traurig, roh, unwirklich und dann in seiner Direktheit fast brutal, so wie es auch der letzte Tag der Woche oft sein kann. Passt also ganz gut her in diese sonntägliche Rubrik.

Warum das alles so arg ist, wird schnell klar: Olsen hat hier ganz tief in ihre Seele geblickt und vertont innerste Emotionen. Den Ort, den man gerne versteckt, vor sich selbst und vor anderen, der voll ist mit Selbstzweifeln, mit Entdeckungen und Erfahrungen und Dingen, die man an sich selbst vielleicht nicht mag. Dinge, die man gelernt und gesehen hat und verändern mag, aber irgendwie ist das alles nicht so einfach.

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Verändern möchte Angel Olsen auch tatsächlich wenig, wenn sie über simple, hallende Gitarrenakkorde singt, sondern befindet sich eher tief in abgeklärter Selbstbetrachtung: „Won’t be long now before it’s really showing“, spricht sie aus Erfahrung. Da gibt es eine Welt, ein Gefühl, das ihr gut bekannt ist. Ein Weilchen war das weg, aber bald ist es wieder da, soviel weiß sie schon: „It’s every season where it is I’m going“.

Fragen nach persönlicher Veränderung stehen im Fokus: Olsen befindet sich in einem Status der Erkenntnis. Sie weiß, was gerade passiert mit ihren Emotionen und was bald passieren wird. Und sie macht Pläne: „I think I’ll really do the change, really do the change, back home“. Wenn die Welt verwirrend ist, wenn man sich nicht mehr auskennt, dann sehnt man sich nach simpleren Zeiten, und der nostalgische Blick schaut dann gerne zurück nach Hause. Oder zumindest zu den schönen Erinnerungen von dort - „I’ll really do the change“ und „Getting back on track“. Nach Hause zurück, sich selbst neu entdecken, neu anfangen, wie in einem dieser schönen Coming-of-Age-Filme, von dessen Soundtrack „Whole New Mess“ stammen könnte.

Aber natürlich, so geht die Selbstbetrachtung weiter, wenn große Pläne geschmiedet und Veränderung, „changes“, vorbereitet sind, dann wird doch wieder alles so wie früher und geht von vorne los: „Back to my own head, cleared out until the time comes. Make a whole new mess again.“ Beziehungen können ihr Momentum ändern, Situationen fühlen sich plötzlich anders an und dann findet man sich wieder in einer Welt, in der man eigentlich nicht mehr sein wollte. Darüber singt Angel Olsen hier zwischen Fatalismus und Optimismus in knapp über dreieinhalb Minuten.

Her Own Woman

Robert Rotifer über „All Mirrors“, das vierte Album von Angel Olsen und „ein breit orchestriertes Plädoyer für die große Liebe der Gemeinschaft“.

„Whole New Mess“ kommt jetzt weniger als ein Jahr nach dem Release des letztes Angel-Olsen-Albums raus, „All Mirrors“ erschien im Oktober 2019. Wie der Titeltrack wird Platte Nummer 5 auch „Whole New Mess“ heißen und am 28. August erscheinen. Auf Olsens Website sind momentan noch beide Alben nebeneinandergestellt, wie Gegenstücke oder Puzzleteile, die sich ergänzen.

„Whole New Mess“ als Eröffnungstrack auf dem neuen Album, ist da schon vieles: ein Klagelied, aber auch eine Antwort, auf die gerne von Musikjournalist*innen gestellte Frage nach der Essenz eines Songs. Was passiert, wenn ein Lied komplett auf das Notwendigste, ein Minimum reduziert wird. Aus diesem einfachen Konstrukt schöpft Angel Olsen das Maximum. Ganz große Gefühle, ganz große Blicke nach innen, ein Lied, dessen Wichtigkeit für seine Autorin in jedem Akkord und jedem gesungenen Wort zu hören ist.

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