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Aufnahmetest an der Medizinischen Universität Wien

APA/APA-FOTOSERVICE/MARTIN HÖRMANDINGER

Mit Babyelefanten in den Hörsaal? So wird Studieren im Herbst!

Wird es wieder ein Semester, in dem Studierende allein vor dem Bildschirm sitzen? An den Universitäten beginnen die Aufnahmetests und an manchen Fachhochschulen fängt das Wintersemester in Kürze an. Die Vorbereitungen fürs Studieren diesen Herbst laufen auf Hochtouren. „Hybrid“ ist die Devise.

Von Maria Motter

Die Körpertemperatur ist schon beim Einlass ermittelt worden und dieser Tage ist der Termin bereits eine Großveranstaltung: Zu den Aufnahmetests für das Humanmedizin-Studium treten heute rund 5400 Bewerber*innen in Wien, 3154 in Innsbruck und 2600 in Graz in Messehallen an. Einige hundert weitere junge Menschen wollen Zahnmedizin studieren. Ihren Mund-Nasen-Schutz dürfen die Kandidat*innen nur am jeweiligen Platz abnehmen.

Für den Test-Tag haben die Medizinischen Universitäten ein Hygienekonzept erarbeitet, inklusive Einlass- und Auslassmanagement.

Der Aufnahmetest war bedingt durch die Covid-19-Pandemie verschoben worden. Die Durchführung ist auch für Studierende anderer Fachrichtungen interessant, denn bereits die Aufnahmewoche an der Uni Wien von 24. bis 28. August in der Messe Wien steht unter sehr ähnlichen Covid-19-Schutzvorschriften.

Dabei hätten die Medizinischen Universitäten ihre so begehrten, da raren Studienplätze auch einfach verlosen können. „Das ist in der Verordnung so vorgesehen, wenn die Abhaltung nicht vonstattengehen kann“, erklärt Sabine Vogl, Vizerektorin für Lehre an der Med Uni Graz. „Es ist eine Gleichbehandlung der Studierenden, wenn wir losen, aber es wird natürlich deren Anstrengungen gar nicht gerecht, die sie vorweg geleistet haben.“ Also haben sich die Med Unis in Absprache mit dem Ministerium entschieden, den Test-Tag so über die Bühne gehen zu lassen.

Zurück an die Unis

„Achtung! Bitte informieren Sie sich über die derzeit geltenden Einreisebestimmungen“, informiert die Medizinische Universität Innsbruck.
Müssen ausländische Studierende also schon mehrere Tage vor Prüfungsterminen bzw. vor Semesterbeginn anreisen und sich isolieren? Nicht unbedingt, auch für sie gelten die allgemeinen Einreisebestimmungen. Die Universitäten haben diesbezüglich keine zusätzlichen Regelungen.

An den Unis und an den Fachhochschulen gelten die aktuellen Hygiene-Vorgaben auch im Herbst und bis auf Weiteres. „Kein Händeschütteln, Abstand halten, die Reinigungsauflagen sind ganz andere“, sagt Cornelia Blum, Pressesprecherin des Rektors der Uni Wien. Aktuell gibt es keine generelle Maskenpflicht in Universitätsgebäuden. Die Universität Wien empfiehlt jedoch dringend, Maske zu tragen. Und in Situationen, in denen man die Abstandsregel nicht einhalten kann, ist an Universitäten und Fachhochschulen ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen - also etwa im Wartebereich in Gängen und in Labors. An der Fachhochschule Campus Wien gilt als Nummer-Eins-Regel: Wer sich krank fühlt, soll grundsätzlich zuhause bleiben.

Aufnahmetest an der Universität Linz

APA/APA-FOTOSERVICE/PHILIPP GREINDL

Die Temperatur wurde auch bei den Aufnahmetests zum Medizinstudium an der Uni Linz gemessen.

Vorbereitungen laufen auf Hochtouren

An den Universitäten und an den Fachhochschulen laufen die Vorbereitungen für die Rückkehr der Studierenden auf Hochtouren. „Es hat sich keiner von uns träumen lassen, was an organisatorischer Arbeit auf uns zukommt“, sagt Stefan Vorbach, der Vizerektor für Lehre an der Technischen Universität Graz. Fix ist: Die Unis planen massiv um.

Mit den Hygiene-Sicherheitsbestimmungen verringert sich die Möglichkeit der Raumnutzung. An der Universität Wien können etwa 50 Prozent weniger Studierende anwesend sein, an der Technischen Universität Graz sind gar nur 20 Prozent der Vollbelegung möglich. An der Fachhochschule Campus Wien können maximal 40 Prozent der Lehrveranstaltungen im Vergleich zum letzten Wintersemester vor Ort stattfinden, zusätzlich bestehen „Einbahnstraßenregelungen“ für die Präsenzlehrveranstaltungen, um die Hygieneregeln gut einhalten zu können. Wie wird sich das Studieren dann gestalten?

„Es gibt derzeit eine Task Force vom Bildungsministerium, wo auch die ÖH als Stakeholder vertreten ist. Wie soll das nächste Semester ablaufen? Für uns ist klar, es muss angenehm für die Studierenden gestaltet sein, weil das letzte Semester war eine Katastrophe“, sagt Adrijana Novaković, sie ist im Vorsitzteam der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH).

Viele erreichten ihre Lehrenden nicht, andere bekamen ein überwältigendes Pensum aufgetragen. „Und der Herr Bundesminister Faßman hat bei den Pressekonferenzen kaum über die Universitäten gesprochen“, hält Adrijana Novaković fest.

Am wichtigsten wäre es aus Sicht der ÖH gewesen, die Studiengebühren für das Sommersemester zu erlassen. Die Bundes-ÖH hat einen Härtefallfonds über insgesamt 700.000 Euro eröffnet. „Dennoch können wir nicht alle Studierenden auffangen. Wir sehen, dass es im Herbst weitere Probleme geben wird, weil die Studierenden eventuell wieder ein Semester verlieren könnten.“

„Hybrid“ ist das Motto fürs Studieren im Herbst

Das Motto fürs Studieren heißt jetzt „Hybrid“ – es wird auf eine Mischung aus Anwesenheit und digitalem Lehrangebot hingearbeitet. Dieses Modell erachtet die ÖH als ideal.

„Niemand stellt sich die Universität Wien in keinster Phase als Fernuniversität vor. Sondern dieses Vor-Ort-Treffen ist und bleibt – und soll es möglichst bleiben – Teil des Selbstverständnisses des Universitätsbetriebs“, stellt Cornelia Blum für die Uni Wien klar. „Nichtsdestotrotz müssen wir uns in den Rahmenbedingungen praktikable Lösungen und Umsetzungsmodelle erarbeiten. Wir können nicht jeden Platz im Hörsaal besetzen.“

Wo es möglich ist, sollen vor Ort Angebote gemacht werden. Die Universität Wien hat die Lehrenden informiert, dass digitale Formate die höchste Planungssicherheit böten. Jetzt planen die Lehrenden ihre Lehrveranstaltungen.

Wer kommt in die Audimaxe noch rein?

Sind bei den großen Einführungsvorlesungen Studierende in den vergangenen Jahren auch auf den Böden der Audimaxe gesessen, um zuhören zu können, wird es ab Oktober keine überfüllten Hörsäle und Seminarräume mehr geben. So der Plan der Uni Wien.

"Es gibt Platzbeschränkungen in den Räumen und die sind noch einmal anders als sie waren. Bei klassischen Vorlesungen können sich die Studierenden in vielen Fällen diese sowieso zeitversetzt anschauen. Es gibt teilweise die Möglichkeit, dass live gestreamt wird, teilweise, dass es zeitversetzt abrufbar ist – das entscheidet der Lehrveranstaltungsleitende. Wir tun alles dafür, dass alle ihre Lehrveranstaltungen besuchen und absolvieren können“, so Cornelia Blum für die Uni Wien.

Umgeplant: Mit imaginierten Babyelefanten sind die Plätze in Hörsälen drastisch verringert

Die Med Uni Wien setzt weiterhin auf ein Hybrid-System aus E-Learning und wo nötig praktischem Unterricht mit großen Sicherheitsabständen. Auslandsprogramme wird es an der Med Uni Wien nicht geben, weder bei den klinischen Praktika im Ausland, noch für Incomings, da man sie zurzeit nicht betreuen kann. Die Med Uni Wien hofft, klinische Praktika überhaupt umsetzen zu können und dass sich die Lage nicht wieder verschärft. Lehrende erweitern ihre Kenntnis im E-Learning aktuell mit Schulungen.

Die Med Uni Graz wird die Großgruppen-Vorlesungen in erster Linie digital anbieten. Seminare und Übungen, bei denen der Austausch wichtig ist, sollen in Präsenz stattfinden. „Die sind ja essenziell in der Humanmedizin. Die dürfen wir nicht außen vor lassen, das könnten wir nicht verantworten. Allen voran ist da die Anatomie zu nennen. Da haben wir im jetzt auslaufenden Sommersemester eine Lösung gefunden. Das kann man sich vorstellen mit einem geregelten Einlassmanagement, mit Fiebermessen, mit entsprechender Schutzausrüstung und unter Direktive der Lehrenden vor Ort“, sagt Sabine Vogl, Vizerektorin für Lehre an der Med Uni Graz.

Auch die Auslandsprogramme werden wieder angeboten an der Med Uni Graz. „Wir klären gerade mit jeder einzelnen Institution, ob wir denn jemanden entsenden dürfen, und ermöglichen auch, dass Studierende zu uns kommen. Da müssen wir uns konkret anschauen, welchen Aspekt sie kennenlernen wollen“, so Vogl. Alles sei so dynamisch wie noch nie.

Vorrang für Erstsemestrige

Stefan Vorbach, Vizerektor für Lehre an der Technischen Universität Graz, zählt 39 große Hörsäle an seiner Uni. Die TU Graz hat bereits genaue Sitzpläne erstellt, mit dem ernüchternden Ergebnis für die Studierenden und Lehrenden: 75 bis 80 Prozent können nicht vor Ort sein (nimmt man eine Vollbelegung an). Bei Vorlesungen gibt es ohnehin keine Anwesenheitspflicht, daher plädiert man für die digitale Abwicklung.

„Wir haben 13500 inskribierte Studierende und würden alle gleichzeitig die Videokameras andrehen, würde das Netz auch zusammenbrechen. Deswegen werden Pläne überlegt, wer darf vorrangig streamen“, sagt Stefan Vorbach, der Vizerektor für Lehre an der Technischen Universität Graz.

In den Hörsälen haben Erstsemestrige Vorrang: „Damit sie nicht nach Graz ziehen und dann erst wieder vor dem Laptop oder dem Bildschirm die Lehrveranstaltungen besuchen können. Drittsemestrige, Fünftsemestrige haben einen gewissen Nachrang in diesem System, weil da glauben wir, dass sie schon mit dem System Studieren vertraut sind. Sie kennen die TU Graz und haben schon Kontakte knüpfen können. Das konnten die Erstsemestrigen noch nicht und deswegen ist es besonders wichtig, sie vermehrt zu betreuen“, sagt Stefan Vorbach.

Dieses Schichtsystem ist organisatorisch und logistisch enorm aufwändig. An den laborintensiven Fakultäten, etwa im Bereich der Chemie, Physik, Elektrotechnik, aber auch im Maschinenbau will man mehr Gruppen anbieten. „Mit der Herausforderung, dass wir nicht mehr Räume haben. Wir fahren eine Art Betrieb, wo wir von morgens bis abends im Schichtbetrieb in den Labors arbeiten“, sagt Stefan Vorbach. Teilweise ist man im Sommersemester in den Juli ausgewichen, auch im September sollen Laboreinheiten nachgeholt werden, die aufgrund des Lockdowns an den Unis nicht absolviert werden konnten.

Die TU Graz will bis Oktober zusätzliches Personal einstellen, um alles zu bewältigen und investiert derzeit in zusätzliche Infrastruktur, damit auch das Aufnehmen und Live-Streamen gut funktionieren wird. Auf ihre Laptopkameras sollen die Lehrenden dann nicht mehr angewiesen sein.

Mit der Studierendenvertretung stimmt man sich an der TU Graz eng ab. In Hochzeiten der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus traf man sich täglich mit Beteiligung der Studierendenvertretung.

Aufnahmetest an der Medizinischen Universität Wien

APA/APA-FOTOSERVICE/MARTIN HÖRMANDINGER

Aufnahmetest an der Medizinischen Universität Wien

Studierende vermissen ihre Kolleg*innen

Stefan Vorbach hat die Situation der Studierenden ständig vor Augen. Die kritische Frage sei, ob die Corona-Zeit Spuren in den Studien hinterlassen wird. Für eine Antwort ist es für den Expert*innenkreis der TU Graz noch zu früh. Doch die psychologische Studierendenberatung und das Mentoring wurde schon ausgebaut, weil es vermehrt Anfragen gab. Stefan Vorbach und seine Kolleg*innen bemerken, wie sehr den Studierenden der Austausch untereinander fehlt. „Studierende sagen, sie verarmen auch, weil sie nur die Vortragende oder den Vortragenden sehen und nicht mehr ihre Kolleg*innen und mit denen auch in der Pause ein Gespräch führen können.“

Für den Universitätsprofessor und Vizerektor für Lehre Stefan Vorbach sind es eigentlich soziale Herausforderungen. Natürlich gibt es auch technische Schwierigkeiten, nicht jeder hat eine gute Infrastruktur zur Verfügung, nicht immer ist das Internet stabil.

Teilpräsenz ist wichtig

„Wichtig sind für uns die kleineren Veranstaltungen, meist mit sogenanntem prüfungsimmanentem Charakter. Dort ist auch Anwesenheitsplicht. Nur diese Anwesenheitspflicht bedeutet jetzt, dass wir die angemeldeten Studierenden von Seminaren, Projekten, Labor- und Konstruktionsübungen in Gruppen einteilen und ihnen spezielle Zeitslots zuteilen, in denen sie präsent sein dürfen. Und dann müssen sie sich wieder eine Zeitlang über das Online-System - Teach Center heißt das und die Videoplattform Tube - mit den Inhalten auseinandersetzen. Bevor sie wieder präsent sein dürfen“, beschreibt Vorbach den geplanten Ablauf für das kommende Semester.

Digital geprüft

Geprüft wird an vielen Unis jetzt schon digital. Der Identitätsnachweis bei Prüfungen ist trivial: Studierende halten einen amtlichen Lichtbildausweis – meist reicht der Studierendenausweis – in eine Webcam. „Anders geht’s nicht im Moment. Wir haben kein System, wo wir die Personen während der Prüfung filmen – aus Datenschutzgründen. Und wir haben auch kein System, wo wir eine Gesichtserkennung einsetzen würden“, sagt Stefan Vorbach für die TU Graz.

Wirbel gab’s im Sommersemester laut der Bundes-ÖH um eine andere Universität, bei einigen digitalen Prüfungen hätte man eine Kamerakontrolle machen müssen, um zu zeigen, dass keine Lernunterlagen und Schmummelzettel herumlägen. Adrijana Novaković vom Vorsitzteam der Bundes-ÖH betont, dass der Datenschutz geachtet werden muss. Die ÖH weiß auch um die Problematik, dass Betreuungspflichten sich nicht immer mit der Teilnahme an digitalen Lehrveranstaltungen vereinbaren lassen.

An der Universität Wien hat man indes gute Erfahrungen mit den digitalen Prüfungen gemacht. Mündliche Prüfungen finden in Form einer Videoschaltung statt, es gibt aber auch schriftliche Prüfungen digital. „Das spannendste Modell finde ich, dass Studierende Prüfungsfragen unter Zuhilfenahme sämtlicher Hilfsmittel beantworten. Es ist ja nur eine Frage der Fragestellung und dass ich Prüfungen anders gestalte", sagt Cornelia Blum, Sprecherin des Rektors der Uni Wien.

Fernlehre und Barrierefreiheit

Die ÖH an der Uni Graz hofft, dass alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen ohne große Probleme stattfinden werden und vor allem auch, dass mit der Präsenzlehre qualitativ gleichwertige Fernlehre stattfinden wird. „Und das ohne größere Verzögerungen, wie sie im Sommersemester der Fall waren: dass Studierende ewig gewartet haben, bis die Lehrveranstaltung wieder weitergegangen ist“, sagt Viktoria Wimmer, Vorsitzende der ÖH Uni Graz. „Und vor allem, dass auch für jene Studierende, die einer Risikogruppe angehören, von Beginn an qualitativ gleichwertige Fernlehre angeboten wird.“

Die Hauptbibliothek der Universität Graz und der leere Vorplatz

CCO | Michael Kopp

Große Bedenken hat Viktoria Wimmer von der ÖH Graz bezüglich der Barrierefreiheit der Fernlehre. „Die Corona-Situation ist gerade für Studierende mit Beeinträchtigungen sehr herausfordernd. Der eh schon anstrengende Studienalltag wird noch fordernder, wenn man keine persönliche Assistenz bei sich hat und die Fernlehre dann nicht barrierefrei ist und man sich beispielsweise alle Unterlagen organisieren muss, damit sie lesbar sind“, sagt Wimmer. Lehrende sollten die Barrierefreiheit von Beginn an in ihre Planung einbeziehen. Und: Alle Lehrenden sollten ein konkretes Fernlehre-Lehrveranstaltungskonzept vorlegen müssen, - nicht nur einen Notfallplan, sollte Präsenzlehre nicht stattfinden können, so die ÖH Uni Graz.

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