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Korg VC-10 Vocoder

Michael Calore (CC BY 2.0)

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Als die Maschinen singen lernten: Talkbox, Vocoder & Autotune

Drei sehr unterschiedliche Ansätze, wie die menschliche Stimme und elektronische Klänge besser zusammenkommen unter der FM4 Musikmaschinen-Lupe.

Von Stefan Trischler | Video: Claus Diwisch

Schon Wolfgang von Kempelen hatte den Traum von einer sprechenden Maschine. Der deutsche Erfinder, an den wir uns heute vor allem wegen seines Schach-„Roboters“ erinnern, inspirierte mit dieser Idee den im Biedermayer-Wien lebenden hypochondrischen Beamten Joseph Faber zu seiner Euphonia. Die mechanische Sprechmaschine, die dank Tastatur und Blasebalg die Laute fast jeder Sprache imitieren konnte, war ihrer Zeit offenbar voraus - und ihr Erfinder starb verarmt. Rund hundert Jahre später sollte mit dem Voder eine elektronische Umsetzung dieser Idee präsentiert werden, und diesmal war die Welt bereit dafür.

Tipp

Die FM4 Musikmaschinen gibt es diesen Sommer jeden Mittwoch um Mitternacht als Radiosendung, Podcast und Video.

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Der weiterentwickelte VoCOder, der die menschliche Stimme in ihren unterschiedlichen Frequenzbändern analysieren und dann elektronisch synthetisieren kann, wurde zum Teil eines Verschlüsselungssystems, über das Roosevelt und Churchill im Zweiten Weltkrieg etwa die Invasion der Normandie koordinierten. Erst später wurden auch die musikalischen Möglichkeiten dieser Technologie erforscht und etwa für eine Band in Düsseldorf zum zentralen Bestandteil ihrer musikalischen Inszenierung als Mensch-Maschinen. Für Musiker gebaute Geräte, die die Stimm-Charakteristik entweder auf einen eingebauten Synthesizer-Klang anwendeten oder die Kombination mit beliebigen Sounds ermöglichten, machten die Vocoder-Explosion perfekt.

Eine wesentlich simplere Methode, jeglichen Sound durch den menschlichen Sprechapparant zu schicken, ist die Talkbox: Durch einen Schlauch wird der Klang in die Mundhöhle gebracht und kann dort mit Lippen und Zunge moduliert werden. Ursprünglich als Gitarren-Effekt populär geworden, entfaltete die Talkbox in Kombination mit dem Synthesizer verblüffende Möglichkeiten und wurde schnell Teil des elektronisch verstärkten Funk-Vokabulars.

Zapp-Frontmann und Talkbox-Gott Roger Troutman hätte wohl auch mit Autotune seinen Spaß gehabt, wäre er nicht 1999 tragisch erschossen worden. Der Computer-Effekt sollte eigentlich unmerklich Sängerinnen dabei helfen, die richtigen Töne zu finden. Die übertriebene, artifiziell klingende Einstellung des Plugins, wie sie Pop-Diva Cher in ihrem Hit Believe erstmals demonstrierte, würde aber den Gesang im 21. Jahrhundert dominieren. Heute gibt es kaum einen Pop-Song, der ohne merkbare pitch correction auskommt und im Rap gilt das fast noch stärker - da konnte auch ein reaktionärer Jay-Z nichts dagegen ausrichten.

In diesem Musikmaschinen-Spezial zu elektronischen Stimmen beleuchten Patrick Pulsinger und meine Wenigkeit mit Talkbox, Vocoder und Autotune ausnahmsweise gleich drei verschiedene Technologien und erläutern deren Geschichten und Funktionsweisen.

Mehr zum Thema

How To Wreck A Nice Beach (brilliant geschriebenes Buch über den Vocoder, die Talkbox und verwandte Techologien)

The Secret History Of The Vocoder( (kurze Dokumentation)

Cryptography & Cyborg Speech (ausführlicher Artikel über den Vocoder)

The History Of The Talkbox - narrated with a Talkbox

How Autotune Revolutionized The Sound Of Popular Music (ausführlicher Artikel über die Geschichte des Plugins)

Ikonische Vocoder-, Talkbox- und Autotune-Songs

Jonzun Crew - Pack Jam

Beastie Boys - Intergalactic

International Pony - Leaving Home

Pete Drake - Forever

Zapp & Roger - Computer Love

2Pac ft. Dr. Dre & Roger Troutman - California Love

T-Pain - I’m Sprung

Lil Wayne - Lollipop

Nobody - Psycho Alpha Theta

Travis Scott ft. Rosalía & Lil Baby - Highest In The Room (Remix)

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