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Alison Mosshart sitzt auf der Kühlerhaube eines Autos

David James Swanson

Alison Mosshart und ihr Spoken-Word-Album „Sound Wheel“

„Sound Wheel“ ist kein gewöhnliches Album, es ist vor allem eine Spoken-Word-Platte. Alison Mosshart, als eine Hälfte des britisch-amerikanischen Alternative-Rock-Duos The Kills international erfolgreich, kreierte mit „Sound Wheel“ eine Hommage an die Liebe, den Rock’n’Roll und, äh, das Auto - große, klassische amerikanische Wagen. Alison Mosshart frönt ihrem „guilty pleasure“, der schwindenden amerikanischen Autokultur, und wird dabei zur Beat-Poetin.

Von Eva Umbauer

Alison Mosshart spielte vor achtzehn Jahren zum ersten Mal ein Konzert mit The Kills, in England. Ihr Partner bei The Kills, Jamie Hince, ist ja Brite und die Band wurde in London gegründet. Mit den Kills hat die Amerikanerin Alison Mosshart die halbe Welt gesehen.

Zusammen mit Jack White und weiteren US-Musikern spielt sie außerdem in der Blues-Punk-Band Dead Weather, beheimatet in Nashville, Tennessee, wo Alison Mosshart heute auch lebt. In London behält sie zwar weiterhin eine Wohnung, aber die USA, egal in welchem Zustand sie sich gerade befinden, bleiben für die aus Florida stammende Alison Mosshart das erste Zuhause.

Um die amerikanische „car culture“ geht es dann auch auf ihrem Soloalbum „Sound Wheel“, einer Liebeserklärung an die Liebe, das Leben auf Tour und große, alte amerikanische Autos.

Alison Mosshart, die letzte Automobilromantikerin?

„Sound Wheel“ ist eine Spoken-Word-Platte mit ein wenig Musik. Alison Mosshart selbst sagt, dass sie viel redet auf dem Album, ihr die Bezeichnung Spoken-Word-Poetry dafür aber eigentlich zu groß ist. Die Bescheidenheit einer ehemaligen Punk-Musikerin. Dabei ist Alison Mosshart mit „Sound Wheel“ eine moderne Beat-Poetin, fast schon vom Format einer Patti Smith.

Albumcover mit Autoreifen

Third Man

„Sound Wheel“ von Alison Mosshart ist bei Third Man Records erschienen.

Das neue Album ist intensiv und bisweilen wunderschön melancholisch. Ok, Patti Smith besitzt keinen Führerschein, während Alison Mosshart bekennender Auto-Fan ist, nämlich Fan von amerikanischen Ungetümen aus längst vergangenen Tagen. Es geht nicht um das Bewältigen einer Strecke von Punkt A nach Punkt B, es geht dabei um mehr, um ein Lebensgefühl.

Selbst als Alison Mosshart im Alter von achtzehn Jahren das erste Mal mit ihrer Punk-Band Discount auf Tour in den USA ging, liebte sie sofort den Aspekt des Fahrens, des life on the road, von einem Konzertort zum nächsten, oft in the middle of nowhere. Das große, alte Auto brachte die aufstrebende Musikerin und ihre Band stets gut überall hin.

Auf Alison Mossharts „Sound Wheel“ finden sich unzählige kleine Textschnipsel, manche nur ein paar Sekunden lang, andere wieder kleine Geschichten, die jeweils mehrere Minuten dauern. So gibt es etwa Kindheitserinnerungen wie einen mit „Sunday Style“ betitelten Text.

Alison Mosshart erzählt in „Sunday Style“, wie ihre Familie gern die Sonntage bei Auto-Shows verbrachte. Es gab gratis Soda und Popcorn, und die Kinder saßen in riesigen Monster-Truck-Reifen, während die Eltern, vor allem die Väter, Geschäftsbesprechungen nachgingen. Ein normaler Sonntag für das Kind Alison Mosshart, aber jeder dieser Sonntage war wie ein Volksfest.

In „Wind Shield“ fährt Alison Mosshart durch Los Angeles, in „Salt Lake City Drag“ geht es um ein Autorennen in Utah, „Hold On“ wiederum behandelt das Auto als eigene kleine Welt, in der zwei Verliebte einander nahe sein können.

Alison Mosshart, die vielleicht letzte Automobil-Nostalgikerin? Von den großen alten amerikanischen Automarken redet sie - von Buick bis zu Chevrolet. Die USA und ihre Autos, der Niedergang der amerikanischen Autoindustrie und die folgende Verarmung ganzer Gegenden.

Manchmal hört sich „Sound Wheel“ mit seinen Sound-Effekten wie ein Film von Jim Jarmusch an oder auch schon einmal wie eine Piratenradiostation mitten in der Nacht. Entstanden ist dieses Spoken-Word-Album als Begleitmedium zum Buch „Car Ma“ von Alison Mosshart.

Buchcover mit Alison Mosshart auf der Kühlerhaube eines Autos sitzend und rauchend

Third Man

Die limitierte Erstauflage des Buches war letztes Jahr innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Also veröffentlichte Third Man Books in Nashville, Tennessee, der Verlag von Jack White, jetzt dieses Buch regulär. „Car Ma“ besteht aus Gedichten und Kurzgeschichten von Alison Mosshart, dazu Malereien und Fotografien von ihr.

„When I was writing ‚Car Ma‘, there were some passages I struggled to get right, and I got in the practice of reading them out loud and recording them, to hear and feel where words and sentences were rubbing together wrong. I’d listen back to these recordings and they’d be real informative to me in that way. This tool I was using to help me started feeling like this whole other angle or art form. And I started thinking it would be interesting to perform/record the whole book.“

Alison Mosshart und ihre hypnotische Multi-Media-Kunst. Die Videos zu den Stücken von „Sound Wheel“ hat sie dann ebenfalls selbst kreiert.

„After all that writing and then all that recording, I thought, well it sure would be fun to make little films for all these sound pieces. And so I started doing that. ‚Car Ma‘ continues to be, for me, exploding out in all directions.“

Jetzt parken wir das Vintage-Automobil aber wirklich wieder und fahren mit der U-Bahn, denn in London, wo Alison Mosshart und Jamie Hince hoffentlich bald wieder aufeinandertreffen, um am kommenden Album von The Kills weiterzubasteln, ist das Auto ohnehin wenig hilfreich, um weiterzukommen, und schon gar nicht eines, wie Alison Mosshart es liebt.

Bis das Album der Kills dann heraußen ist, vergeht noch etwas Zeit, die wir nutzen, um Solosongs von Alison Mosshart zu hören - „Rise“, „It Ain’t Water“ oder ihr Cover von Bruce Springsteens „State Trooper“, und um ihren „Sound Wheel“-Gedanken zu lauschen, über „cars, love, rock’n’roll“.

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