FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Riversurfer

Radio FM4 | Michael Troll

FM4 Spotcheck: Riversurfen in Ebensee

Nach sechs Jahren Planungszeit, unzähligen Behördengängen und Genehmigungsprozessen sowie acht Monaten Bauphase ist das Wellen-Wunder in Ebensee vollbracht. Eine druckvolle Flusswelle steht seit wenigen Monaten mitten in der Traun und lockt Surfbegeisterte aus ganz Europa an.

Von Michael Troll

„Angefangen hat es damit, dass ich seit 14 Jahren selbst surfe. Damals war es nur möglich, auf natürlichen Flusswellen zu surfen. Entweder bei Schneeschmelze oder bei genug Regen, sprich zwei, drei Monate im Jahr. Schon damals hatte ich den Wunsch, dass man in Österreich jeden Tag surfen gehen kann“, sagt Max Neuböck, Initiator des Projekts The Riverwave in der oberösterreichischen Gemeinde Ebensee am Traunsee. Seit wenigen Monaten steht hier die größte künstliche Flusswelle Europas. Am Fuße des Feuerkogels fließt die Traun über zwei hydraulische Klappen und formt eine zehn Meter lange und bis zu 1,5 Meter hohe Welle.

Riversurfen nur bedingt mit Wellenreiten vergleichbar

Das Surfen im Fluss ist laut Max einfacher als im Meer und eigentlich eine andere Sportart. „Hier surfst du gegen den Strom und am Meer surfst du mit der Welle. In der Bewegung sind die Turns aber ähnlich.“ Gerade für Anfänger*innen bieten sich künstliche Flusswellen an, um ein stabiles Boardgefühl zu entwickeln und entspannt die ersten Turns zu üben. Die Konstanz aus Druck und Höhe der Welle schafft super Bedingungen, die man am Meer so nicht findet. Jeder, der schon einmal im Meer gesurft ist, weiß, wie wichtig richtiges Timing und Paddeln ist, um eine Welle zu erwischen. Diese dann auch noch möglichst lang zu surfen, ist eine Kunst für sich.

Beim Riversurfen in Ebensee ist der Einstieg in die Welle einfacher. Man stellt sein Board auf die Spitze und steigt ähnlich wie beim Skateboarden mit einem Drop-in ein. Wichtig dabei: das Gewicht nach hinten verlagern, ansonsten „spitzelt man ein“. Im Selbstversuch zeigte sich, dass die ersten paar Runden eher dazu dienen ein Gefühl für die Welle zu entwickeln und nur wenige Sekunden dauern. Im Laufe eines Surftages kann man sich aber relativ schnell verbessern und schafft mit viel Übung am Abend die ersten Turns.

Surfen in Ebensee

Radio FM4 | Michael Troll

“Einspitzeln”: Eine Erfahrung, die alle Anfänger*innen beim Riversurfen machen.

Flusswelle vs. Wave Pool

In den letzten zehn Jahren hat die Entwicklung von Wave Pools das Riversurfen verändert. Durch perfekte Wellen in Plastikpools hat sich der Sport weg von der naturnahen Community am Fluss entwickelt. Riversurfen, wie es ursprünglich 1972 an der Münchner Floßlände erfunden wurde, erfordert eine stetige Beobachtung der Umwelteinflüsse. Wie beim Surfen am Meer verändern sich Welle und Fluss je nach Wasserstand, Wetter und Untergrundbedingungen. Mit den neuen Wellenmaschinen ist es möglich, konstante und perfekte Bedingungen unabhängig von diesen Einflüssen zu erschaffen. Bei den Wave Pools wird der Wasserdruck mittels strom- oder dieselbetriebener Pumpen erzeugt. Der Energieaufwand dafür ist enorm. Der Deutsche TÜV-Süd spricht von einem Verbrauch pro Gast von 16 Kilowatt in der Stunde. Das echte, naturnahe Riversurfen weicht hier einem kommerziellen, perfekten Wellenrausch.

In Ebensee versucht man einen Mittelweg zu gehen. Die Welle ist konstant, wie in den Wave Pools, braucht aber weniger Energie für den Betrieb. Gleichzeitig wird der Community-Aspekt durch den ausschließlichen Verkauf von Tageskarten gefördert. „Wir brauchen keinen Strom für die Erzeugung der Welle, das machen wir rein durch Wasserkraft. Auch während dem Bau haben wir darauf geachtet, dass wir den Flusslauf nicht verändern. Damit bleibt die Natur weitestgehend unverändert.“

Das neue Snowboarden?

„Riversurfen bewegt sich jetzt da, wo Snowboarden vor 30 oder 40 Jahren war“, erzählt Horst Neuböck, Vater von Max und mit Initiator des Projekts The Riverwave. Obwohl die Welle erst seit wenigen Monaten in Betrieb ist, kommen Surfer*innen aus ganz Europa hierher. Damit hat die Familie Neuböck nicht gerechnet. Im Sommer ist der Andrang vor allem an den Wochenenden hoch. Dennoch ist die Atmosphäre entspannt. Beim Anstehen kann man sich einige Tricks und Tipps holen und lernt Surfer*innen aus ganz Europa kennen. Wer lieber alleine und in Ruhe surfen will, sollte sich jetzt schon einen dicken Neoprenanzug sichern und auf einen milden Winter hoffen. The Riverwave ist nämlich das ganze Jahr geöffnet. Max schätzt, dass die Welle zwischen 250 und 300 Tage im Jahr surfbar ist.

Riversurfer

Radio FM4 | Michael Troll

Flusswellen bald in ganz Österreich?

Bei all dem Andrang und den vielen Surfbegeisterten in ganz Europa wird schnell klar, dass eine Welle nicht ausreichen wird, um die Nachfrage zu stillen. „Es wäre toll, wenn jedes Bundesland eine eigene Flusswelle hätte. Man könnte österreichweit Bewerbe machen und hätte mehr Ausgleich. Eine Welle alleine ist fast zu wenig“, meint Regina Neuböck, die Mutter von Max.

Bis jetzt gibt es zwei Projekte, die schon in fortgeschrittener Planung sind. Der Verein Wiener Welle bemüht sich um die Realisierung eines Wellenprojekts am Donaukanal. Auch in Graz soll es im Zuge eines Kraftwerkbaues an der Mur einen neuen Surf Spot geben. Die Welle in Ebensee geht als Musterbeispiel für diese Projekte voraus. Hoffen wir auf ganz viele weitere.

Aktuell: