FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Glasvegas

Glasvegas

Der Song zum Sonntag

Der Song zum Sonntag: Glasvegas - „Keep Me A Space“

Seit sieben Jahren haben Glasvegas aus Schottland kein neues Album veröffentlicht, mit „Godspeed“ erscheint 2021 eine neue Platte. Melancholie und Retrospektive des Rock’n’Roll jetzt schon in der ersten Single „Keep Me A Space“.

Von Christoph Sepin

Einer der schönsten Momente mit Beteiligung der Gruppe Glasvegas spielte sich 2009 bei den NME Awards ab: Gemeinsam mit Florence Welch (ohne ihre Machine) stand die Band da auf der Bühne und coverte Elvis’ „Suspicious Minds“. Ist einem Glasvegas bis heute unbekannt, muss man sich nur diese Performance anschauen, um die Essenz der Gruppe zu verstehen: Glasvegas sind ein Zelebrieren des Rock’n’Roll, mitsamt all dem Kitsch, dem Drama, Melancholie und Fatalismus und Weltschmerz. Gefühle des Rockstars sind schwer, Lieder müssen das dann auch sein.

Früher, zum Release ihres fantastischen Debütalbums „Glasvegas“ aus dem Jahr 2008, zählte die Band aus Schottland zu einer der wichtigsten einer neuen Welle der Rockmusik. Lieder trugen Namen wie „Geraldine“ und „Daddy’s Gone“ und drehten sich um Gespräche mit Sozialarbeiterinnen und Kindheiten ohne Vaterfiguren - und vor allem um die Stadt Glasgow (unschwer zu erkennen, ist auch Glasvegas ein düster-komisches, selbstironisches Wortspiel, das Schottlands oft als trist wahrgenommene, bevölkerungsreichste Stadt mit dem zumindest in Filmproduktionen evozierten Prunk des Gambling-Paradieses Las Vegas kombiniert).

Zwei Alben von Glasvegas erschienen noch 2011 und 2013, konnten sich aber irgendwie nie an dem Erfolg des Erstlingswerks messen. Und dann gab es lange nichts zu hören von der Band - bis letzte Woche. „Godspeed“ wird das erste neue Studioalbum seit acht Jahren von Glasvegas heißen und im April 2021 erscheinen. Und mit der ersten Single „Keep Me A Space“ demonstriert Vokalist James Allan, der das Album auch im Alleingang produzieren wird, dass sich die Band nicht neu erfindet, das auch nicht muss, sondern sich in der eigenen Melodramatik ganz wohl fühlt.

Gitarrensaiten kündigen sich darin an wie das Glockenläuten von Kirchen und ändern sich bis zum Ende des Songs kaum. Wie als Hommage an die großen schottischen Vorbilder The Jesus and Mary Chain trommeln simple Drums vor sich hin und durch verzerrte Akkorde erzählt James Allen seine Geschichte: Hallo Schwermut, hier ein Lied für dich.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

„You can’t feel a memory“, sagte Allen unlängst in einem Interview mit dem NME, versucht das aber trotzdem: In „Keep Me A Space“ besingt er das, was mal war, und wie es sich anfühlt, an schöne Erinnerungen zurück zu denken: „For you I shook the prize machine empty“ erinnert er sich und fragt sich, wie es der Protagonistin des Songs wohl heute geht: „How you keep that’s what I wonder“.

Unsere Erinnerungen an schöne Momente sind Orte, an die wir jederzeit zurück können, sind vielleicht vergangen, aber dürfen wieder ins Gedächtnis kommen, wenn man in Gedanken vertieft ist, wenn man ein Lied hört, etwas schmeckt oder riecht oder was auch immer süße Retrospektive auslöst. Nostalgie ist Kitsch, ist aber auch lebensbereichernd und wundervoll, bringt Perspektive in unser Leben und hilft uns durch triste Momente.

Deswegen widerspricht Allen der Welt im Refrain, wenn er singt: „Nothing lasts forever, some people say“. Alle Dinge gehen vorbei, aber so fühlt sich das für ihn nicht an, weil alle Gedanken an wunderbare Dinge sind immer noch echt: „All things must pass, I don’t feel these ways“. Alles, was er fragt und hofft, so wiederholt er immer wieder bis zum Ende von „Keep Me A Space“, ist, dass die andere Person auch noch manchmal, irgendwo und irgendwie, an ihn denkt: „Somewhere in your dream, Kathleen, keep me a spacе“. Herzzerreißend, herzzerreißend schön.

Aktuell: