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Eyeguys, Lorenzo Redaelli

Gefährliche Beziehung mit einem „Milky Way Prince“

Das Game “Milky Way Prince: The Vampire Star” zeigt intime Einblicke in eine toxische Beziehung zwischen einem Astronomie-Nerd und einem Borderliner.

Von David Riegler

Nuki ist besessen von Astronomie und hat sein gesamtes Leben rund um Sterne aufgebaut. In seinem kleinen Apartment steht ein großes weißes Teleskop mit Blick gen Himmel, an den Wänden hängen Poster, auf denen Sternenkonstellationen aufgezeichnet sind und in seinem Bücherregal ist ein Märchenbuch, in dem es um einen „Milky Way Prince“ geht. Doch neben seiner Leidenschaft, den Sternen, herrscht vor allem Einsamkeit in Nukis Leben.

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Sune, der „Milky Way Prince“

Das ändert sich, als Nuki durch sein Teleskop beobachtet, wie ein Meteoritenschauer über die Skyline der Stadt zieht und ein kleiner Brocken, der aussieht wie ein Stern, auf die Erde stürzt. Er läuft sofort zur möglichen Absturzstelle, doch statt auf einen Stern trifft er dort auf einen mysteriösen jungen Mann mit wuscheligen, dunklen Haaren namens Sune. Nuki verliebt sich sofort in Sune, nennt ihn seinen „Milky Way Prince“ und ihre erste Begegnung endet mit einem erotischen Erlebnis, bei dem man keine expliziten Szenen sieht, sondern von Nuki die Sinneswahrnehmungen geschildert bekommt.

„Milky Way Prince - The Vampir Star“ wurde von Eyeguys und Lorenzo Redaelli entwickelt und von Santa Ragione herausgegeben. Es ist für PC und Mac erhältlich.

Als Spieler*in lenkt man die Entscheidungen von Nuki und muss auswählen, was er sagen und tun soll, doch egal wie man sich entscheidet, es dauert nicht lange, bis eine andere, weniger romantische Seite von Sune zum Vorschein kommt. Nachdem es beim zweiten Date zu Sex gekommen ist, bricht Sune in Tränen aus und sagt, dass er das alles nicht verdient habe und dass wir schnell gelangweilt sein werden. Nuki, verliebt und naiv, will das nicht hören und verspricht Sune immer wieder, dass er ihn liebt und alles für ihn tun würde.

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Eyeguys, Lorenzo Redaelli

Der hellste Stern kann instabil werden

Was auf den ersten Blick wie Selbstzweifel aussieht, entpuppt sich schnell als manipulative Strategie von Sune. Es beginnt mit kleinen Kontrollversuchen, zum Beispiel als er von Nuki verlangt, sich nicht mehr zu rasieren, und geht weiter mit Wutausbrüchen, Beleidigungen, Selbstzweifeln, Tränen oder was immer Sune gerade braucht, um sein Gegenüber zu kontrollieren. „Selbst der schönste und hellste Stern kann instabil werden“, entschuldigt Nuki Sunes Verhalten.

Der italienische Autor und Entwickler Lorenzo Redaelli verarbeitet in dem „halb-autobiografischen“ Game die Beziehung zu einem Borderliner. Er setzt dabei auch auf surreale Situationen, zum Beispiel wenn Sune vor uns sitzt, mit roten Augen und einer schwarzen Motte vor dem Mund. Er dreht seinen Kopf immer weiter zu Seite und macht dabei unangenehme, knirschende Geräusche, so als würden Knochen aufeinander reiben. Währenddessen lässt er Beleidigungen auf Nuki los, driftet in Selbsthass ab und droht mit Suizid, bis Nuki ihn besänftigen kann und ihm wieder ewige Liebe und Treue schwört.

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Eyeguys, Lorenzo Redaelli

Es sind beklemmende Situationen wie diese, die sich im Gedächtnis festbrennen, weil sie einen als Spieler*in spüren lassen, wie intensiv es ist mit einem Menschen zusammen zu sein, der wegen einer psychischen Krankheit jedes Mittel zur Manipulation nutzt. Mit einem einsamen und gutgläubigen Gegenüber wie Nuki ist es auch glaubwürdig, dass es Sune immer wieder gelingt, die Kontrolle über seinen Partner zu gewinnen.

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Ein intimes Kunstwerk von Lorenzo Redaelli

Während das Gameplay des Visual-Novel-Games sehr simpel ist und nur aus einigen Klicks besteht, sind es vor allem die großartigen Bilder und Soundeffekte, die das Spiel zu einem einzigartigen audiovisuellen Erlebnis machen.

Der Manga-Stil in Schwarz und Weiß wird immer wieder unterbrochen von roten Farbflecken, die gemeinsam mit der minimalistischen elektronischen Musik für viele düstere, aber auch intime Momente sorgen. Außerdem gibt es unzählige Metaphern und Symbole aus der Welt der Astronomie, die zwischendurch für einige ruhige Momente sorgen und einem als Spieler*in Zeit zum Durchatmen geben.

Am Beginn des Spiels steht eine Trigger-Warnung für Menschen, die ähnlich traumatische Beziehungen erlebt haben, und das völlig zurecht, denn man wird förmlich in das Spiel hineingesaugt und fühlt sich mit der Zeit immer mehr involviert in die Beziehung von Nuki und Sune.

„Milky Way Prince: The Vampire Star“ ist ein kunstvoller und ausdrucksstarker Beweis dafür, dass Videospiele immer mehr als Medium für schwere Themen akzeptiert werden. Lorenzo Redaelli und sein Team haben ein wundervolles und verstörendes Kunstwerk geschaffen, das einen auch einige Zeit nach dem Ende noch nicht loslässt.

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