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Kim Jong-un

APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR

Faszinosum Kim Jong-un

Jung H. Pak hat ein Buch über das Leben, die Ziele und Politik des jungen nordkoreanischen Machthabers geschrieben.

Von David Pfister

Kim Jong-un hat seit seiner Machtübernahme 2011 in Nordkorea einen neuen Diktatur-Stil etabliert, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Einerseits herrscht er genauso grausam wie sein Vater und Großvater. Andererseits fügt er seiner Diktatur seltsam anmutende Pop-Art-Elemente hinzu und setzt stark auf neue Medien. Und auch die Popkultur kann sich einer ambivalenten Faszination durch den jungen Diktator nicht entziehen. Alleine die Kim-Jong-un-Satiren in Filmen und Late-Night-Shows sind unzählig.

Bis 2014 hegte die Welt leichte Hoffnungen, dass Kim Jong-un vielleicht ein wenig moderater als sein Vater und Großvater sein könnte, ging er doch in der Schweiz in die Schule und liebte Basketball und Disney-Figuren. Dann sollte aber die reichlich derbe Hollywood-Komödie „The Interview“ von Seth Rogen und James Franco in die Kinos kommen, in der respektlos eine Kim-Jong-un-Karikatur lächerlich gemacht wird.

„Der Film rief eine ernste Reaktion Nordkoreas hervor, die deutlich machte, wie weit Kim gehen würde, um sich und seine Ehre zu verteidigen. The Interview traf bei ihm zweifellos einen Nerv, und wie nicht anders zu erwarten, handelte er. Im November 2014 klinkten sich nordkoreanische Hacker in das Computersystem von Sony Picture Entertainment ein, stahlen vertrauliche Daten des Unternehmens und stellten sie ins Internet. Dann verkündete das Regime, die Veröffentlichung des Films stelle eine ‚kriegerische Handlung‘ dar, und drohte mit Angriffen im Stil von 9/11 auf Kinos, die den Film zeigten!"

So die US-Amerikanerin mit koreanischen Wurzeln Jung H. Pak, die als CIA-Analystin für die Obama-Regierung gearbeitet hat, in ihrem soeben veröffentlichten Porträt von Kim Jong-Un.

Kim Jong-un auf dem Buchcover

DuMont Buchverlag

Das Buch „Kim Jong-un: Eine CIA-Analystin über sein Leben, seine Ziele, seine Politik“ von Jung H. Pak ist in einer Übersetzung von Ulrike Becker, Gabriele Gockel, Rita Seuß und Thomas Wollermann im DuMont Buchverlag erschienen.

Die eitle Reaktion von Kim Jong-un und Nordkorea auf diesen banalen Film ist interessant, aber auch symptomatisch. Offiziell ist Nordkorea eine Volksrepublik. Damit sind realsozialistische politische Systeme gemeint. Zusätzlich oder eigentlich ist in Nordkorea die sogenannte Couch’e-Ideologie Gesetz, die unter dem ersten Präsidenten Nordkoreas, Kim Il-sung, erfunden wurde. Sie ist mehr oder weniger der religiös verklärte Personenkult der in Nordkorea herrschenden Kim-Familie. Chuch’e ersetzte 1992 den klassischen Marxismus-Leninismus als Weltanschauung in der nordkoreanischen Verfassung. Das hatte das Paradoxon einer, salopp gesagt, kommunistischen Monarchie zur Folge.

Um diesem Faszinosum möglichst nahezukommen, eignet sich das Buch von Jung H. Pak über Kim Jong-un sehr gut. Sie porträtiert den jungen Machthaber nicht als schrullige Witzfigur, sondern berichtet über bizarre Details äußerst nüchtern und verschweigt auch nicht vermeintlich positive Veränderungen in Nordkorea seit seiner Machtübernahme.

Außerdem zeichnet sie ein Bild seiner mächtigen Familie und der Menschen, die ihn unterstützen und die mitverantwortlich sind für nukleare Aufrüstung, ständige Missachtung der Menschenrechte, eine katastrophale sozialpolitische Situation und die Etablierung eines sozialen Kastensystems. Jung H. Pak dechiffriert die Chuch’e-Ideologie und wie es eigentlich dazu kommen konnte. Denn am Anfang der nordkoreanischen Geschichte stehen Not, Elend und Demütigung eines Volkes, grausame Besatzungen und Kriege.

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