Ein Realitätscheck für Nichtbehinderte: #AbleismTellsMe…
Fehlende Rampen, fehlende Untertitel, fehlende Einstiegshilfen; aber auch: fehlendes Verständnis, fehlende Strukturen, fehlende Empathie. Die Gesellschaft ist voller Barrieren, die die Teilhabe am alltäglichen Leben für behinderte Menschen erschweren. Der Hashtag #AbleismTellsMe ist sowas wie ein Reality Check für Nichtbehinderte: darunter erzählen behinderte Menschen über ihre Erfahrungen mit Ableism, also Diskriminierung gegenüber Personen mit Behinderung.
Hey Ally-Bubble, eure Chance: Unter #Ableismtellsme erzählen grade viele Menschen mit Behinderungen von ihren Diskriminierungen. Retweetet mal ein bisschen und sorgt für eine Bühne.
— Rollifräulein (@RolliFraeulein) 1. September 2020
Insbesondere für kleinere Accounts, die keine 7.000 followlinge haben.
Behinderte Menschen nutzen den Hashtag, um ihre Erfahrungen zu teilen und damit - hoffentlich - auch Bewusstseinsbildung bei Nichtbehinderten zu schaffen. Etwa darüber, dass Menschen mit Behinderung sich ihre Existenzberechtigung keineswegs mit besonderer Höflichkeit erarbeiten müssen:
#AbleismTellsMe, dass ich Barrieren und Ableismus nur dann ansprechen darf, wenn ich das extra nett, höflich und mit einer großen Portion Dankbarkeit (für Dinge die selbstverständlich sein sollten) tue. Sonst wird das, was ich sage nicht gehört, sondern nur das "Wie" kritisiert.
— Pixels&Paws (@meeowzilla) 2. September 2020
Auch das Klischee vom ewig leidenden behinderten Menschen wird angesprochen:
#AbleismTellsMe dass es mein höchstes Ziel im Leben sein sollte, geheilt zu werden, denn wie sollte ich sonst je glücklich sein können.
— Maria Boerner (@das_eine_maria) 2. September 2020
Ebenso wie die stereotypen Vorstellungen von Behinderung:
#AbleismTellsMe wenn du keine sichtbare Behinderung hast,musst du dich immer wieder beweisen, deine eigene Geschichte wiederholt detailliert offenlegen oder dir wird schonmal dein Nachteilsausgleich abgesprochen. Im Zweifelsfall verhandeln andere die Existenz deiner Behinderung.
— Judith (@Judith52011534) 2. September 2020
Euer #AbleismTellsMe, dass ich selbst als Autistin enttäuschend bin, denn ich habe weder eine Inselbegabung, noch einen besonders hohen IQ oder ein anderes Vorzeigetalent, das meine sogenannten Schwächen etwas wettmachen könnte.
— marlies (@outerspace_girl) 1. September 2020
Einen wichtigen Punkt wirft Userin Malaika ein:
#CN_SA [CW sexualisierte Gewalt, Ableismus]
— Malaika (@Mali_2) 2. September 2020
Wenn behinderte/psychisch kranke Menschen häufiger sexualisierte Gewalt erleben müssen, uns aber seltener geglaubt wird: https://t.co/HLgEso9rbY#AbleismTellsMe #DisabledSurvivor #notjustsad
Man kann sich zwar als nichtbehinderter Mensch einreden, ohnehin nicht von dieser Thematik betroffen zu sein – aber auch das kann sich jederzeit ändern.
Die Erfahrungsberichte unter #AbleismTellsMe zeigen auch, dass sehr sehr viele Menschen ohne Behinderung davon ausgehen, niemals durch Unfälle, Krankheiten etc. zu Betroffenen zu werden.
— Nicole Britz 😷 (@dyfustic) 2. September 2020
Erfunden und gestartet hat den Hashtag übrigens die US-Aktivistin Kayle Hill, die selbst chronisch krank ist und gerade zusätzlich zu ihrem Abschluss in Medienwissenschaften auch einen Master in Disability Studies macht.
*Wir verwenden den Begriff „behinderte Menschen“ im Sinne dieser Begriffsdefinition der Bloggerin Marlies Hübner.
Publiziert am 02.09.2020