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Smashing  Pumpkins

Smashing Pumpkins

Der Song zum Sonntag: Smashing Pumpkins - „Cyr“

Tanz den Relevanztanz: Neue Musik von Wrestlingfan Billy Corgan und seinen Smashing Pumpkins klingt wieder anders und nähert sich dem Elektropop an. Ein neues Album soll noch heuer erscheinen.

Von Christoph Sepin

In der Karriere einer Band kommt irgendwann der Punkt, an dem man nur mehr oder zumindest hauptsächlich mit der eigenen Vergangenheit verglichen wird - vorausgesetzt, man hat einmal genug Hits gehabt, an die Menschen gerne zurückdenken. Im Fall der Smashing Pumpkins ist dieser Moment natürlich schon lange erreicht: Wohl seit den ganz frühen 2000ern und dem Erscheinen von Alben wie „Machina/The Machines of God“ oder schon seit einem halben Jahrzehnt davor mit dem großen „Mellon Collie and the Infinite Sadness“ müssen sich Billy Corgan und Co. mit der Frage nach der eigenen musikalischen Relevanz auseinandersetzen bzw. an Releases der Pumpkins-Geschichte messen.

Dabei ist das natürlich alles Unsinn: Als Band soll man stilistisch machen können, was man will, und sich musikalisch austoben können, wie man will, das ist ja der Sinn hinter kreativer Arbeit. Nur den eigenen Erfolgen nachzulaufen und zu versuchen, in deren Schatten zu bleiben, ist problematisch, möchte man nicht zur Kopie der eigenen Vergangenheit werden. Es ist also zu begrüßen, dass die Smashing Pumpkins versuchen, sich mit ihren zwei neuen Songs in andere Genre-Gefilde zu bewegen als noch am letzten Release.

Drei Viertel der Original-Pumpkins fanden sich Ende 2018 wieder zusammen und veröffentlichten das doch sehr gut aufgenommene „Shiny and Oh So Bright, Vol. 1 / LP: No Past. No Future. No Sun.“ am (österreichischen) Label Napalm Records. Ein paar Monate später zeigten sich Bandmitglieder gemeinsam idyllisch auf der Bühne z.B. am Nova Rock. Der Sound der Pumpkins-Vergangenheit als Neuanfang der Band - vielleicht.

Oder auch doch nicht. Zwei neue Lieder starten jetzt wieder ganz neue musikalische Ausflüge von Billy Corgan, der zwischen Musik und Wrestling-Unternehmung ein ganz gutes Leben zu haben scheint. Hört man auch irgendwie: „Cyr“, das eingängigere der beiden neuen Lieder der Pumpkins („The Colour of Love“ heißt das andere) gibt sich zumindest in seiner Melodie versöhnlich und uplifting, dazwischen blitzt aber doch eine Spur der Dystopie durch, der kalten Maschinenwelt von heute und morgen. Ladytron etwa haben einmal so geklungen. Oder IAMX.

Das sind natürlich nicht die kontemporärsten Verweise, das ist aber auch nicht die kontemporärste Musik. Zumindest Corgans Lyrics entspringen der Jetztzeit: „We’re on the verge, we’re on the verge“, singt er mit unverkennbarer Stimme über eine sich verändernde Welt, wie auch viele andere Musiker*innen zurzeit.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

„Cyr“, das kommt vom Altgriechischen für Meister, Herr oder Gebieter, und um Autoritätsfiguren geht es auch im Lied. „Stare down your masters“, singt Corgan da im Stil klassischer Generation-X-Verweigerung. „From creation’s crown, we’re on the verge.“ Die Welt wird aus der Distanz angeschaut, Corgan präsentiert sich als wissender Beobachter: „Those weak, as sand, turning glass upside down, for the hours should they pass“, besingt er da etwa seine Sanduhr.

New Wave, Electrorock, Synth Pop, wie man es auch nennen mag: In „Cyr“ wird nichts neu erfunden, zumindest für Billy Corgan und seine Pumpkins ist das aber ein ungewöhnlicher Sound. Weniger deutlich als sonst gibt es darin typische Melancholie und Weltschmerz zu hören, dafür eine Band, die sich offensichtlich weiterhin Gedanken über die eigene Relevanz macht. Pumpkins im Jahr 2020 sind nicht für alle, vielleicht auch nicht für Fans von früher, aber zumindest daran interessiert, neue Dinge auszuprobieren.

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