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Cate Blanchett

APA/AFP/Tiziana FABI

Filmfestival in venedig

Stell’ dir vor, es ist Covid, und alle gehen hin

Die Berlinale gab es heuer im Februar gerade noch rechtzeitig vor dem Lockdown, Cannes im Mai wurde abgesagt – die Mostra Internazionale del Cinema in Venedig ist also ganz offiziell das erste A-List-Festival in Coronavirus-Zeiten. Krisenmanagement, oder doch schon die neue Normalität? Fazit nach den ersten drei Tagen: Es ist ein bisschen was von beidem.

Von Gini Brenner, aus Venedig

Ein internationales Filmfestival dieser Größe ist eine enorme Maschine, daran hängen nicht nur viel Geld und Logistik, sondern auch Tausende Jobs und monatelange Planung. Die Covid-19-Krise hat den internationalen Festivalbetrieb gröbst beschädigt, wie man weiß. Eine Steilvorlage für Festival-Präsident Alberto Barbera: „Wir sind das erste große internationale Filmfestival, das es wagt, nach der Krise wieder ,aufzusperren‘. Und mit den Maßnahmen, die wir setzen, um Mitarbeiter, Gäste und Besucher zu schützen, wollen wir ein Vorbild dafür sein, wie man in Zukunft mit der Bedrohung umgehen kann.“

Menschen im Maskenmeer

Die Maßnahmen werden, das muss man den Italienern lassen, wirklich konsequent umgesetzt. Im gesamten Festivalbereich herrscht Maskenpflicht, und jetzt ist es wieder praktisch, dass man vor einigen Jahren Sperren an allen Zugangspunkten eingerichtet hat. Ursprünglich war das als Terror-Abwehrmaßnahme geplant, jetzt werden dort auch Maske und Körpertemperatur gecheckt.

Anstellen ist so over

Die fehlgeleiteten Schlangen, die eigenwillige Informationspolitik und die waghalsigen baulichen Improvisationen am Festivalgelände sind legendär, aber die gewohnten Menschentrauben vor den Screenings gibt es nun nicht mehr, nicht mal bei den Pressevorführungen. Denn hier kam das Festival mit einer geradezu revolutionären Neuerung daher: Online-Platzreservierungen für sämtliche Screenings, mit freien Plätzen dazwischen. Das Überraschendste daran: Es funktioniert. Zwar braucht es einiges mehr an Vorausplanung, aber dafür entfällt das mühsame Anstellen. Weil es insgesamt mehr Vorstellungen und ein paar Säle mehr gibt, und auch weil weniger Besucher gekommen sind, geht es sich halbwegs aus.

Veronika Franz,  Cate Blanchett, Matt Dillon, Ludivine Sagnier und Christian Petzold

APA/AFP/Tiziana FABI

Stars verzweifelt gesucht

Ach, da war ja noch etwas Wichtiges: Die Filme und die Stars! Von Letzteren haben heuer vergleichsweise wenige die Reise an den Lido gewagt: Tilda Swinton ist hier, Cate Blanchett sowieso (sie ist die Jury-Vorsitzende), „unsere“ Veronika Franz („Ich seh ich seh“, auch in der Festivaljury!), Dauerbrenner Matt Dillon, die wunderbare Stacy Martin („Nymphomania“), allerdings leider diesmal mit dem banalen „Amants“ eindeutig im falschen Film. Oliver Stone ist auch hier, natürlich die BBFs Abel Ferrara & Willem Dafoe, und zu unserer großen Freude haben wir auch schon Mads Mikkelsen am Boot gesehen. Mrrrrm.

Szene aus Jasmila Žbanićs „Quo Vadis, Aida“

coop 99 filmproduktion

„Quo Vadis, Aida“

Die Leinwand lebt

Bei Filmfestivals ist es immer so: Man versucht, sich so viele Filme wie möglich anzusehen, drei bis vier am Tag sollten es schon sein, und am Ende ist man froh, wenn man wenigstens einen oder zwei gesehen hat, die einen wirklich vom Kinosessel hauen. Man muss es wirklich so sagen: Es gibt nicht viele gute Filme. Aber einen davon haben wir schon gesehen, und er ist sogar eine österreichische Koproduktion, nämlich Jasmila Žbanićs „Quo Vadis, Aida“. Ein umwerfendes, zutiefst bewegendes Drama um den Kosovo-Krieg aus der Sicht einer Lehrerin und Dolmetscherin: ganz große Freude. Da ist es dann gar nicht so schlimm, dass der Eröffnungsfilm „Lacci“ eher fad, und Kornél Mundruczós „Pieces of a Woman“ seltsam daneben war, trotz Spitzenbesetzung mit Vanessa Kirby, Ellen Burstyn und Shia LaBeouf.

Riesenfliege trinkt aus einem Pool

Memento Films

Quentin Dupieux „Mandibules“

Riesenfliegen, Luxusschuhe

Außerdem stirbt die Hoffnung bekanntlich immer zuletzt: Also freuen wir uns schon umso mehr auf Quentin Dupieux „Mandibules“; die Story um eine Riesenfliege verspricht einiges. Und es wartet heute Abend noch ein ganz spezieller Höhepunkt auf die Autorin: Die Doku „Salvatore: Shoemaker of Dreams“, von keinem Geringeren als „Call Me By Your Name“-Regisseur Luca Guadagnino, über keinen Geringeren als Fashion-Legende Salvatore Ferragamo. Man gönnt sich ja sonst nix. Außer ein, zwei Gläser Prosecco vielleicht.

Mann misst die Passform von Schuhen an einer Frau

MeMo Films

Luca Guadagninos „Salvatore: Shoemaker of Dreams“

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