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Crusader Kings 3

Paradox

Der beste Mittelaltersimulator der Welt

Das Strategiespiel „Crusader Kings III“ versetzt uns in eine komplexe mittelalterliche Welt voller Intrigen, Beziehungen und Abhängigkeiten - eine großartige Sandkiste mit diesmal leicht gesenkten Einstiegshürden.

Von Rainer Sigl

Mächtige Könige, Ritter in glänzenden Rüstungen, blutige Schlachten um riesige Burgen: So schaut es meistens aus, wenn sich Videospiele das Mittelalter als Thema aussuchen. Im Strategiespiel „Crusader Kings III“ existiert zwar alles davon, aber das gewohnte Gefühl von Romantik, glorreicher Geschichte und ruhmreichem Heldentum kommt nur selten auf. Das hat einen bemerkenswerten Grund: Das Spiel versetzt mich in die Rolle eines einzelnen Herrschers eines Fleckchens Erde irgendwo in Europa, Nordafrika oder Asien rund ums Jahr 1000 und verlegt alle Aufgaben der Kriegführung, Verwaltung und Diplomatie auf eine letztlich nicht nur historisch realistische Ebene: die persönliche.

Während sich in Spielen wie jenen der „Civilization“ oder „Total War“-Reihe ganze Nationen und Kulturen quasi bequem aus einer imaginären Zentrale von mir steuern lassen, läuft in „Crusader Kings III“ letztlich alles auf Beziehungen zwischen Menschen hinaus, die alle, jede und jeder für sich, eigene Ziele, Wünsche, Fähigkeiten und Emotionen haben. Das beginnt schon bei meiner eigenen Familie, setzt sich bei den für die Verwaltung meines Reiches zuständigen Ratsmitgliedern fort und geht - natürlich - bis zu meinen Feinden, Rivalen und weltlichen und religiösen Oberhäuptern weiter.

Was für eine verblüffend simple wie einleuchtende Wahrheit: Die Welt, sowohl jene der großen Politik wie auch die der intimen Beziehungen, wird von Menschen gestaltet; und Menschen lassen sich lenken, umschmeicheln, erpressen und manipulieren. Genau das ist der Ansatz, der die „Crusader Kings“-Reihe so besonders macht.

Globalstrategie, ganz persönlich

Mehr als ein halbes Jahrtausend Mittelalter, Kulturen vom äußersten Westen Europas bis in die Subsahara und ans chinesische Meer, tausende historische und erfundene Persönlichkeiten, die sich allesamt als Spielfiguren auswählen lassen: So groß und beeindruckend die Leinwand auch ist, so intim und banal sind zunächst die Probleme und Herausforderungen. Meine Gemahlin intrigiert hinter meinem Rücken gegen mich, die Staatskasse ist gähnend leer und mein Neffe zweiten Grades behauptet auf einmal, dass die Grafschaft im Norden meines Königreichs eigentlich von Rechts wegen ihm gehört.

Gut, dass ich meinen Bischof dazu anstiften kann, ein paar alte Urkunden zu fälschen, um den Spieß umzudrehen - um einen Krieg zu beginnen, braucht es nämlich immer einen rechtlichen Grund. Mordkomplotte, heimliche Affären, hinterhältige Erpressung, religiöse Differenzen und immer wieder persönliche Animositäten stehen hier an der Tagesordnung, wunderbar simuliert von der KI, die im Hintergrund die Illusion einer Welt aufrechterhält, in der ich nur eine klitzekleine Rolle spiele.

Crusader Kings 3

Paradox

Familie ist alles

„Crusader Kings III“ ist wie seine Vorgänger ein ganz besonderes Strategiespiel: Weil es sich ganz auf Leben und Entscheidungen einzelner Personen statt auf Staaten oder Königreiche konzentriert, spielen Verwandtschaft und persönliche Beziehungen zu Verbündeten, Nachbarn und Feinden die Hauptrolle. Nach dem Tod meiner Spielfigur übernehme ich übrigens die Rolle seines Erben. Heiraten und Nachwuchs bekommen steht deshalb ziemlich oben auf der To-do-Liste. Genauso wichtig sind aber sowohl weltliche wie sakrale mittelalterliche Bürokratie, gewagte Intrigen und großzügige Heiratspolitik. Das bedeutet große Komplexität - und jede Menge Mikromanagement in Dutzenden Menüs und Unterseiten.

„Crusader Kings III“, entwickelt und vertrieben von Paradox Interactive, ist für Windows, Mac und Linux erschienen.

Genau hier steigen Viele aus, die dieses Spiel wie seine Vorgänger eigentlich eh interessant finden. Zu lernen, wie „Crusader Kings III“ genau funktioniert, ist fast so aufwendig wie das durchschnittliche Geschichteproseminar an der Uni, aber es zahlt sich aus. Die gute Nachricht: Der dritte Teil ist tatsächlich ein wenig zugänglicher als der Vorgänger - doch ein paar Stunden Einarbeitung braucht es auf jeden Fall.

Der Lohn für die Mühen ist dann allerdings ein faszinierendes Spiel, das als riesiger historischer Sandkasten immer wieder neue und wunderbar bizarre Geschichten generiert. Wer genug Zeit und Geduld hat, sich dieses tolle Spiel beizubringen, wird mit einem wirklich großartigen Mittelaltersimulator der ungewöhnlichen Art belohnt.

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