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„Roter Affe“: Eine Reise mit existenziellen Fragen

In ihrem Debüt schickt die Wiener Autorin Kaśka Bryla eine Gefängnispsychologin, eine Hackerin, einen Flüchtling und einen Hund auf einen Roadtrip von Wien nach Warschau, um einen verschwundenen Freund zu finden. Mit im Gepäck: Rache und Schuld.

Von Lena Raffetseder

Mania ist Gefängnispsychologin in Berlin und lässt alles liegen und stehen, als ihr bester Freund Tomek verschwindet. Die beiden sind zusammen in Wien aufgewachsen und nicht nur die polnische Herkunft verbindet sie. In seiner Kindheit wird Tomek von einem anderen Jungen vergewaltigt. Mania fühlt sich mitschuldig und legt ihr Leben darauf aus, sich an dem mittlerweile erwachsenen Mann zu rächen. Nur deshalb studiert sie Psychologie und wartet geradezu darauf, dass ein Posten in der Justizanstalt Moabit in Berlin frei wird, in der der Täter einsitzt.

„Akribisch, jahrelang, hatte sie alles geplant. Für Tomek, den sie damals allein mit dem Jungen in das Häuschen klettern ließ. Alle Bilder und Gefühle des Tages hatte sie weggesperrt, nur der Name des Jungen war geblieben und das Wissen um ihre eigene und Tomeks Geschichte.“

Die Arbeit im Gefängnis ist in „Roter Affe“ aber nur die Klammer. Wir springen zwischen Sichtweisen; Aktuellem und Erinnerungen. Im Zentrum steht die Suche nach Tomek, der plötzlich verschwindet.

Spurensuche von Wiener Gegenwart in Warschauer Vergangenheit

Gemeinsam mit Ruth, einer Hackerin, und Zahit, einem syrischer Flüchtling, sucht Mania Hinweise. Es scheint als ob Tomek gefunden werden will, denn er hat den Freund*innen verschiedenste Spuren hinterlassen.

Buchcover "Roter Affe"

Residenzverlag

„Roter Affe“ von Kaśka Bryla ist im August im Residenz Verlag erschienen.

Sie orten Tomeks Handy in Warschau, der zweiten Heimat der Protagonist*innen und der Autorin Kaśka Bryla. Sie hat mit Mania und Ruth Protagonistinnen geschaffen, die nicht zögern, um anderen zu helfen, die alle Probleme alleine lösen wollen. Darauf verlässt sich auch Tomek, dessen Partnerin Marina in Warschau kurz vorm Suizid steht. Seit einem Jahr versucht er ihr durch ihre Depression zu helfen.

"Ich wurde sehr bald, nachdem wir einander begegnet waren, das Bild nicht mehr los, es läge ein Schatten auf ihr, der manchmal mehr, manchmal weniger von ihr verdeckte. Es beunruhigte mich, und ich erzählte ihr davon. Sie hörte mir zu, war erst still und meinte dann, ich sei nicht der Erste, der ihr das sage, aber sie sehe keinen Weg, den Schatten loszuwerden.“

Während Mania, Ruth, Zahit und Tomeks Hündin Sue auf dem Weg nach Warschau sind, nehmen die Dinge in der Justizanstalt Moabit aber ihren Lauf und machen es für Mania wohl unmöglich, nach Berlin zurückzukehren.

Wenig Platz für schwere Themen

Kaśka Bryla hat am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig studiert und gibt seit 2016 Kurse zu kreativem Schreiben in Gefängnissen. In ihrem Debüt „Roter Affe“ bietet sie einiges: Roadtrip, Migrationsgeschichte, Liebesgeschichte. Aber es geht auch um Suizid, Rache, Schuld und Vergebung. Auf knapp 220 Seiten können da manche Dinge nur angerissen werden.

Kann Therapie einen Gewalttäter verwandeln? Kann genug Liebe eine Partnerin heilen? Die Protagonistinnen in „Roter Affe“ sind eher pessimistisch. Es ist eine düstere Welt, die Kaśka Bryla beschreibt, in der Freundschaft scheinbar der einzige Lichtblick ist.

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