FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Pendragon

Inkle

„Pendragon“: König Artus und die Geschichtenmaschine

Das neue Spiel der Adventure-Spezialisten Inkle kommt dem Wunschtraum des sich immer neu erzählenden Spiels sehr nah.

Von Rainer Sigl

So düster kann nur ein echter Mythos aus der fernen Vergangenheit sein, als Hollywood noch nicht das letzte Wort hatte: Das Jahr ist 673 nach Christus; das Reich des legendären König Artus liegt in Trümmern. Betrogen von seiner Königin und seinem besten Freund Lancelot, sieht der große König sein Lebenswerk zerbrechen. Artus’ eigener Sohn Mordred, Gerüchten zufolge einer inzestuösen Beziehung von Artus zu seiner Schwester entstammend, fordert ihn zum Kampf, Volk und Ritterschaft zerfleischen sich in Bruderkriegen. Tafelrunde, Klöster, Burgen liegen in Ruinen. In wenigen Tagen wird sich das Schicksal Britanniens in der Schlacht von Camlann entscheiden.

Wie die berühmte Geschichte ausgeht, das habe ich im Videospiel „Pendragon“ aber selbst in der Hand. Zumindest habe ich in diesem „charakterbasierten narrativen Strategiespiel“ etwas dabei mitzureden. In der Gestalt einer der neun verschiedenen legendären Figuren der Artus-Sage breche ich in kurzen Partien immer wieder auf zur letzten Schlacht.

Der Weg ist das Ziel

Die Reise führt mich auf einer Übersichtskarte zu finsteren Wäldern, geheimnisvollen Burgen und in verwüstete Dörfer. Wenn ich diese für jede Partie immer wieder neu ausgewürfelten Orte betrete, wechselt die Ansicht zu einer Art taktischem Spielbrett, auf dem ich rundenweise wichtige Entscheidungen treffe, mich unterhalte oder in kurzen, aber kniffligen taktischen Kämpfen gegen Tiere und feindliche Ritter antreten muss.

Nach einigen Tagen der Suche, auf der sich mir andere Figuren anschließen und ich durchaus auch hin und wieder die Flucht vor zu starken Gegnern antreten darf, ist der Weg nach Camlann frei; je nachdem, wie ich mich zuvor entschieden habe, verlaufen dann die schicksalsschweren letzten Momente dieses epischen Abenteuers. So oder so: Nach dem letzten Duell mit Mordred ist Schluss und ich darf mich auf eine neue Version dieses Abenteuers begeben, mit einem neu freigeschalteten Helden oder einem heftigeren Schwierigkeitsgrad, der (noch) mehr Drama verspricht.

Pendragon

Inkle

Inkle liefert verlässlich

„Pendragon“ stammt vom britischen Indie-Studio Inkle, das für seine originell erzählenden Spiele berühmt ist. Mit „80 Days“ und der „Sorcery!“-Reihe haben die Entwickler das Adventure auf originelle Weise neu konzipiert, „Heaven’s Vault“ hat das Geschichtenerzählen als Archäologie inszeniert.

Diesmal kommt Inkle einem alten Wunschtraum des ganzen Mediums Videospiele nahe: eine Geschichtenmaschine zu erschaffen, die bei jedem neuen Durchgang eine neue, spannende und einzigartige Erzählung ausspuckt. Das gelingt zum einen durch die vielen unterschiedlichen Orte und Situationen, die ich bei jedem neuen Start zu sehen bekomme, zum anderen durch die unterschiedlichen Figuren, die ich als Protagonisten auswählen kann oder auf dem Weg treffe.

„Pendragon“, entwickelt und herausgegeben von Inkle, ist für Windows und Mac erschienen.

„Pendragon“ erzählt tatsächlich dank des Interagierens verschiedener prozeduraler Elemente jedes Mal eine andere Geschichte: Einmal opfere ich mich als die ihren Gemahl heimlich immer noch liebende Königin Guinevere in der letzten Schlacht, um Artus zu retten, das andere Mal schaffe ich es als enttäuschter Trinker Gawain nicht, seinen Tod zu verhindern. Das nächste Mal wiederum gelingt es mir in der Gestalt eines blutjungen Ritters, den bösen Mordred im Zweikampf zu bezwingen.

Es ist faszinierend, dieser überraschend großen Sagenwelt bei immer wieder neuen Wendungen und kleinen und großen Geschichten zuzusehen, und auch die Kämpfe sorgen für Motivation und Herausforderung.

„Pendragon“ ist ein untypisches, aber genau deshalb faszinierendes Spiel über den Zauber des Geschichtenerzählens. Wer sich für narrative Spiele abseits der altbekannten linearen Pfade interessiert, muss es spielen.

mehr Game:

Aktuell: