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Marilyn Manson beim Astroworld Festival im NRG Stadium im November 2019

APA/AFP/SUZANNE CORDEIRO

Das neue Album von Marilyn Manson heißt „We Are Chaos“

Schon mit dem Veröffentlichungsdatum seiner neuen Platte unterstreicht der Amerikaner seinen mühevoll erarbeiteten schlechten Ruf. Vor einer Handvoll Tage, am 11. September, erschien „We Are Chaos“. Lustig untergehen. Diesmal mit Country Rock Camouflage.

Von David Pfister

Was machen wir nur mit dem Marilyn Manson? Sein Schmäh seit Urzeiten ist es, für jedes Album ein Thema zu finden und dieses dann aber nur vage aufzublasen. Vampire hatten wir schon mal, die dekadenten Dreißiger Jahre oder die dekadenten Untiefen von Hollywood. Und im Grunde zehrt der Amerikaner kreativ noch immer von seinem ästhetisch und inhaltlich cleveren Industrial-Glam-Pop-Meisterwerk „Mechanical Animals“ aus dem Jahr 1998 und den diesbezüglichen Fortsetzungen „Holy Wood“ und „Golden Age Of Grotesque“.

Country Rock als Camouflage

Aufgrund seiner Arbeiten bis 2003 bekommt er noch immer endlosen Überziehungsrahmen von Fans, Kritik und Sympathisanten. Auch weil in Momenten immer wieder die musikalischen Raffinessen aufblitzen, die möglich wären. Dieses Mal hat sich Marilyn Manson für Country Rock als Camouflage für die Platte entschieden.

Der Mann und Co-Songwriter, den Marilyn Manson dieses Mal engagiert hat, und der für den losen Nashville Country-Touch verantwortlich sein soll, ist Shooter Jennings. Der ist der Sohn der Country Stars Waylon Jennings und Jessi Colter. Er kommt also aus einem berühmten, traditionellen texanischen Country & Western Entertainment-Adel, stand mit seiner eigenen Musik aber immer mit einem Bein in der alternativen Musikwelt. So hat er beispielsweise schon mit Rage Against The Machine-Mann Tom Morello gearbeitet. Außerdem scheint er ein Synthesizer-Nerd zu sein, nennt den italienischen Disco-Pionier Giorgio Moroder als Vorbild und erzählt gerne über sein Interesse für Okkultismus.

Keine Frage, den musste sich Marilyn Manson schnappen. Nur lässt er seinen neuen Partner leider nur die Fassade streichen, so wie er es immer mit seinen Partnern handhabt. Marilyn Manson traut sich einfach nie gänzlich über seinen Schatten zu springen und so bleibt er zwar eine verlässliche Nummer, aber halt auch kontinuierlich nicht sehr aufregend.

Primitive Plakativität

In den interessantesten Momenten klingt die forcierte Country-Richtung auf in „We Are Chaos“ wie eine radikalisierte Frühphase von Bon Jovi. Als hätte man Bon Jovi-Alben wie „New Jersey“ oder „Slippery When Wet“ mit rohem Fleisch und Amphetaminen gemästet. Oft genug wird es noch simpler mit irgendwelchen Akkord-Folgen, die die Power von Bonnie Tyler-Songs haben. Also eh unterhaltsam, wenn man gerne mit den bloßen Fingern in fettiges Fast Food greift. Eine gewisse Attraktivität in der primitiven Plakativität ist also vorhanden.

Und da sind wir schon bei einem wichtigen Punkt. Marilyn Manson bleibt auch mit seiner neuen Platte, vor allem für amerikanische Teenager-Generation, ein überproportional wichtiger Rockmusiker. Sein okkult gerahmter Anarchismus wirkt noch immer als wichtiges Ventil und Gegenpol in einem christlich-fundamental geprägten Mainstream. Eigentlich mehr denn je.

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