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Declan McKenna

Jeff Hahn

Declan McKenna ist ein 21st Century Boy

Der englische Songschreiber Declan McKenna hat mit „Zeros“ ein Album kreiert, das an eine retro-futuristische Rock-Oper erinnert. Sein Debüt war noch das naiv-leidenschaftliche Werk eines musikbesessenen Newcomers - Songs für die Generation Z, in die sich aber auch noch weitere Musikfans verliebten. Mit seinem zweiten Album erweitert Declan McKenna abermals sein Publikum.

Von Eva Umbauer

Declan McKenna war sechzehn Jahre, alt als er vor fünf Jahren vom großen englischen Glastonbury Festival für die Talentebühne des Festivals ausgewählt wurde. Zwei Jahre später veröffentlichte er sein Debütalbum „What Do You Think About The Car?“ Mit „Zeros“ kam zuletzt das zweite Album des vor ein paar Jahren als Wunderkind gehandelten Declan McKenna heraus.

„Zeros“ ist ein Konzeptalbum, das viel bietet, von Singer/Songwriter-Einflüssen über Glam-Rock und Space-Rock bis zu Robot-Rock a la Daft Punk. Declan McKenna ist „all over the place“, ohne sich dabei jemals zu verrennen.

Declan McKenna hat als Kind und Jugendlicher viel Punk-Pop gehört. Punk-Pop adé heißt es aber längst bei ihm. Inzwischen hat er das gesamte Werk von David Bowie verinnerlicht. Der Albumtitel „Zeros“ erinnert an Bowie, an sein Album „Heroes“.

Held David Bowie

„Zeros“ mag sich aber auch auf die Generation Z beziehen, auf die in den 00er Jahren Geborenen und ihren - oft aussichtslos erscheinenden - Kampf um eine Zukunft. Was immer genau Declan McKenna mit „Zeros“ meint, „Zeros“ ist ein tolles Konzeptalbum geworden, eine wilde popmusikalische Achterbahnfahrt, die man von diesem höflichen jungen Mann so nicht erwartet hätte.

Declan McKenna lebt jetzt in London, ist nun, wie er meint, sozusagen ein Erwachsener. Declan, kurz Dec, wie ihn seine Eltern nennen, wurde in Enfield, im Norden von London geboren, als Declan Benedict McKenna und wuchs als jüngstes von sechs Kindern in der Grafschaft Hertforshire, nördlich von London, auf. Sein Vater, ein Gemeindebeamter, spielt Gitarre, ebenso sein ältester Bruder. Die Familie hat einen Gemüsegarten und lebt vegan. Politisch sind die irischstämmigen McKennas in der Labour Party verwurzelt. Auch Declan McKenna wählt Labour.

Pointierte Sozialkommentare

Auf Tour, so erzählt Declan McKenna, wird er immer wieder krank, rasch einen Arzttermin zu bekommen, ist da in Großbritannien meist unmöglich. Das muss sich ändern. Aber es sieht danach absolut nicht so aus.

Die Sozialkommentare in den Songs von Declan McKenna sind pointiert. Dabei sieht er sich gar nicht so sehr als politische Person, nein, er hat einfach eine Meinung zu vielem. Am Debütalbum konnte man das gut hören. Da ging es etwa um die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien und die Korruption drumherum. „Brazil“ war der erste richtige Song, den Declan McKenna geschrieben hatte. Ein anderer hieß etwa „Paracetamol“, ein sehnsuchtsvolles Stück, benannt nach einem Schmerzmittel, in dem es um den Suizid einer transsexuellen Teenagerin geht.

Schnell war Declan McKenna zum „spokesman“ einer Generation ernannt, aber das wollte er eigentlich gar nicht sein. Vielleicht sind seine Texte deshalb nun etwas weniger direkt, komplexer eingewoben in die Musik als zuvor. Aber es ist noch immer genug klar Erkennbares dabei, etwa wenn Declan McKenna von der Umwelt singt, der Erderwärmung, von „rich kids“, die mit Geld um sich werfen, oder von einem gewissen Daniel, der zehn Jahre im Gefängnis verbrachte, obwohl er, wie Declan McKenna singt, „still a child“ ist.

Wer ist Daniel aus „Daniel You’re Still A Child“? Daniel ist ein fiktiver Charakter, der immer wieder auftaucht auf dem „Zeros“-Album von Declan McKenna, etwa auch im Song „Be An Astronaut“, einem der Herzstücke von „Zeros“, das epische Arrangements und eine elegische Trauer in der Melodie hat, außerdem ein tolles Schlagzeug und ein ebenso tolles Gitarrensolo. Die Gitarre betreffend findet Declan McKenna David Bowie inspirierend, aber auch etwa Annie „St. Vincent“ Clark.

Vielfältige Einflüsse

Dec McKenna kann auch Piano. Wenn wir schon beim Namen Daniel sind, fällt einem unweigerlich jener Songklassiker namens „Daniel“ aus den 70er Jahren ein, von Elton John. Letzterer und seine Musik aus den 70ern sind durchaus auch ein Einfluss auf Declan McKenna. Genauso wie der Glam-Rock des Briten Marc Bolan und seiner Band T-Rex, oder Bryan Ferry und die eleganten Roxy Music, Pink Floyd, Queen, oder auch Späteres wie von Blur, oder auch das französische Electronic-Rock-Duo Daft Punk. Aber auch weniger „coole“ Namen wie die englische Band Supertramp, die in den 70er und frühen 80er Jahren sehr erfolgreich war.

„Mother Nature, take a day off“, singt Dec McKenna in „Sagittarius A*“. Manchmal klingt da die Stimme von Dec McKenna wie die des jungen Ray Davies von der Ur-Britpop-Band The Kinks, dann erinnert wieder eine Songzeile - „heaven knows you get so miserable you have to go“ - an die Smiths und deren Song „Heaven Knows I’m Miserable Now“. Im „Zeros“-Album von Declan McKenna ist so viel drinnen, aber Declan geht mit all den Einflüssen sorgsam um.

Albumcover von Declan McKennas "Zeros"

Columbia/Sony

„Zeros“ von Declan McKenna ist bei Columbia/Sony erschienen.

Ein Junge des 21. Jahrhunderst

Declan McKenna imitiert nicht, er kopiert nicht, er erweist den Altvorderen nicht einfach die Ehre, sondern spinnt ihre Sache weiter, bringt sie in die Gegenwart. Declan McKenna und sein Britpop schauen aber auch über Großbritannien hinaus. „Zeros“ wurde letztes Jahr in Nashville, Tennessee aufgenommen, zusammen mit dem Amerikaner Jay Joyce, der etwa auch schon Songs von Cage The Elephant oder Brendan Benson produziert hat. Nashville ist die Hauptstadt des Country, und so darf auch ein klitzekleiner Country-Vibe auf „Zeros“ nicht fehlen.

Was bei „Zeros“ dystopisch anmutet, erzählt schlicht und einfach vom Alltagsleben. Kapitalismuskritik, Social Media, Zukunftsangst, das alles und noch mehr große Themen der Zeit sind weiterhin in den Songtexten von Declan McKenna, er ist nach wie vor ein scharfsinniger Beobachter und in dieser Rolle ist er auch am besten. Sein neues Album „Zeros“ erhält in Zeiten der Pandemie noch mehr Relevanz, dabei ist es an sich schon ein kleines Meisterwerk.

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