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Albanische Küste

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Buch

Unterwegs in Albanien

Ob Party oder Strandurlaub, immer mehr Menschen entdecken Albanien als Urlaubsdestination. Am Tourismus lassen sich die Veränderungen im kleinen Land gut ablesen, meint Franziska Tschinderle. Die österreichische Journalistin hat 2018/19 ein halbes Jahr in Albanien verbracht, um für ihr Buch „Unterwegs in Albanien - meine Reise durch ein unbekanntes Land“ zu recherchieren.

Von Veronika Weidinger

Dort, wo an der über 400 Kilometer langen albanischen Adriaküste heute Hotels stehen und gefeiert wird, war in den 90ern gar nichts los. Nur RucksacktouristInnen und Individualreisende sind in jenes Land aufgebrochen, das bis 1991 von der Außenwelt so abgeschottet war, wie Nordkorea es heute ist. Nach über 40 Jahren Schreckensregime unter dem kommunistischen Führer Enver Hoxha hat Albanien als letztes Land in Europa die Wende eingeläutet.

Der sozialistischen Vergangenheit begegnet man heute in Albanien überall, erzählt Franziska Tschinderle, die ein Kapitel über Enver Hoxha an den Anfang ihres Buches stellt. Im ganzen Land zeugen Bauten, wie Bunker und eine riesige Betonpyramide in Tirana von der Diktatur, und auch in der Bevölkerung sind die 46 Jahre Schreckensregime nach wie vor präsent. „Das schreibt sich stark in Psyche und Erinnerung der Menschen ein, auch der jungen Generation, die ja nach der Wende im sozusagen „freien Albanien“ geboren sind.“

Franziska Tschinder mit Buch "Unterwegs in Albanien" im FM4 Studio

Radio FM4

„Kafe“ ist für Franzika Tschinderle übrigens das wichtigste Vokabel auf Albanisch, denn der Kaffee ist essentiell, quasi jede Begegnung beginnt bei einem „Kafe“ und die Kaffeehaustradition steht jener in Wien um nichts nach.

Jede/r Zweite will weg

Über 10.000 Kilometer war Franziska Tschinderle gemeinsam mit der Übersetzerin Aida Kolenović in Albanien unterwegs, an die 100 Interviews hat sie geführt, mit ganz unterschiedlichen Menschen. Und mit einigen von ihnen, so liest es sich, hat sie auch Freundschaften geschlossen. Engagiert zum Beispiel erzählt Franziska Tschinderle von den Bemühungen junger Leute, eine Gewerkschaft zu gründen.

Buchcover von Franziska Tschinderles "Unterwegs in Albanien"

DuMont Verlag

„Unterwegs in Albanien“ ist bei DuMont erschienen.

Albanien hat ein niedriges Lohnniveau, Großkonzerne aus der Textilbranche lassen dort billig Kleidung nähen, internationale Unternehmen betreiben da ihre Callcenter, als Durchschnittslohn am Telefon gibt es 2,50 Euro pro Stunde. Das Gros der jungen Generation, vor allem die gut Ausgebildeten wollen weg aus Albanien, laut einer aktuellen Umfrage ist es jede/r Zweite. So sieht Franziska Tschinderle diesen „Brain Train“ neben Problemen wie Drogenhandel, Korruption, Umweltverschmutzung als größte Herausforderung für das Land.

Bedrohte Naturwunder

Ein Highlight für Franziska Tschinderle war es, in der Vjosa zu paddeln, einem der letzten Wildflüsse Europas. Allerdings ist das unverbaute Flussbett von Staudammprojekten bedroht, schon Jahre kämpfen UmweltschützerInnen für den Erhalt des natürlichen Flussverlaufs, und bekamen sogar Unterstützung von Leonardo Di Caprio.

Gleichzeitig haben Menschen vor Ort Hoffnung, dass mit dem Bau der Staudämme auch dringend erwartete Jobs in die Region kommen, zu kurz gedacht, wie UmweltschützerInnen meinen, so Tschinderle:"Umweltschützer sagen, langfristig liegt die Zukunft für Albanien im Tourismus und in diesem wirklich wunderschönen unberührten Tal einen Wildwasser-Naturpark zu errichten, würde langfristig mehr Menschen anziehen und würde sich lohnen.“

Mit ihrem Buch lässt Franziska Tschinderle die LeserInnen an ihrer Reise durch Albanien teilhaben, der Reportage-Stil macht die Lektüre lebhaft. „Unterwegs in Albanien“ wird jene freuen, die zum herkömmlichen Reiseführer gerne auch Sekundärliteratur lesen. Empfohlen sei das Buch auch denen, die einfach mehr über das für viele noch unbekannte Albanien wissen möchten. Du musst also kein Ticket nach Tirana gebucht haben, um diesem Buch etwas abzugewinnen.

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