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Oculus

Oculus Quest 2 und die Privatsphäre

Mit dem Quest 2 veröffentlicht Oculus das bereits dritte Standalone-VR-Headset. Es beeindruckt mit konkurrenzlosen technischen Daten, löst aber auch Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre aus.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

2020 ist das Jahr, in dem die meisten von uns mehr Zeit zu Hause verbracht haben als je zuvor - und das wird voraussichtlich auch in den nächsten Monaten so bleiben. Dafür haben wir uns an Videokonferenzen und Home Office gewöhnt. Was im Corona-Jahr 2020 auch mehr genutzt wird als je zuvor: Virtual-Reality-Headsets. Betrachtet man etwa die Statistiken von Steam, der größten Vertriebsplattform für Computerspiele, dann hat sich die Zahl der Menschen, die mit einem VR-Headset auf dem Kopf spielen heuer verdoppelt - von weniger als einem Prozent im Vorjahr auf rund zwei Prozent heute. Damit ist Virtual Reality zwar noch immer ein Nischenthema, aber eines mit beginnendem exponentiellen Wachstum. Nun hat Oculus, der auf dem Markt erfolgreichste Hersteller von VR-Headsets, ein neues Gerät angekündigt: das Oculus Quest 2.

Das abgerundete Design und die weiße Farbe des Oculus Quest 2 erinnern an die Ästhetik früherer Apple-Produkte. Das Headset ist leichter und eleganter als das Vorgängermodell und folgt der Vision, die wir aus Cyberpunk-Geschichten wie Ready Player One kennen: Setz dir ein brillenartiges Ding auf und du bist sofort in einer virtuellen Umgebung, die Spielen und Arbeiten ermöglicht. Ein PC wird nicht benötigt, kann bei Bedarf für höhere Rechenleistung aber angeschlossen werden.

Das Headset bietet dank einer Snapdragon-XR2-CPU und eines Bildschirms mit nahezu 4K-Auflösung auch im Standalone-Modus beeindruckende Leistung, und kostet mit 349 Euro sogar 100 Euro weniger als das Vorgängermodell. Doch die Bedenken, die sich in die Begeisterung mischen, existieren sogar bei sonst milde gestimmten VR-Enthusiasten wie Sebastian Ang, der in einem Rant auf seinem Youtube-Channel MRTV sagt: “Bessere Auflösung, das Gerät ist leichter, die Controller sind verbessert worden - es ist unglaublich! Wie macht Oculus das bloß, dass sie das Gerät für 100 Euro weniger anbieten können? Die Antwort: Es sind nicht nur 349 Euro, sondern auch eure Daten und eure Privatsphäre.”

Seit 2014 ist das ehemalige Startup-Unternehmen Oculus - 2012 mittels einer Crowdfunding-Kampagne von Tausenden VR-Enthisiasten ins Leben gerufen - eine Tochterfirma von Facebook. Im Herbst 2020 hat der Konzern bekanntgegeben: Das Quest 2 ist das erste Oculus-Headset, das nicht mehr ohne Facebook-Konto in Betrieb genommen werden kann. Und in den Nutzungsbedingungen für das Headset räumt sich Facebook das Recht ein, die in VR gewonnen Daten durch Dritte auswerten und benutzen zu lassen, unter anderem durch die Verwendung von Cookies, Geräte-IDs, der lokalen Speicherung aber auch zukünftiger Technologien wie z.B. Eye Tracking.

Für letzteres hat sich Facebook bereits mehrere Patente gesichert. Einerseits hilft Augentracking, die Bildqualität in VR zu verbessern. Andererseits ist es natürlich auch nützlich und potenziell gewinnbringend für Facebook zu wissen, wohin die Userinnen und User in VR schauen. Das Quest 2 verfügt zwar noch nicht über Facebooks Augentracking, machbar ist es aber: In einem Konkurrenzprodukt, dem Vive Pro Eye von HTC, wurde eine auf ähnlichen Patenten basierende Technologie bereits implementiert.

Bereits jetzt verfügen die Headsets von Oculus über mehrere Kameras an der Außenseite des Gehäuses. Sie dienen primär der Positionierung des Gerätes im Raum, sowie als Passthrough-Kameras für Augmented-Reality-Anwendungen. Theoretisch könnte Facebook also, während sich die User*innen in virtuellen Räumen aufhalten, in deren physische Wohnzimmer blicken - und auch in ihre Büros, denn VR-Headsets sollen in Zukunft viel mehr als nur Spielgeräte sein. John Carmack, Videospiele-Fans bekannt als Erfinder des First-Person-Shooter-Genres und mittlerweile Chef-Technikberater von Facebook Reality Labs, sieht VR als die nächste Computerplattform: “A general purpose computing system, with multitasking and multiple browser tabs”, schwärmte der legendäre Programmierer auf der diesjährigen “Facebook Connect”-Konferenz. Außerdem wolle er, dass Quest-Headsets für möglichst viel Anwendungssoftware offenstehen: “I think we need a lot more Android apps.”

Das Quest-2-Headset nutzt, wie schon dessen Vorgängermodell, Android als Betriebssystem. Mittels Plattformen wie Sidequest lassen sich problemlos Apps von Drittanbietern auf dem Headset installieren, es gibt also - im Gegensatz zu einem iPhone oder iPad - keinen Zwang, den hauseigenen App-Store, hier „Oculus Store“ genannt, zu benutzen. Das, und die beeindruckende Technik des kleinen Geräts, halten mein Interesse für Oculus derzeit noch aufrecht. Als mobiles VR-Headset ist das Oculus Quest 2 derzeit konkurrenzlos. Die rote Linie verläuft für mich beim Thema Werbung. Denn ich nutze Virtual Reality hauptsächlich für Social-Apps wie VRChat sowie für 3D-Design und Musikproduktion. Sollte Facebook in Zukunft Banner und nervige Videos in VR-Apps einblenden, dann kehre ich Oculus-Produkten den Rücken zu.

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