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Jugendarbeit im Park: „Das Leben für sie ist kompetitiver geworden.“

felix diewald

Jugendarbeit im Park: „Das Leben für sie ist kompetitiver geworden“

Wir haben einen Streetworker im 16. Bezirk begleitet, um herauszufinden, was sich bei Jugendlichen seit der letzten Wiener Gemeinderatswahl von 2015 verändert hat.

Von Felix Diewald

Der Jugendarbeiter Michael „Mix“ Wind kennt die meisten Jugendlichen in den Parks der Umgebung seit vielen Jahren. Er und seine Kolleg*innen unterstützen die Jugendlichen bei ihren Plänen und Ideen, helfen bei Problemen und organisieren Aktivitäten mit ihnen. „Dadurch entsteht eine sehr vertrauensvolle Beziehung. Viele lernen wir mit zwölf oder dreizehn kennen. Die kommen aber auch noch in ihren Zwanzigern zu uns, wenn sie was brauchen.“

Mehr Druck in Job und Freizeit

Es herrsche mehr Druck auf die Jugendlichen. „Das Leben für sie ist kompetitiver geworden“, sagt Mix. „Immer mehr gehen in eine weiterführende Schule. Um heute eine Lehrstelle in Wien zu bekommen, solltest du eine HTL oder HAK zumindest angefangen haben.“ Auch im Freizeitbereich zeige sich der Trend zur Optimierung: Die Jugendlichen hängen weniger einfach nur herum, sondern verbringen zum Beispiel mehr Zeit im Fitnesscenter.

Jugendarbeit im Park: „Das Leben für sie ist kompetitiver geworden.“

felix diewald

Streetworker Michael „Mix“ Wind ist seit vielen Jahren im 16. und 17. Bezirk in Wien unterwegs.

Parklife

Wir stehen am Yppenplatz im Brunnenviertel. Abseits der Bobo-Restaurants und -Cafés, beim Fußballkäfig, treffen wir einige Jugendliche, alles Burschen, die in der Nähe wohnen und jeden Tag mehrere Stunden im Park verbringen.

Umgangssprache ist Deutsch – eine Notwendigkeit, da sich die Nationalitäten in den letzten Jahren stark vermischt haben, so Streetworker Mix. Einer der Burschen ist Shuqur. „Ich hab früher hier gewohnt, jetzt bin ich im 10. Bezirk. Aber hier sind alle Freunde.“ Shuqur kommt eigentlich jeden Tag nach der Schule extra nach Ottakring. Er ist gerade in der 4. Klasse der Mittelschule und will später Kfz-Mechaniker werden. Shuqur ist nicht wahlberechtigt, hat aber eine klare Meinung zur Politik: „Zuerst sagen sie uns: Wir Ausländer sollen arbeiten gehen. Dann gehen wir arbeiten und sie sagen: ‚Die klauen unsere Arbeit.‘“

Mittlerweile geht Shuqur aber immer öfter ins Fitnesscenter als ins Jugendzentrum, erzählt er. Neben Shuqur steht Ramasan. Er ist 17 und momentan in einem AMS-Kurs. Ramasan sucht gerade eine Lehrstelle, hat aber noch nichts gefunden. Er verbringt gerade viel Zeit im Park, wenn es kälter wird, ist er in der Lugner City. „Im Sommer chille ich mit Freunden im Park, mache Blödsinn. Im Winter dasselbe, nur halt drinnen.“ Ramasan ist wahlberechtigt. Ob er am 11. Oktober wählen wird? „Glaub’ schon.“ Viele der Jugendlichen, mit denen die Streetworker hier arbeiten, dürfen aber gar nicht wählen.

Jugendarbeit im Park: „Das Leben für sie ist kompetitiver geworden.“

felix diewald

Viele Jugendliche verbringen ihre Freizeit am Yppenplatz. Im Winter geht’s oft in die Lugner oder Millennium City.

Immer mehr Online-Aktivitäten im Jugendzentrum

In den letzten Jahren sei neben dem Park auch der virtuelle Raum für die Jugendarbeit dazugekommen, erzählt Mix. Die Jugendlichen kommunizieren mittlerweile viel über die Instagram-Seite des Jugendzentrums mit den Streetworkern. Neben Kino-Besuchen, Musik-Workshops oder Ausflügen in den Trampolin-Park organisieren die Jugendarbeiter*innen deshalb auch Fifa-Turniere vor der Konsole oder spielen online von zu Hause aus mit ihnen. Online-Angebote hätten aber eine Grenze, erklärt Mix. Das hätte man im Lockdown nach einigen Wochen gemerkt, als der Zuspruch deutlich sank. „Nur eine Online-Beziehung zu den Streetworkern – das geht sich nicht aus.“

Jugendarbeit im Park: „Das Leben für sie ist kompetitiver geworden.“

Verein Wiener Jugendzentren

Das Jugendzentrum ums Eck auf der Hernalser Hauptstraße. Trotz vermehrter Online-Angebote bleibt der physische Kontakt im Park und im Jugendzentrum wichtig.

Lokalpolitik wird „registriert“

Generell sei für die Jugendlichen vor allem die Politik auf lokaler Ebene spürbar, sagt Mix. „Politik wird für sie erlebbar, wenn sie zum Beispiel Reck-Stangen im Park haben wollen, damit sie trainieren können.“ Mix nimmt die Jugendlichen dann zum Bezirksvorsteher mit, der dafür zuständig ist und mit dem sie darüber reden können. „Das wird wahrgenommen, da wird registriert, dass Politik wichtig ist und man sich auch selbst einbringen kann.“

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