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Band/Albumcover "Chip Chrome & The Mono-Tones"

Sony Music/Columbia Records

So besonders ist das neue Album von The Neighbourhood

Auf „Chip Chrome & The Mono-Tones“ werden The Neighbourhood zu einer völlig neuen Band, die vielleicht besser ist als sie selbst.

Von Alica Ouschan

Es ist kein Geheimnis, dass The Neighbourhood zu jenen Indie-Bands zählt, die ihre Fans seit etwa sieben Jahren verlässlich regelmäßig mit neuer, qualitativ hochwertiger Musik versorgen und für sich selbst mit jeder Platte neue Maßstäbe setzen. Inspiriert von David Bowies Ziggy Stardust verwandelt sich The-Neighbourhood-Sänger Jesse Rutherford für das neue Album in ein silbernes Alien namens Chip Chrome, das gemeinsam mit seiner außerirdischen Band, den Mono-Tones, auf die Erde gekommen ist, um uns mit ihrem Konzeptalbum zu beschenken.

Es ist nicht das erste Mal, dass The Neighbourhood ihrem Sound neue Facetten geben und herumexperimentieren. Mit „Chip Chrome & The Mono-Tones“ haben sie eine futuristische neue Klangwelt geschaffen. Diese ist wieder etwas gitarrenlastiger als die des Vorgängers, die modernen Elektro-Sounds vom letzten Album werden auf „Chip Chrome & The Mono-Tones“ durch sphärische Synthesizer und andere spacy Sounds ersetzt.

Eine futuristische Klangwelt

The Neighbourhood haben sich musikalisch immer schon zwischen verschiedenen Sparten hin und her bewegt und haben doch in keine so richtig hineinpassen wollen. Der Song „Devil’s Advocate“ zum Beispiel klingt wie eine Mischung aus The Weeknd und Foals, eine Kombination, die vielleicht im ersten Moment etwas irritierend klingt und irgendwie trotzdem grenzgenial.

Band/Albumcover "Chip Chrome & The Mono-Tones"

Sony Music/Columbia Records

Chip Chrome & The Mono-Tones ist am 25. September bei Columbia Records erschienen.

Schon die erste Single „Cherry Flavoured“ hat die Erwartungen an das Album extrem hoch gesteckt. Es ist ein typischer, melancholischer Lovesong, inklusive ähnlich großem Potential wie ihr absolut unangetasteter Nummer-Eins-Hit „Sweater Weather“. „Cherry Flavoured“ klingt aber nicht mehr ganz so jugendlich, sondern wie eine ausgereifte und konsequente Weiterentwicklung. In die Kategorie der schönen Liebeslieder reihen sich außerdem noch die Songs „Pretty Boy“, „Tobacco Sunburst“ und „Silver Lining“. Obwohl jeder einzelne dieser Songs erstklassig ist und für sich spricht, ist „Pretty Boy“ vermutlich die Krönung. Denn der Song ist das perfekte Beispiel dafür, dass eine emotionale Ballade auch unaufgeregt und mit simplen Lyrics funktioniert. Die sanften Gitarren in Kombination mit Jesses leidenschaftlich gehauchtem „As long as I got you, I’ll be alright“ sind einfach nur zum Dahinschmelzen!

Eine fröhlichere Version von The Neighbourhood

Dass The Neighbourhood nicht nur traurige Songs, sondern auch fetzige Nummern draufhaben, beweist „Lost in Translation“. Die aktuelle Single ist mit ihrem funky, souligen Synth-Indie das herausragende Highlight des Albums, das bei jedem Mal Hören noch besser wird. Als Bonus gibt es ein sehenswertes Musikvideo, in dem Jesse Rutherford endgültig zum 21th Century David Bowie wird.

Der Track „BooHoo“ klingt so, als wäre der Band beim Versuch, einen Song-Kuchen zu backen, die Frank-Ocean-Dose ausgekommen - ups. Gleichzeitig ist er so genial, eingängig und angenehm, dass man sich wünscht, The Neighbourhood würde die Pfade des zeitgenössischen R’n’B in Zukunft noch weiter erkunden.

Das Eintauchen in die Soundästhetik der 70er und 80er erlaubt The Neighbourhood, sich von ihrem melancholischen Indierock-Sadboy-Image wegzubewegen und nicht nur optisch, sondern auch musikalisch völlig in dieser von ihnen kreierten silbern-monochromen Welt aufzugehen. Diese neue Band, welche Chip Chrome & The Mono-Tones verkörpern, ist quasi eine fröhlichere, aufpolierte Version von The Neighbourhood, aber mit dunkleren, unergründlichen Gedanken.

Jesse Rutherford als Chip Chrome

Alex McDonnell

Sänger Jesse Rutherford als sein Alter-Ego Chip Chrome.

Charmant, genial und unergründlich

Sänger und Kopf der Band Jesse Rutherford hat sein musikalisches Mastermind und seine wandelbare Stimme erneut unter Beweis gestellt. „Chip Chrome & The Mono-Tones“ ist eine ganz bewusste Abgrenzung vom bisherigen Sound, denn die Idee des silbernen Aliens und der außerirdischen Band entspringt hauptsächlich Jesses Fantasie. Er habe Schwierigkeiten gehabt, die richtigen Worte zu finden, um das auszudrücken, was ihn beschäftigt, obwohl das als Songschreiber und Sänger sein Job sei. Chip Chrome war der Schlüssel, die Stimme, durch die er endlich die richtigen Worte aussprechen konnte.

Die Mono-Tones sind eine Metapher für die Stimmen in Jesses Kopf, die immer da sind und nie aufhören zu reden. Einzelne Songzeilen spiegeln seine inneren Konflikte und seine charmante und gleichzeitig unergründliche Genialität wieder - ein Zyniker mit dem Hang zum makabren Humor war Jesse ja schon immer. So hat er beispielsweise seinen Instagram Account an seinem 27. Geburtstag gelöscht, sinnbildlich für sein Zugehörigkeitsgefühl zum Club 27.

I sold my soul a long time ago. I feel like a ghost now.

Den typischen Neighbourhood-Flair hat die Teenie/Tumblr-Kultband trotz komplett neuer Ästhetik vor allem dank Jesses Stimme und durch ihre unverkennbare Fusion aus R’n’B und Indierock-Elementen beibehalten. Es kann darüber gestritten werden, ob das neue Album das beste ist. Es ist aber mit Sicherheit das außergewöhnlichste.

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