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Sabine Hanger von der AG übernimmt den ÖH-Vorsitz

Von Paul Pant

Sabine Hanger ist die erste ÖH-Vorsitzende der ÖVP-nahen Aktions-Gemeinschaft (AG). Bisher übernahmen nur Männer den Vorsitz für die AG, zum letzten Mal vor elf Jahren. Hanger wurde mit 20 Stimmen im dritten Wahldurchgang gewählt, obwohl normalerweise, wenn alle abstimmen, 28 von insgesamt 55 Stimmen nötig wären.

Der überraschende Wahlausgang kam zustande, da die ehemalige linke Koalition aus Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und Fachschaftslisten (FLÖ) so heillos zerstritten ist, dass niemand mehr den ÖH-Vorsitz übernehmen wollte.

Sabine Hanger studiert Jus auf der Hauptuni, ihr Vater ist ÖVP-Nationalratsabgeordneter. Die 25-Jährige hat 2017 das AG-Team am Juridicum übernommen, nachdem antisemitische und rassistische Nachrichten aus internen Chatgruppen öffentlich und die Beteiligten ausgeschlossen wurden. Im Sommer 2020 hat sie mit dem Hastag #stopsendingdickpics eigene Erfahrungen zum Thema sexuelle Belästigung im Internet öffentlich gemacht.

Wir haben sie zu einem Interview getroffen.

FM4: Sabine Hanger, du bist die erste Vorsitzende der ÖH von der AG seit elf Jahren, allerdings ohne Mehrheit im Studierendenparlament, kann dann überhaupt etwas weitergehen? Wie ist der Zustand der ÖH?

Sabine Hanger: Ich bin seit Freitag gewählt, es geht tatsächlich etwas weiter. Wir schauen, dass wir jetzt jeden Tag nutzen, um die Studierenden wieder in den Mittelpunkt der ÖH zu stellen. Die Streitigkeiten der letzten Periode haben ja dazu geführt, dass die ÖH nicht mehr wirklich ernstgenommen wird. Uns ist es jetzt ein Anliegen, dass wir alle Fraktionen ins Boot holen und dann gemeinsam schauen, dass die Arbeit der ÖH wieder ernstgenommen wird.

FM4: Was war denn da los in der letzten Zeit? Ihr wart nicht in der Koalition, aber ihr habt es natürlich mitbekommen. Man hatte den Eindruck, niemand weiß mehr, worum es da eigentlich geht und worum eigentlich gestritten wird. Wie war das für euch?

Sabine Hanger: Sehr ähnlich. Ich meine, man muss dazu sagen: Wir haben bei der letzten Sitzung [vor dem Sommer], die ja über 30 Stunden dauerte, einfach schon mitgekriegt, dass die Koalition ziemlich am Ende ist. Zum offiziellen Koalitionsbruch ist es dann erst ein paar Wochen vor der Sitzung [im Herbst] gekommen. Wir haben als AG versucht, im Sommer aktiv auf Fraktionen zuzugehen, haben uns aber, ehrlich gesagt, eher nicht in der verantwortlichen Rolle gesehen, hier jetzt diese Mehrheiten zu bilden. Aber es hat halt bis zur Sitzung dann nicht gereicht, eine stabile Mehrheit hinzukriegen. Trotzdem haben wir gesagt, wir wollen Verantwortung übernehmen, gerade als stimmenstärkste Fraktion in der ÖH.

FM4: Die laufende Periode ist überschattet, aber wie habt ihr sie bisher wahrgenommen, abseits der ganzen Streitigkeiten, was ist weitergegangen und was ist nicht weitergegangen?

Sabine Hanger: Das ist total auf den Punkt gebracht, dass es überschattet war von diesen Streitigkeiten, was vor allem aufgrund der andauernden Coronakrise fatal war. Es waren sicher ernsthafte Bemühungen da, auch als ÖH da stark aufzutreten, aber wenn man dann hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt ist, schädigt das natürlich nachhaltig. Ich glaube, gerade was Corona betrifft, muss da einiges mehr geschehen, damit die Studierenden auch eine Sicherheit haben.

FM4: Mit welchen Fraktionen, wenn es eine Mehrheit bräuchte in der Bundesvertretung, würdet ihr gerne zusammenarbeiten, oder gibt es schon Gespräche zum Beispiel mit GRAS wie in der Regierungspolitik?

Sabine Hanger: Wir schließen keine Fraktionen grundsätzlich aus. Momentan ist unser Ziel eher, dass wir alle Fraktionen ins Boot holen, dass man eine stabile ÖH mit allen Fraktionen bildet, mit den fünf stärksten, um es konkret zu sagen, also mit den ehemaligen Koalitionsfraktionen inklusive den Junos. Gesprächsbereit sind wir absolut mit allen. Intensivere Gespräche haben wir definitiv mit der GRAS geführt, das ist schlussendlich eher intern bei der GRAS daran gescheitert, dass einfach keine Einigung darüber da war, ob man mit uns gemeinsam etwas machen möchte oder nicht. Aber ich muss auch sagen, dass der VSStÖ gerade in der letzten Sitzung sehr viel Entgegenkommen und Kompromissbereitschaft gezeigt hat. Wie gesagt, best case wäre, dass alle Fraktionen jetzt an einem Strang ziehen, weil es für die ÖH das Beste wäre, wenn man ein gemeinsames Zeichen setzt. Das ist uns wichtig, dass die ÖH weiter stabil bleibt. Grundsätzlich aber sind wir bereit, mit allen fünf größten Fraktionen zu reden und auch einfache Mehrheiten mit sowohl VSStÖ als auch GRAS zu finden.

FM4: In einer der letzten Aussendung der ÖH Wien wurden mehr Klarheit und eindeutige Richtlinien für die Hybrid-Lehre gefordert. Wann man Online-Lehre machen kann, wann man Präsenz-Lehre machen muss. Seht ihr da auch Probleme?

Sabine Hanger: Eines der größten Probleme, das den Umgang mit der Hybrid-Lehre betrifft, ist, dass es vor allem sehr viele lokale Unterschiede gibt. Es wird auf jeder Hochschule gerade irgendwie anders gelöst. Es ist sehr unübersichtlich. Viele Studis wissen jetzt nicht, wie ist es bei mir konkret in meinem Studium. Ich selbst studiere auf der Hauptuni, selbst da ist es, finde ich, studiengangtechnisch nicht wirklich transparent, was jetzt für wen gilt. Genau da braucht es, glaube ich, eine bessere Übersicht, bessere Klarheit für die Studierenden, was konkret jetzt in diesem Semester auf sie zukommt.

FM4: Wie ist das Semester gestartet?

Sabine Hanger: Ich glaube, dass es ganz gut ist, dass man den Fokus auf die Erstsemestrigen setzt, dass man schaut, dass die vor allem in der Präsenz-Lehre stärker involviert werden und Höhersemestrige eher in die digitale Richtung gehen. Ich bin schon am Ende vom Studium. Ich genieße grundsätzlich die digitale Lehre, weil es für mich flexibler und einfacher ist, Vorlesungen zu besuchen. Man merkt schon, dass es große Bemühungen gibt, man muss trotzdem sagen, im Bereich Digitalisierung hat schon das Coronasemester gezeigt, dass wir noch weit hinten liegen und dass es hier viel Aufholbedarf gibt, sowohl in der Infrastruktur als auch in der Umsetzung tatsächlich, wenn es um Streams geht etc.

FM4: Im Mai 2021 wird wieder gewählt. Was wollt ihr in der Zeit bis dahin umsetzen, was sind die wichtigsten Anliegen?

Sabine Hanger: Wie erwähnt, das Coronavirus hat gezeigt, dass es im Bereich Digitalisierung noch viel Aufholbedarf gibt. Da werden wir auf jeden Fall einen Fokus setzen. Es stehen Studienrechtsnovellen an, wo wir als ÖH ein starker Verhandlungspartner sein müssen dem Ministerium gegenüber. Wenn alles gut läuft, würde ich gerne ein Herzensprojekt von mir, das Studierenden-Ticket, intensiver angehen, weil wir das als AG schon seit geraumer Zeit fordern. Und wenn wir jetzt in Verantwortung sind, ist das auch ein Thema, das wir konkreter angehen werden.

FM4: Zur alten Frage, wo es sich dann immer scheidet. Was ist das Hauptziel einer Studierendenvertretung: Service für die Studierenden oder politische Arbeit?

Sabine Hanger: Ich würde sagen, wir sollten jetzt wieder die Interessen der Studierenden in den Mittelpunkt stellen. Servicepolitik, ganz vorne. Alles, was mit den Interessen der Studierenden zu tun hat, ist einfach Aufgabe der ÖH. Und da müssen wir stark auftreten.

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