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Vali Höll als Junioren-Weltmeisterin

Bartek Wolinski/Red Bull Content Pool

Wird Vali Höll die erste österreichische Downhill-Weltmeisterin?

Wenn diesen Sonntag bei den Mountainbike-Weltmeisterschaften in Leogang das Downhill-Rennen beginnt, sind alle Augen auf die 18-jährige Valentina „Vali“ Höll gerichtet. Seit Jahren wird sie als der kommende Downhill-Superstar gehandelt, nun könnte ihre große Stunde früher kommen, als erwartet.

Von Simon Welebil

„YT Industries holt die Downhill Weltmeisterin 2022 ins Team“. So hat der Radhersteller YT vor fünf Jahren in einer Aussendung posaunt, als er die damals 13-jährige Vali Höll mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet hat. Vali selbst ist über diese vollmundige Ankündigung nicht wirklich erfreut gewesen:

„Mir hat das nicht so getaugt, denn ich war ein Kind. Und ich hab immer gleich gekontert: Wer weiß, ob ich in vier Jahren noch Rad fahre? Vielleicht interessiert es mich nicht mehr und ich zeichne stattdessen, oder mache irgendwas anderes. Wer weiß, ob ich dann noch Lust habe?“

Fünf Jahre später muss man allerdings sagen, dass Vali Höll das Rad fahren immer noch Spaß macht, und bis jetzt ist sie all den hohen Erwartungen, die in sie gesetzt wurden, sogar mehr als nur gerecht geworden. Die Nachwuchsklassen hat sie in den letzten Jahren dermaßen dominiert, dass ihr schlechtester Platz im Junioren Weltcup ein zweiter Platz gewesen ist. Ihr Heimrennen in Leogang hat sie 2018 sogar trotz eines Sturzes noch mit über 15 Sekunden Vorsprung gewonnen und wird zweifache Junioren-Weltmeisterin. Mit ihren Rennzeiten wäre sie auch bei den Erwachsenen, in der Eliteklasse, vorne mit dabei gewesen. Das hat ihr prominente Sponsoren und viele Fans eingebracht. Auch auf Social Media ist Vali Höll Profi.

Vali Höll gibt Autogramme

Simon Welebil

Vali Höll beim Crankworx Innsbruck 2018

Corona verzögert das Elite-Debüt

2020 ist das erste Jahr, in dem sich Vali Höll direkt mit ihren Idolen in der Eliteklasse messen darf. Doch Corona verzögert ihr Renndebüt immer weiter. Der Weltcup-Start im März in Portugal wird fünf Tage vor dem Rennen abgesagt, kurz darauf geht es in den Lockdown, der alle Sportler*innen vor Herausforderungen stellt. Vali Höll versucht, ihr Trainingspensum beizubehalten, bestellt übers Internet Gewichte, doch die werden erst zwei Monate später geliefert.

Vali geht trotz Lockdowns Radfahren und Skitouren, mit ihrer Mama als Trainingsbuddy. Im Rückblick kommt ihr dieses Seuchenjahr gar nicht mehr so schlimm vor. So hat sie sich voll auf die Schule konzentrieren können, Vali hat im Frühling maturiert. „Das wäre extremer Wahnsinn gewesen: mein erstes Elite-Jahre im Weltcup, mit dem Rennkalender full on und nebenbei noch Vollgas-Matura. Das wär ganz schön zach gewesen. Von dem her habe ich schon ein bisschen profitiert von der ganzen Geschichte.“ Und körperlich sei sie noch nie so fit wie nach dem Lockdown gewesen.

Vali Höll

Simon Welebil

Crankworx Innsbruck 2020

Meisterin in Tschechien, Slowenien und Österreich

Die Weltcupsaison 2020 steht allerdings auch im Sommer noch in der Schwebe. Statt gegen die besten Mountainbikerinnen der Welt zu fahren, holt sie sich bei regionalen Starts Rennpraxis. Bei den tschechischen und bei den slowenischen Downhill-Meisterschaften landet sie jeweils auf dem 1. Platz. Sie weiß allerdings immer noch nicht, wo sie mit ihrer Form in diesem Jahr steht: „Ich bin schon stolz auf die ersten gewonnenen Rennen in der Elite-Saison, aber man muss realistisch bleiben, weil man weiß ja, dass die Konkurrenz nicht da war.“

Die fährt ihre eigenen Rennen, aber in ganz unterschiedlichem Ausmaß. Die Französinnen, die im Downhill eine Macht sind, fahren laut Vali extrem viele Rennen, andere, wie die fünffache Weltmeisterin Rachel Atherton wiederum gar keines, was bei Vali Höll auch Unsicherheit auslöst: „Vielleicht brauchen sie es nicht, weil sie schon so viel Erfahrung haben? Man ist natürlich nervös, weil man jetzt nichts mehr ändern kann.“ Dass Atherton nach einer schweren Knieverletzung ihr Comeback bei der WM absagen muss, weiß Vali da noch nicht.

Crankworx als letzte Standortbestimmung

Vergangenes Wochenende hat die Saison dann aber wirklich begonnen, zwar noch immer nicht mit einem Weltcup-Rennen, aber zumindest mit dem Crankworx-Downhill in Innsbruck, der im Renommee nicht viel dahinter liegt. Für Vali ungewohnt, geht sie nicht als letzte ins Rennen. Als nach ihrem Lauf die beste Zeit aufscheint, muss sie im Ziel noch zittern, aber als auch die Australierin Hannah Tracey, immerhin mehrfache Weltcup-Siegerin, im Ziel abschwingt und eine knappe Sekunde hinter ihr landet, sind Freude und Erleichterung groß und der erste große Sieg in der Eliteklasse eingefahren. Den österreichischen Staatsmeistertitel nimmt sie nebenbei mit.

David Trummer und Vali Höll

Crankworx World Tour

Die österreichischen Downhill-Staatsmeister 2020, Vali Höll und David Trummer, der in dieser Saisonauch nur 1. Plätze in den Rennergebnissen(fm4.orf.at vorzuweisen hat.

Die Erwartungen an Vali Höll werden durch so eine Performance natürlich nicht geringer, und dieses Wochenende steht schon das nächste große Highlight an, die Heim-Weltmeisterschaften in Leogang.

Kann Vali Höll bei der WM noch was drauflegen?

Vali Höll, die aus Saalbach kommt, nur wenige Kilometer vom WM-Ort Leogang entfernt, kennt die Downhill-Strecke dort natürlich auswendig. Einen Vorteil sieht sie darin allerdings nicht: „Wenn man eine Strecke in- und auswendig kennt, hat man genau seine Linie, die man zum hunderttausendsten Mal gefahren ist. Beim Rennen wird allerdings umgesteckt, d.h. es braucht viel länger, dass du aus deiner Routine rauskommst und dir wieder eine neue Linie einprägen kannst. Deshalb finde ich es fast schlimmer, wenn man auf einer Strecke fährt, die man schon kennt, als wie wenn du zu einer neuen Strecke hinkommst“, sagt sie. Und weil wegen der Corona-Sicherheitsmaßnahmen weder Publikum noch ihre Familie sie an der Strecke pushen können, fällt der Heimvorteil flach, „außer dass mich die Liftler kennen“.

Vali Höll

Simon Welebil

Hoffnungen auf eine gute Platzierung hat sie nach ihrem steilen Aufstieg dennoch, auch wenn sie die nicht näher definieren will: „Die Idealvorstellung kann sich jeder vorstellen, aber ich sag’s nicht laut, weil ich glaub an Karma“, sagt Vali Höll im Interview. Dass sie der vollmundigen Sponsorankündigung vor fünf Jahren aber gar vorausgreifen kann und sich schon 2020 zur ersten österreichische Downhill-Weltmeisterin krönt, würde aber niemanden mehr wundern. Und wenn nicht? „Meingott, wenn’s dieses Mal nicht hinhaut, ich habe noch immer zehn-plus-Jahre, wo ich es noch einmal probieren kann. Ich versuche mein Bestes abzuliefern und ich hab alles mögliche gemacht, um jetzt so dazustehen, wie ich da bin. Und wenn es zu wenig ist, mein Gott, muss ich halt mehr trainieren.“ Klingt nicht so, als ob Vali in den nächsten Jahren viel zeichnen wird.

Das Downhill-Rennen bei der Mountainbike WM in Leogang startet am Sonntag, 11.10.2020 um 13:00. ORF SPORT+ überträgt live.

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