FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Das Hauptgebäude der Karl-Franzens-Universität in Graz, davor sitzen Studiererende auf den Bänken und unterhalten sich.

Radio FM4

fm4 auf laut

Studieren mit Schutzmaßnahmen: Wie hybrid geht’s?

Halbleere Hörsäle, Vorlesungen im Stream, Lernen in der Kirche, Prüfungen als Podcast: Studieren ist derzeit alles andere als normal. Heute Abend in FM4 Auf FM4 sprechen wir darüber, wie es an den Unis läuft.

Von Maria Motter

Für Studierende hat gerade das Wintersemester begonnen und die Unis setzen auf das Schlagwort „hybrid“. Die Lehre ist eine Mischung aus Anwesenheit am Campus und digitalem Angebot. Wie ein Studientag in der Praxis für Studierende und die Lehrenden jetzt so läuft, haben wir uns in Graz an der Karl-Franzens-Universität und der Technischen Universität Graz angesehen. Sogar der Laborbetrieb wird teilweise durch einen Web-Stream ersetzt.

Ein  Student trägt einen Mund-Nasen-Schutz, auf den er mit einer Hand zeigt, und steht in der Grazer Zinzendorfgasse nahe der Uni.

Radio FM4

Laborbetrieb an der Karl-Franzens-Universität: Bienen im Stream

FM4 Auf Laut über Studieren im Jahr 2020

Während manche Unis gut vorbereitet zu sein scheinen, sind andere Lehrende und Studierende überfordert. So etwas wie ein Student*innenleben mit Kennenlernen und Partys findet kaum statt, Nebenjobs sind Fehlanzeige. Besonders für Erstsemestrige eine Herausforderung.

Wie ist die Situation an deiner Uni? Kannst du dir das Studium leisten? Fühlst du dich gut informiert und betreut? Was wünscht du dir an deiner Uni? Darüber spricht Rainer Springenschmid heute Abend in FM4 Auf Laut mit Studierenden. Mitdiskutieren kannst du live on air.

„Gewisse Labore funktionieren online deswegen, weil man zum Beispiel Bienen filmen kann und dabei einfach nur das Video analysiert: Was tut die Biene in gewissen Situationen. Das geht eigentlich recht gut. Bei anderen Übungen kriegen wir halt die Daten zugeschickt und müssen die Theorie dahinter nachlesen“, sagt Sandro, der mit Begeisterung Biologie studiert. Ihm erscheinen manche Online-Laborübungen jetzt zu vereinfacht. „Man versucht zu kompensieren, aber ja - Vorlesungen online sind okay.“

Vor dem Hauptgebäude der Karl-Franzens-Universität Graz sitzen Studierende auf den Parkbänken in der Sonne. Sie sind im W-Lan der Uni unterwegs und streamen gerade eine Vorlesung, mit Kopfhörern und den Laptops auf den Oberschenkeln.

Studierende sitzen auf Bänken vor der Karl-Franzens-Universität und verfolgen ihre Vorlesungen über die Laptops im Stream.

Radio FM4

Die neuen Zugangsbeschränkungen

Im eigenen Zeitplan mit dem Studium voranzukommen erfordert jetzt zusätzliche Anstrengungen. Selma ist im Masterstudium Mikrobiologie, wie Nadine. Sie sagt: "Möglichkeiten werden schon angeboten wie Prüfungen über Skype oder Präsenzprüfungen, indem man zu zweit ist oder so. Also Möglichkeiten hat man auf jeden Fall, wenn man nachfragt. Laborübungen werden auch stattfinden, statt mit 20 Personen mit acht. Es heißt, man kommt schon vorwärts, aber halt langsam.“ Nadine wendet ein: „Für manch einen blöd, der nicht reinkommt. Aber dann muss man halt schauen, dass man andere Prüfungen macht, mehr ECTS sammelt, und dann geht das schon. Aber normalerweise schafft man schon, dass man reinkommt. Grad im Master bei uns.“

Gefragt ist jetzt vor allem Organisations- und Kommunikationstalent von allen. „Man muss sich vorstellen: Wir sind keine Fernuni gewesen und deswegen war die Infrastruktur wirklich auf Präsenz ausgerichtet“, gibt Catherine Walter-Laager an der Karl-Franzens-Universität zu bedenken, sie ist die Vizerektorin für Lehre. „Wir haben aufgerüstet. Es ist aber so, dass wir so wie auch der Rest der Gesellschaft nicht einfach beliebig ausbauen können, sondern mit den bestehenden Ressourcen arbeiten. Alle rennen wie verrückt im Moment, um möglich zu machen, dass das gut geht.“

Mit vorhandenen Ressourcen auskommen

„Die digitale Infrastruktur bleibt das größte Problem, das von den verfügbaren Bandbreiten bis zu jedem Laptop reicht. Die Lehrenden haben die Aufgabe, selbst zu entscheiden je nach Inhaltsbereich, wie sie das genau gestalten. Und umgekehrt haben Studierende aus Risikogruppen oder solche mit Angehörigen in Risikogruppen die Möglichkeit, Online-Lehre zu konsumieren bzw. sich den Stoff über eigene Wege sich anzueignen“, sagt Catherine Walter-Laager. Allein gelassen werde aber niemand. „Wir haben überall die Möglichkeit, Zugänge zu schaffen. Teilweise machen das Lehrende, indem sie parallel zu ihren Vorlesungen streamen oder ihre Vorträge aufnehmen. Ganz viele haben gemischte Modelle.“

Die Hälfte aller Lehrenden an der Karl-Franzens-Universität hat Einzelberatungen in Anspruch genommen, vier Fünftel der Lehrenden haben seit dem Frühjahr ein Webinar zur Fortbildung besucht. Wie ermutigt Catherine Walter-Laager Kolleg*innen, doch das digitale Format zu versuchen und auch anzubieten?

„Das ist jetzt schon eine Wertung mit drin, wenn Sie sagen, man soll ermutigen, diese Online-Lehre zu forcieren. Und ich glaube, wir müssen ermutigen, dass die Lehre trotzdem optimal gelingen kann. Wir haben unser Ampelsystem an das der Regierung angelehnt, und so lang die Möglichkeit besteht, dass man Präsenzteile auch anbieten kann, würde ich die Kollegen auch ermutigen, dies zu tun.“

Aushänge informieren alle paar Meter über Hygienemaßnahmen. Es ist deutlich weniger los als in den Vorjahren, aber bis auf die Masken in den Gesichtern wirken alle wie gewohnt.

„Wenn alles in Fernlehre stattfindet, muss ich halt auf die E-Mails vertrauen und das hätt noch Optimierungspotential", stellt der Pharmazie-Student Ivo fest und übt höflich Kritik. Für ihn hat die neue Lage eine Überraschung gebracht, nämlich einen Vorteil. „Weil jetzt unser Semester auch über die Sommerferien durchgezogen worden ist, wir also heuer keine Ferien gehabt haben, und unsere Übungen über den Sommer fortgeführt wurden, haben wir zwei Monate Zeit gewonnen." Somit ist Ivo in seinem Zeitplan im Studium. „Sogar schneller durch Corona eigentlich, ja.“

Zwei junge Frauen stehen am Universitätsgelände.

Radio FM4

Vereinzelt schauen Erstsemestrige eher zerknirscht drein, während sie sich ihre Wege zu Instituten, Seminarräumen und auch zu Web-Streams suchen. Es wären so wenige Menschen am Campus, sagen sie etwas verzagt. Für das lustige Studierendenleben, für das man doch auch nach Graz ziehen wollte, fehlen noch die Kontakte. Neue Freunde zu finden, gestaltet sich in den ersten zwei Semesterwochen noch beschwerlich. Der Sicherheitsabstand hindere einen am Tuscheln im Hörsaal und so viele Vorlesungen hatten sie noch nicht. Manche, die zur Uni pendeln, sehen einen Vorteil darin, dass die Anwesenheit an der Uni so zurückgefahren wird.

Auch der Lehramtsstudierende Julian ist guter Dinge. Es sei schon sehr bequem, von zuhause aus Vorlesungen besuchen zu können. Ihn freut, dass es dennoch möglich ist, sich mit Mitstudierenden persönlich am Campus zu treffen.

Ein junger Mann steht nahe der Karl-Franzens-Universität und freut sich auf das erste Semester als Student.

Radio FM4

Der Vorzeigebetrieb kauft Server

Schauplatzwechsel an Standorte der Technischen Universität Graz. Ein Herr mit Maske und Stativ in der Hand eilt die breiten Treppen in einem der Bauten in der Kopernikusgasse hinauf. In wenigen Minuten muss Michael Gfrerer live sein für eine Einführungsveranstaltung für Erstsemestrige. „Wir machen vor allem Distance Learning in Zeiten wie diesen. Ich bin vom Institut für Geometrie. Da ist wichtig, dass man was vorzeichnet und das geht eben nur auf diese Art und Weise. Und es funktioniert gut“, sagt Michael Gfrerer.

Der Vizerektor für Lehre der TU Graz, Stefan Vorbach, hat gerade vier Stunden online geprüft. „Wir haben ein Semester gestartet, das zu einem großen Teil digital abgearbeitet wird. Wir versuchen, wo es geht, noch Präsenztermine zu erlauben, insbesondere bei Laboren oder bei kleineren Übungen und Seminaren, wo man die Interaktion braucht.“ Bei den großen Vorlesungen sowie Vorlesungen mit Übungen wird nahezu flächendeckend digital gelehrt. „Das bedeutet, dass wir zwischen 1500 und 2000 Personen im Netz haben, die in verschiedensten Lehrveranstaltungen live teilnehmen und sich verschiedenste Videos auch später anschauen“.

„Wir kaufen fast wie verrückt Server, damit wir die Daten alle speichern können. 22 Terabyte an Videomaterial pro Woche. Aber wenn wir alles speichern, kommen wir auch bald an unsere Grenzen“, veranschaulicht Stefan Vorbach, was gerade vor sich geht. Der Universitätsprofessor organisiert die gesamte Koordination mit dreißig bis fünfzig Kolleg*innen.

Die Technische Universität Graz gilt als Vorzeigebetrieb für die digitale Lehre und die Sicherheitsvorkehrungen in Coronavirus-Zeiten. Im größten Hörsaal stehen jetzt nur 130 der regulären 500 Sitzplätze zur Verfügung, um möglichst viel Abstand zu ermöglichen.

Nach einem halben Jahr dieses Ausnahmebetriebs mit den zusätzlichen Schutzmaßnahmen rechnet man an der Technischen Universität Graz damit, jedenfalls dieses Semester und auch das Sommersemester nur eingeschränkt betreiben zu können. „Wir hoffen, dass wir ab Winter 2021/22 die Uni wieder normal betreiben können. Je länger es dauert, umso eher sehen wir, dass es so schnell nicht gehen wird.“

Die Umstellung von Präsenz- auf virtuelle Lehre und entsprechende Prüfungsabwicklungen sind anstrengend und zeitraubend. Die Vorbereitung von einhundert Prozent digitalen Lehrinhalten erfordert deutlich mehr Zeit, als das Skriptum vom letzten Semester zu nehmen und das vielleicht mit kleinen Ergänzungen wieder vorzutragen.

Es gebe leichte Ermüdungs- bis hin zu Erschöpfungserscheinungen, auf allen Seiten: Sowohl die Studierenden sind manchmal erschöpft nach vielen Stunden Online-Lehrveranstaltungen, als auch die Lehrenden. Die Technik klappt nicht immer, wie das System funktionieren sollte.

„Und aktuell beschäftigt uns das Kontaktpersonen-Management, wenn es einen Coronavirus-Verdachtsfall in den Reihen der Studierenden gibt: Wie wir Kommilitoninnen und Kommilitonen erreichen können, wie wir überhaupt erfahren, wo sie sind. Und wie wir das gegenüber der Behörde melden – da ist für uns jeden Tag etwas Neues dabei“, sagt Vorbach.

Wird der Uni ein Coronavirus-Verdachtsfall bekannt, startet das Tracking: in welchem Raum war wer zu welcher Zeit. An die Behörde müssen die Kontaktpersonen der Klasse 1 und 2 gemeldet werden. Die Behörde ist für das Nachverfolgen der Kontakte bei einem positiven Coronavirus-Testfall zuständig.

Auch bei einer orangen Corona-Ampel würde man die Gebäude großteils noch offen lassen können, allerdings würden die Bibliothek und die Lernzentren eingeschränkte Öffnungszeiten haben und der Betrieb der Mensa würde eingeschränkt. Bei Rot müsste die Uni wieder zusperren, wie das schon im März gemacht worden ist.

In einem frei zugänglichen Lernraum dürfen jeweils nur zwei Personen an einem Tisch sein. Die Atmosphäre ist dafür herrlich ruhig und konzentriert. Alexandra nimmt die Kopfhörer aus den Ohren und sagt hallo. Sie studiert Verfahrenstechnik. „Bei uns ist zurzeit alles online. Ich gehe schon Richtung Master, dadurch bringst du dir quasi alles selbst bei, aber du hast die Möglichkeit, Fragen zu stellen, das ist eigentlich cool. Und die Lehrveranstaltungen werden meistens aufgenommen, dadurch kannst du sie wieder anschauen, das ist ein unglaublicher Vorteil. Aber grundsätzlich ist alles online, und du musst dich selbst wirklich hinsetzen, und wenn du zuhause keine Möglichkeit hast, ist das ein Nachteil - wenn da zum Beispiel Lärm ist, hast du nicht die Möglichkeit, zu entfliehen.“

Zwei Studentinnen der Verfahrenstechnik sind froh über die Ruhe in einem Lernraum der Technischen Universität Graz.

Radio FM4

In einem frei zugänglichen Lernraum dürfen jeweils nur zwei Personen an einem Tisch sein. Die Atmosphäre ist dafür herrlich ruhig und konzentriert. Alexandra nimmt die Kopfhörer aus den Ohren und sagt hallo. Sie studiert Verfahrenstechnik. „Bei uns ist zurzeit alles online. Ich gehe schon Richtung Master, dadurch bringst du dir quasi alles selbst bei, aber du hast die Möglichkeit, Fragen zu stellen, das ist eigentlich cool. Und die Lehrveranstaltungen werden meistens aufgenommen, so kannst du sie wieder anschauen, das ist ein unglaublicher Vorteil. Aber grundsätzlich ist alles online, und du musst dich selbst wirklich hinsetzen, und wenn du zuhause keine Möglichkeit hast, ist das ein Nachteil - wenn da zum Beispiel Lärm ist, hast du nicht die Möglichkeit, zu entfliehen.“

Die anwesenden Studierenden schätzen es sehr, wieder am Campus sein zu können und die Gebäude benutzen zu dürfen. Die Technische Universität hat ein eigenes Ampelsystem entwickelt, das je nach Risikostufe die Zugänge regelt.

Den Zugang zu den diversen Streams zu finden, ist für viele die aktuelle Herausforderung: „Wir bekommen grad pro Tag ungefähr dreißig E-Mails. Alle fünf Minuten ändert sich was“, sagt Alexandra, die sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen lässt. „Du musst laufend online sein und nachschauen, wo du bist. Jeder hat wiederum ein anderes System, dir das mitzuteilen, meistens bekommst du die Information über ein E-Mail.“

Ein Hinweis informiert, dass nur jeweils eine Person den Lift benutzen darf. An der TU Graz.

Radio FM4

Die Technische Universität Graz hat rund 13500 Studierende, über 30.000 Menschen studieren an der Karl-Franzens-Universität.

An der Technischen Universität Graz ist die Zahl der mit Coronavirus-infizierten gemeldeten Personen, Lehrende und Studierende zusammen gezählt, im einstelligen Bereich. Der Abstand in den Hörsälen wird genau bemessen, darum werden in die Räumlichkeiten nur 25 bis 30 Prozent der vormaligen Studierendenzahl zugelassen. Deutlich weniger Studierende sind somit in den großen Hörsälen als an anderen Unis, die mit fünfzig Prozent Belegung operieren.

Die Karl-Franzens-Universität gibt über die Zahl der Coronavirus-Fälle keine Auskunft. „Es kommen laufend Meldungen bezüglich Verdachtsfälle in K1- bzw. K2-Exposition an unserer Hotline, telefonisch wie schriftlich“, so die Pressestelle der Karl-Franzens-Universität Graz.

FM4 Auf Laut über Studieren im Jahr 2020

Während manche Unis gut vorbereitet zu sein scheinen, sind andere Lehrende und Studierende überfordert. So etwas wie ein Student*innenleben mit Kennenlernen und Partys findet kaum statt, Nebenjobs sind Fehlanzeige. Besonders für Erstsemestrige eine Herausforderung.

Wie ist die Situation an deiner Uni? Kannst du dir das Studium leisten? Fühlst du dich gut informiert und betreut? Was wünscht du dir an deiner Uni? Darüber spricht Rainer Springenschmid heute Abend in FM4 Auf Laut mit Studierenden. Mitdiskutieren kannst du live on air, Dienstag 13.10.2020, ab 21.00 Uhr. 0800/226 996 ist die Nummer ins Studio, und unsere Whatsapp Nummer für Sprachnachrichten ist +43/664/82 84 444.

Aktuell: