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Robin Rhode Fotoprojekte: Menschen interagieren mit Wandmalereien

Robin Rhode

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Robin Rhode erweckt mit seiner Kunst Mauern zum Leben

Alte Mauern und Häuserwände sind für Robin Rhode die perfekte Bühne. Mit Pinsel, Kamera und Körpersprache erschafft der Multimedia-Künstler aus Südafrika eine analoge Form von Augmented Reality. Die Kunsthalle Krems lädt zu einer großen Ausstellung.

Von Claudia Unterweger

Atelier braucht Robin Rhode genau genommen keines. Verwitterte Mauern im öffentlichen Raum reichen dem südafrikanischen Künstler, um seinen Schaffensprozess immer wieder neu in Gang setzen. Daran ändern auch 20 Jahre Karriere in der internationalen Kunstwelt nichts.

Verlosung!

Zu gewinnen gibt es 2 Robin Rhode-Kunstpackages: 2x2 Eintrittskarten in die Kunsthalle Krems plus einen Katalog von Robin Rhode zu jedem Paar Eintrittskarten dazu.

Die Gewinnfrage lautet: Wie heißt der Dichter und Antiapartheid-Kämpfer, der im Titel der Ausstellung zitiert wird?

Die richtige Antwort lautet Don Mattera. Die Gewinner*innen wurden bereits per E-Mail kontaktiert.

Die richtige Leinwand - das ist für Robin Rhode altes Mauerwerk mit einer unverwechselbaren Oberfläche, einer guten Portion Sonnenlicht und der richtigen Beschaffenheit für Sprayfarbe, Kohle und Kreide. Früher hatte der heute 44-Jährige oft Konflikte mit Immobilienbesitzern, die ihn beim Bemalen ihrer Fabriksgebäude erwischten. Heute entstehen Rhodes Murals in verschiedensten Ländern offiziell und legal. So wie auf „seiner Lieblingswand“ in Westbury, einem Suburb von Johannesburg, wo der Südafrikaner aufgewachsen ist.

Kindheitserinnerung und Apartheid-Trauma

Wandmalereien durch Performance zum Leben zu erwecken, damit begann Rhode schon in seiner Schulzeit unter dem brutalen Apartheid-Regime, das bis 1994 existierte. Für Rhode und seine Mitschüler*innen, die in einer Community of Color aufwuchsen, gab es keinen Kunstunterricht. Also zeichneten sie ohne Erlaubnis auf Schulwände und interagierten mit ihren subversiven Kritzeleien. Kindliche Fantasiewelten als Flucht aus dem Alltag.

Wenn Robin Rhode in seiner Arbeit Classic Bike erfolglos versucht, ein aufgezeichnetes Fahrrad vom Fleck zu bewegen, bezieht er sich auf ein Machtspiel unter Kindern aus seiner Schulzeit. Damals zwangen ältere Schüler die Jüngeren, auf einem Fahrrad zu „fahren“, das sie mit geklauter Tafelkreide auf die Schulmauern gezeichnet hatten. Doch es verbirgt sich in diesem Werk auch ein politischer Kommentar zu Südafrikas langer Geschichte der Diskriminierung. Weiße Soldaten bekamen im Apartheid-Staat nach der Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg ein Stück Land geschenkt. Schwarze Kriegsrückkehrer bekamen ein Fahrrad.

Augmented Reality in Street Art-Optik

Wer Robin Rhodes Arbeiten betrachtet, fühlt sich wie bei einem Abstecher in einen Animationsfilm. Die Werke entstehen aufwändig in mehreren Schritten. Der ehemalige Kunst- und Filmhochschulabsolvent erschafft zuerst ein Mural, lässt danach Performer als seine Doppelgänger mit den gezeichneten Objekten interagieren. Diese Performances werden abfotografiert. Das Ergebnis sind Fotoserien und Stop Motion-Videos: witzig und clever, politisch und poetisch.

In vielen Arbeiten spiegelt sich Rhodes Faszination für minimalistische Formensprache und Geometrie. Kunstgeschichte, Literatur, urbane Jugendkulturen, Identitätsfragen, Südafrikas blutige Vergangenheit – all das verarbeitet der Geschichtenerzähler Rhode.

Robin Rhode Fotoprojekte: Menschen interagieren mit Wandmalereien

Robin Rhode

Heute lebt der Multimedia-Artist in Berlin, zum Arbeiten kehrte er jedoch lange Zeit nach Johannesburg zurück. Er rekrutierte die Jugendlichen aus seiner ehemaligen Nachbarschaft, oft gefährdet durch Drogenkriminalität und Gewalt, als künstlerische Helfer, als seine „Art Soldiers“. Durch ihre Mitwirkung wurde Rhodes Lieblingsmauer zum „democratic space“, wie Rhode es nennt: Nach dem Abschluss jeder Fotoserie übermalten sie die Wand und gaben sie frei fürs nächste Werk. Seine Kompositionen gestaltete Rhode mit der Zeit immer aufwändiger, um seiner Crew eine Alternative zum harten Alltag in Westbury zu bieten. Doch Unruhen und Bandenkriminalität machen derzeit eine Rückkehr des Künstlers unmöglich.

Die Ausstellung Memory Is The Weapon über Robin Rhode in der Kunsthalle Krems läuft noch bis 1. November.

Seit 2018 zieht es den Multimedia-Künstler an einen anderen umkämpften Schauplatz. Rhode bemalt Mauern und verfallende Hausfassaden im Westjordanland. Lokale Brandspuren und Graffiti werden Teil seiner Werke und spiegeln den israelisch-palästinensischen Konflikt. Zu sehen etwa in der Fotoserie Melancholia, in der die Performerin Hijab trägt und augenscheinlich eine Steinschleuder schwingt – Sinnbild für den palästinensischen Widerstand.

Robin Rhode Fotoprojekte: Menschen interagieren mit Wandmalereien

Robin Rhode

Waffe gegen das Verdrängen

Robin Rhodes Jericho Project sowie eine große Auswahl früherer Werke sind derzeit in der Kunsthalle Krems zu sehen. Der Titel der Ausstellung „Memory Is The Weapon“ bezieht sich auf einen engen Freund Rhodes, den südafrikanischen Dichter, Antiapartheid-Aktivisten und ehemaligen Gangleader Don Mattera (*1935) und seine gleichnamige Autobiografie. Die Erinnerung als Waffe? Das habe für ihn nichts Bedrohliches, erklärt Rhode in einem Interview anlässlich der Ausstellung in Krems. Das Erinnern sei wie ein Schutzschild gegen das Verdrängen. Um die Nähe zur eigenen Herkunft zu bewahren. Und um nicht zu vergessen, dass die heutige Kluft zwischen Reich und Arm, unserer westlichen Welt und dem globalen Süden nicht zufällig existiert.

Robin Rhodes Mauergeschichten sind ein Fingerzeig in diese Richtung.

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